Studien aus Deutschland und Österreich legen nahe, dass Hunde DNA riechen können – Wiener Experte wendet ein, dass Proben sehr wahrscheinlich von anderen Substanzen verunreinigt waren
Wien (APA) – Suchhunde finden und identifizieren Menschen anhand von Geruchsproben, wie einem getragenen Kleidungsstück. Versuche von Gerichtsmedizinern der Uni Leipzig und der „Maintrail Academy Austria“ legen nahe, dass dafür das Erbgut (DNA) vermisster Personen ausreicht. Auf APA-Anfrage äußerte ein Experte aber Zweifel daran, dass die Tiere tatsächlich DNA riechen, es dürften eher Verunreinigungen sein.
Im November 2017 veröffentlichten Leipziger Forensiker im Fachjournal „Forensic Science International“ eine Studie, die sie mit der sächsischen Polizei durchgeführt haben. Demnach konnten ausgebildete Suchhunde der Polizei und von privaten Organisationen verschiedene Personen nicht nur anhand von Speichel- und Achselschweißproben aufspüren, sondern auch, wenn sie vorher nur deren DNA vor die Nase gehalten bekamen.
„Wie viele bekannte Hundeführer“ habe man dieses Ergebnis angezweifelt, erklärte Karina Kalks von der Mantrail Academy Austria (MAA) nun in einer Aussendung. Mit sechs Hunden habe man die Studie deshalb Anfang März 2018 in Wien nachgestellt. Zunächst wurde aus Speichel der zu suchenden Personen DNA mit einem kommerziell erhältlichen Kit (DNA Mini Kit der Firma QIAGEN) gewonnen. „Dies hat eine Molekularbiologin in einem professionellen Labor durchgeführt“, sagte Kalks im Gespräch mit der APA.
In Wien-Floridsdorf wurden anschließend Personen versteckt und den Hunden die DNA als Geruchsprobe vorgehalten. Diese Hunde sind als „Mantrailer“ ausgebildet, das heißt, sie nehmen eine Spur der vermissten Person auf, verfolgen sie, und zeigen ihrem Hundeführer auch in einer größeren Menschenansammlung genau jene Person an, die es zu suchen galt. Alle sechs Hunde hätten absolut zielgerichtetes Suchverhalten gezeigt und waren trotz mehrerer Abbiegemöglichkeiten am richtigen Pfad geblieben. Teils führte die Suche sogar durch einen häufig frequentierten Bahnhof. Alle Hunde fanden schließlich die jeweils versteckten Personen.
Von den Hundeführern und Begleitpersonen konnten sie keine Hinweise erhalten haben, denn diese wussten selbst weder den Weg, den die „Vermissten“ genommen hatten, noch wo sie sich versteckt hielten. Die Hunde müssen also definitiv der Geruchsspur gefolgt sein. Dies sei umso bemerkenswerter, als dass Wissenschafter eigentlich annehmen, dass DNA gar nicht riecht, so die MAA.
Dies scheint auch gar nicht notwendig, denn die DNA-Proben könnten in beiden Studien Kontaminationen (Verunreinigungen) enthalten haben. Die Leipziger Forscher, die DNA aus Blutzellen der anschließend versteckten Personen gewonnen haben, gaben selbst in der Studie zu bedenken: „Aufgrund der angewendeten Methode ist nicht ausgeschlossen, dass Eiweißstoffe, Polysaccharide (Anm.: Vielfachzucker) und RNA gleichzeitig mit der DNA abgeschieden wurden und daher präsent waren.“
Auch bei den Wiener „Maintrailern“ könnte nicht nur DNA in den Geruchsproben gewesen sein. Bei der verwendeten Extraktions-Methode würde das Erbgut zwar angereichert, aber nicht sauber aufgereinigt, erklärte Peter Steinlein vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP) in Wien der APA auf Anfrage. Bei dem handelsüblichen Kit bindet die DNA an eine Silikat-Matrix, dies tun aber auch Polysaccharide, Fettsäuren und Eiweißstoffe. Große Eiweißstoffe (Proteine) würden zwar durch Enzyme zerlegt, dabei bleiben aber kleine Eiweißverbindungen (Peptide) übrig. Bei Speichelproben erwarte er vor allem „Mucopolysaccharide“ (Vielfachzucker aus Bindegewebe) der Mundschleimhaut als Verunreinigung, so Steinlein. „Als ‚reine‘ DNA würde ich das Endprodukt also nicht bezeichnen“, meint er. Der Versuch sei demnach eher in die Schublade „nicht komplett durchdacht und nicht korrekt durchgeführt“ einzuordnen. „DNA hat außerdem einen relativ hohen Dampfdruck, es erscheint mir daher unwahrscheinlich, dass sie bei Temperaturen, die mit Hundenasen kompatibel sind, in die Gasphase übergeht“, so Steinlein. Deshalb könne DNA wohl kaum zu den Geruchsrezeptoren in die Hundenasen gelangen.
Kein Zweifel besteht daran, dass die Hunde mit ihrem den Menschen weit überlegenen Geruchssinn versteckte Personen anhand winzigster Spuren von Geruchsstoffen finden konnten. Dabei handelt es sich aber aller Wahrscheinlichkeit nach nicht um DNA, sondern andere Substanzen.
(S E R V I C E – Link zur Leipziger Studie: https://doi.org/10.1016/j.forsciint.2017.11.021; http://www.mantrailen.at/)