Zwanghaftes Schleckverhalten

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund“. WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und Hundetrainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund, kurz formuliert und mit 1 bis 2 ­Bildern. In dieser Ausgabe geht es um das ­Thema zwanghaftes Schleckverhalten.

Liebes WUFF-Team, liebe Frau Adler!

Seit 2 Jahren habe ich einen Dogo Argentino-Rüden namens Rufus von einer Tierschutzorganisation. Rufus kam als Welpe zu mir und ist ein total braver Bub. Seit einem halben Jahr ist nun unser Problem, dass sich Rufus die Vorderpfoten so lange schleckt, bis sie wund werden. Wenn wir nicht genau aufpassten, dann mussten wir sogar schon zum Tierarzt, weil alles blutig war. Nun ist meine Frage, wie ich ihm beibringen kann, dass er das nicht mehr tut. Ich möchte meinem Buben unbedingt helfen.
Ich bin Ihnen für jeden Tipp sehr dankbar.
Lieben Gruß, Familie Maranitsch

Antwort von Yvonne Adler:

Liebe Familie Maranitsch!
Bevor in Ihrer geschilderten Situation ein Training oder andere Maßnahmen angestrebt werden, ist es dringend erforderlich, dass Ihr Tierarzt mögliche medizinische Ursachen abklärt. Das „Wund-Schlecken“ ist nur ein Symptom, das eine andere Ursache haben kann. Beispielsweise gibt es Futtermittel­unverträglichkeiten, Allergien etc., die zu Juckreiz führen können. Dieser Juckreiz ist für Hunde meist sehr unangenehm und es kann damit verständ­licherweise auch eine ­gesteigerte Gereiztheit des Hundes einhergehen. Auch die Haut von Hunden mit weißer Fellfarbe ist manchmal anfälliger.

Sie beschreiben weiter, dass ­Rufus ­dieses Verhalten nun schon seit 6 ­Monaten zeigt. Auch wenn Ihr Tierarzt den Auslöser bzw. die Ursache für dieses Verhalten gefunden hat, kann es trotzdem noch vorkommen, dass Rufus sein „Schleckverhalten“ in Zukunft weiter zeigt. Der Grund ist, er hat es über die Gewohnheitsentwicklung gelernt. Es gab schon Fälle, in denen ein sogenanntes „Schleckverhalten“ zu einer Stereotypie wurde. Darunter ist eine Verhaltensanomalie zu verstehen, die in wiederholter und gleichbleibender Form ohne Kontextbezug (Umweltsituation) gezeigt wird und zwanghaften Charakter hat. Solche Hunde reagieren in dieser „Zwangshandlung“ auch nicht mehr auf ein Ansprechen und sie wirken wie geistig abwesend.

Nehmen wir nun an, Ihr Tierarzt hat den Auslöser gefunden und behoben. Rufus schleckt sich aber weiterhin gerne viel zu viel und zu intensiv. Das muss jedoch von einem normalen Schlecken der Pfoten unterschieden werden, denn dieses ist als Form des Pflegeverhaltens von Hunden völlig normal.

Versuchen Sie nun herauszufinden, wann Rufus dieses Verhalten beginnt, etwa wenn er sich in sein Körbchen zurückzieht und das Verhalten vor dem Schlafen zeigt. Hier wäre es ­sinnvoll, wenn Sie über Management die ­Situation für Rufus so verändern, dass er gar nicht mehr auf die Idee kommt, an ­seinen Pfoten zu schlecken. Wenn Sie also sehen, dass Rufus sich zum ­Körbchen bewegt, geben Sie ihm eine große Kaustange oder ein gefülltes Hundespielzeug, mit dem er mindestens 20 Minuten beschäftigt ist, daran herum­zukauen bzw. zu schlecken. So können Sie sein „Schleckverhalten“ auf die Kaustange „umlenken“. Es gab bereits Hunde, die das Verhalten sogar an einem Stofftier gezeigt haben und dadurch ihre Pfoten in Ruhe ließen. Hier müssen Sie für sich und Rufus den ­besten Weg finden. Solange das Schlecken nicht, wie oben beschrieben, „zwanghaft“ wird, kann er ruhig sein Kuscheltier komplett nass schlecken.

Ich hoffe, meine Ratschläge waren hilfreich, und ich wünsche Rufus ein entspanntes Hundeleben ohne Juckreiz.
Ihre Yvonne Adler

Pdf zu diesem Artikel: erziehung_adler

 

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