Probleme erkennen und vorbeugen
Längst sind es nicht mehr nur Züchter und Zubehörindustrie, welche die Zahnpflege des Hundes propagieren. Auch Hundeschulen und Tierärzte versuchen frisch gebackenen Hundehaltern und erfahrenen Hasen das Zähneputzen ans Herz zu legen. Vielleicht nicht ganz zu Unrecht, denn laut der Deutschen Gesellschaft für Tierzahnheilkunde leiden 80% aller Hunde ab 3 Jahren an Erkrankungen der Maulhöhle und 64% aller Hunde an Zahnbetterkrankungen (Parodontitis).
Das Gebiss und seine Zähne
Bis vor kurzem galt der Hund aufgrund seines Gebisses als Karnivore. Dank jüngerer Forschungsergebnisse weiß man heute, dass er ein Omnivore (ein Allesfresser) ist. „Als Schlinger braucht der Hund sein Gebiss primär zum Festhalten von Dingen und sekundär zum Zerreißen, Zerkleinern oder Zerkauen von Nahrung“, erklärt Med. Vet. Christoph Gloor (Abteilungsleiter der Zahnmedizin der Tierklinik Aarau-West, Schweiz). Doch auch für die tägliche Körperpflege und die Kommunikation spielen Gebiss und Zähne eine Rolle. Geboren werden Hunde zahnlos. Ab der dritten Lebenswoche brechen 28 Milchzähne durch, welche nach rund vier Monaten durch 42 bleibende Zähne ersetzt werden: 12 Schneidezähne, 4 Eckzähne (Fangzähne), 16 Prämolaren (Reißzähne) und 10 Molaren (Backenzähne).
Der Hundezahn
Die Zähne bestehen aus Zahnkrone, Zahnhals und Zahnwurzel. Die Zahnkrone ist von der harten, schmerzunempfindlichen Substanz Zahnschmelz umgeben. Die Zahnwurzel wird an der Außenseite von einer Zementschicht bedeckt. Diese ist mit Stützfasern durchzogen, die den Zahn im Zahnfach festhalten. Der Hundezahn selbst besteht hauptsächlich aus Dentin und ist sehr schmerzempfindlich.
Maulhygiene
Entscheidend für das Gesundbleiben der Zähne ist die Maulflora. Die Maulflora wird von Hunderten Bakterienarten und Hefen besiedelt. Diese schützen die Maulhöhle vor Krankheitserregern. Es können aber auch karieserregende Bakterien in der Maulflora und auch im Speichel heimisch sein. Welpen werden erst nach der Geburt von Bakterien besiedelt. Im Idealfall von denen der Mutterhündin. Besitzt nun die Mutterhündin bereits eine plaquefreundliche Maulflora, gibt sie diese vermutlich direkt an die Welpen weiter. „Aber auch genetische Faktoren könnten Einfluss auf die Maulflora haben“, erklärt Gloor. „Es ist auffällig, dass oft Yorkshire Terrier, Bolonkas oder Möpse Probleme haben, im Gegensatz zu Schäferhunden, Retrievern und Rottweilern.“ Trotzdem empfiehlt Gloor auch bei Hunden mit guter Maulhygiene die tägliche Zahnpflege von klein auf. Denn Zahnstein entwickelt sich schleichend und nicht bei allen Hunden gleich. „Kleine Hunde, brachyzephale Rassen oder Windhunde sind oft anfälliger für Zahnstein“, sagt Gloor. Einfluss haben neben der Maulflora die Zahnstellung (enge oder schiefe Zähne), die Speichelzusammensetzung und der Speichelfluss.
Plaque – Zahnstein – Gingivitis – Parodontitis – Zahnverlust
Plaque entsteht vier bis sechs Stunden nach der Nahrungsaufnahme. Ein klebriger, farbloser Film aus Speichelbestandteilen, Futterresten, Bakterien und säurehaltigen Sekreten, der sich auf die Zähne legt und nach ca. 48 Stunden verkalkt. Aus diesem Zahnbelag bildet sich gelb-brauner, rauer Zahnstein. Am meisten betroffen sind die Eckzähne und die hinteren Backenzähne. Schreitet die Zahnsteinbildung fort, entzündet sich das Zahnfleisch (Gingivitis), da die Bakterien in das Zahnfleisch eindringen. Wird dieser Prozess nicht unterbrochen, erkrankt das Zahnbett. In diesem Stadium fallen die Tiere durch unangenehmen Mundgeruch auf. Nachfolgend kommt es zu Eiterungsprozessen und einer schmerzhaften Lockerung des Zahnhalteapparates (Parodontitis), was am Ende zum Zahnverlust führt.
„Hunde fressen auch mit erheblichen Zahnschmerzen noch lange weiter. Als Schlinger sind sie zur Nahrungsaufnahme nicht auf ihre Zähne angewiesen“, erklärt Gloor und hält fest: „Das Ziehen der Zähne ist, in der Zeit von Fertigfutter und gemahlenem Fleisch, für Hunde die tierfreundlichere Methode als Zahnimplantate oder entzündete, schmerzende Zähne. Es ist zwar kosmetisch nicht so ansprechend, besonders wenn die Schneidezähne fehlen, da sie eine Haltefunktion für die Zunge bilden.“ Ein weiteres Problem der Parodontitis sind die Bakterien, die über die entzündeten Stellen in die Blutbahnen und den Körper gelangen können. Sie können sich in Arterien, Herzklappen, Leber oder Nieren festsetzen und zu Folgeerkrankungen, wie Nierenentzündungen, führen.
Die Pflege
Wer dem Zahnstein vorbeugen möchte, dem bleibt nichts anderes als der tägliche Griff zur Zahnbürste. Bewaffnet mit einer Kleinkinder- oder Hundezahnbürste oder einem Fingerling und Hundezahnpasta werden die Zähne mechanisch von Zahnbelägen gereinigt. Wobei gilt, von Rot nach Weiß bürsten. Die Hundezahnpasta kann vom Hund bedenkenlos geschluckt werden und ist geschmacklich angepasst, außerdem hemmt sie das weitere Bakterienwachstum durch spezielle Inhaltsstoffe. Als unterstützende Maßnahme kann man auch fleischige Knochen füttern, die der Hund zernagt, sowie verschiedene Kauknochen und Kau-Strips vom Tierarzt oder der Tierfachhandlung. Diese zahnpflegenden Kauartikel enthalten verschiedene Wirkstoffe, wie beispielsweise Phosphat oder Plaque lösende Enzyme. Man sollte jedoch von diesen Futtermitteln keine Wunder erwarten. Bei Hunden mit guter Maulhygiene kann dies ausreichen. Bei einem für Zahnstein anfälligen Hund sollte der Griff zur Zahnbürste jedoch von klein auf zur Routine gehören. Falls man einen bereits gefestigten Charakter an die Prozedur gewöhnen muss, übt man das Zähneputzen am besten in ganz kleinen Schritten und lobt den Hund für jegliche Kooperation.
Sind die Zähne bereits befallen, hilft nur die professionelle Zahnsteinentfernung durch den Tierarzt. Unter Narkose wird mit einem Ultraschallgerät der Zahnstein entfernt und der Zahn mittels einer Politur versiegelt. Fällt während dieser Behandlung ein entzündeter Zahn auf, wird zusätzlich geröntgt und, falls der Zahn stark angegriffen ist, dieser gezogen. Kann sein, dass Ihr Hund nach so einer Behandlung wieder mehr Elan an den Tag legt, denn wie Gloor erzählt, „haben Hundehalter schon öfter erlebt, dass ihre Hunde nach der Zahnbehandlung regelrecht aufgeblüht sind und wieder viel mehr spielten.“
Also nicht die regelmäßige Kontrolle und Pflege der Zähne des Hundes vergessen!
WUFF – Information
Symptome bei Zahnerkrankungen des Hundes
• Mundgeruch
• Berührungsempfindlichkeit der Hundeschnauze/des Hundemauls
• entzündetes Zahnfleisch
• Fressunlust/Appetitlosigkeit
• Zahnbelag
• Zahnstein (gelblich bis bräunlich)
• lockere Zähne (locker, fallen aus)
Pdf zu diesem Artikel: zahnpflege