Gummigeschoße oder Schreckschüsse gegen Wölfe nur in Kombination mit Herdenschutz erfolgreich
St. Pölten (APA) – In Sachen Wolfsmanagement hat der WWF am Mittwoch Kritik an Niederösterreich geübt. „Österreichs erstes Bundesland mit Wolfsrudel hinkt bei Beratung und Herdenschutz hinterher“, hieß es in einer Aussendung. Die Gefährlichkeit des Wolfes werde „stark übertrieben“. Landwirte bräuchten „echte Unterstützung statt markiger Sprüche und Nebelgranaten“.
Angesichts der jüngsten Vorfälle im Waldviertel forderte die Tierschutzorganisation die Landesregierung und allen voran LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf (ÖVP) auf, Unsicherheiten unter der Bevölkerung auszuräumen. „Sachlich zu informieren und aufzuklären ist keine Fleißaufgabe, sondern zwingende Pflicht der Behörde“, meinte Christian Pichler vom WWF. Es sei verständlich, dass man beunruhigt sei, aber: „Nicht der Wolf ist gefährlich, sondern das unverantwortliche Schüren von Ängsten durch manche Politiker und Interessensvertreter.“
Gummigeschoße oder Schreckschüsse gegen Wölfe wären aus Sicht des WWF – wenn überhaupt – nur in Kombination mit Herdenschutz erfolgreich. Dieser müsse „endlich forciert“ werden. „Die betroffenen Nutztierhalter verdienen unser Mitgefühl, denn der Anblick von verletzten oder toten Weidetieren ist auch eine emotionale Belastung. Genau das sollte den Behörden ein Ansporn sein, Übergriffe auf Weidetiere mit den entsprechenden Maßnahmen vermeiden zu helfen“, so Pichler.
Die finanziellen Mittel dafür dürften vorhanden sein. Es wäre zu hinterfragen, wohin die öffentlichen Gelder bzw. Kammerumlagen geflossen sind, die für gesetzlich vorgeschriebene Beratungsleistungen der Bauern gedacht waren. Laut einem Rechnungshofbericht aus 2015 habe der Bund der NÖ Landwirtschaftskammer zwischen 2008 und 2013 jährlich rund 58 Berater und einen Betrag von rund 1,73 Millionen Euro für Beratungsleistungen zur Verfügung gestellt.
„Angesichts solcher Summen könnte man schon ein Mindestmaß an Beratungsleistung in Sachen Wolf erwarten, wie es der Wolfsmanagementplan, der unter anderem unter Mitwirkung des Landes und der Landwirtschaftskammer selbst erarbeitet wurde, fordert. Vom WWF selbst wurden im Übrigen weit mehr Mittel in ein konfliktarmes Miteinander von Mensch und Wolf investiert, als für Wölfe gespendet wurde“, erklärte Pichler.
Fakt sei, dass sich in Niederösterreich betroffene Landwirte derzeit nicht einmal Basis-Informationen auf der Website des Landes holen könnten, obwohl das Bundesland seit zweieinhalb Jahren das erste und bisher einzige heimische Wolfsrudel beherbergt und bereits seit sechs Jahren die Grundlagen für ein Wolfsmanagement in Österreich vorliegen. Hingegen gebe es in Sachen Herdenschutz bereits in Nord- und Südtirol, Salzburg und der Steiermark entsprechende Maßnahmen.
Zur möglichen Bedrohung durch das Wildtier wurde angemerkt, dass es trotz wachsender Wolfsbestände etwa in unseren Nachbarländern Schweiz (drei bis vier Rudel, rund 50 Wölfe) und Deutschland (60 Rudel, 500 Wölfe) in den vergangenen 20 Jahren zu keiner einzigen gefährlichen Situation zwischen Mensch und Wolf gekommen sei. In Relation dazu würden etwa in Österreich jährlich durchschnittlich 258 Menschen durch Wildunfälle verletzt und zwei getötet, 2016 seien in Spitälern 3.100 Verletzungen durch Hundebisse behandelt worden.