Jeder glaubt ihn zu kennen, weil er seit rund 120 Jahren als weißes Pendant –
gemeinsam mit seinem schwarzen Verwandten, dem Scottish Terrier – das Label der
Scotch Whisky-Marke Black & White schmückt: Der West Highland White Terrier. Ein süßes, kuscheliges Hündchen sei er, hört man immer wieder. Doch mit dieser Einschätzung der Rasse liegt man ziemlich daneben. Wach, mutig und raubzeugscharf soll er sein und sein Deckhaar harsch. Zugleich aber ein freundlicher Geselle, selbstbewusst und vor allem keck, wie ihn schon ein Tiermaler 1839 als Gegenpol zur „Würde“ des Bloodhounds porträtierte.
Der West Highland White Terrier trägt den Ort seines Ursprungs im Namen: Es sind die schottischen Highlands, karge heidekrautbewachsene Hügel, Berge, Hochmoore und Täler mit wilden fischreichen Flüssen. Sieben Monate Winter, mit manchmal Temperaturen von minus 20 Grad erschwerten das Leben der wenigen Bewohner, die meist Schafe züchteten. Als Hauptfeind der neugeborenen Lämmer wurde der Fuchs gnadenlos bejagt, wofür man auch niederläufige Terrier einsetzte. Dafür waren aber nur leistungsfähige Hunde zu gebrauchen, weshalb man immer nur die jeweils besten verpaarte. Je nach Region bildeten sich auf diese Weise vier schottische Terrierrassen heraus: Es sind dies der Cairn, der Westhighland White, der Skye und der Scottish Terrier, wovon der erstgenannte der älteste und Vorfahre der anderen sein soll.
Um ihre Aufgabe im Kampf gegen den Fuchs und andere Tiere, wie bspw. den Fischotter, in der kargen und steinigen Heidelandschaft zu erfüllen, mussten die Hunde neben einem kräftigen Gebiss auch Fähigkeiten aufweisen wie Mut, Ausdauer, Robustheit , selbständiges Handeln – und natürlich Raubzeugschärfe. Alle genetischen Anlagen zu diesen Merkmalen haben sie auch noch heute. D.h. bei einem heutigen Westie, wie der West Highland White Terrier von Liebhabern der Rasse genannt wird, sind dies seine Wesensmerkmale, die dann aber auch zu den Anforderungen des Halters an seinen Hund und die heutigen Haltungsbedingungen passen müssen.
Wie kam es zur Farbe Weiß?
In der kynologischen Literatur wird die Farbe Weiß des Westies häufig auf eine Geschichte zurückgeführt, nach welcher Colonel Sir Edward Donald Malcom auf der Jagd seinen Lieblingshund erschossen haben soll, weil er ihn für einen Fuchs gehalten habe. Ab dann habe er nur mehr weiße Terrier gezüchtet, um sie so besser von den bejagten Tieren unterscheiden zu können. Ob es wirklich dieses Jagdunfalls bedurfte, ist jedoch nicht bewiesen, da auf Poltalloch, dem Stammsitz der Vorfahren Sir Malcolms, schon zu Beginn der 1800er Jahre weiße Arbeitsterrier gezüchtet worden seien, der Kynologe Hans Räber bezeichnet sie als „Poltalloch Terrier“ (Räber 1995). Zu einer selbständigen Rasse, so wie wir sie heute verstehen, wurde der West Highland White Terrier erst ein Jahrhundert später, als 1904 der Schottische Kennelklub diese Rasse offiziell anerkannte.
Erste Sorge um den Westie
Auch wenn Malcolm selbst die Gründung eines „West Highland White Terrier Clubs of England“ 1906 befürwortet hat, so sah er dem damals aufkommenden Ausstellungswesen und dessen Einfluss auf die weitere Entwicklung einer Rasse nicht ohne Besorgnis entgegen. Es möge keine Anhängerschaft der Rasse entstehen, meinte er, „um die Hunde weniger widerstandsfähig, weniger klug, weniger anhänglich, weniger aktiv oder weniger entschlossen als Kämpfer unter der Erde zu machen, als sie heute sind“ (zitiert in: Räber 1995).
Wesen der Rasse
Die Eigenschaften des West Highland White Terriers sind nun allein schon aus dem Wissen um seine Geschichte sehr eindeutig zu erkennen, und das eben erwähnte Zitat Malcolms bestätigt dies. Und so heißt es im aktuellen Rassestandard der FCI auch, die äußere Erscheinung des Westies soll „Kraft und Aktivität zum Ausdruck“ bringen, und dem soll auch das Wesen des Hundes entsprechen, von dem „beträchtliches Selbstvertrauen“ gefordert wird. Aktiv, robust und unerschrocken soll er sein, aber bei aller Wachsamkeit, allem Mut und „einem Auftreten, das Raubzeugschärfe erkennen lässt“, soll er trotzdem freundlich sein (FCI-Standard Nr. 85, 2011). Man sollte also wissen, was man sich von einem Hund dieser Rasse erwarten kann.
Auch wenn dem Westie – wie so vielen anderen Rassen auch – die ursprüngliche Aufgabe, für die er gezüchtet wurde, weitgehend abhanden gekommen ist (wer verwendet diese Rasse heute noch für die Jagd?), so braucht er auch heute eine adäquate Beschäftigung, und sein starker „Beutetrieb“ kann, wie Hundetrainer sagen, auch in der Erziehung und Ausbildung des Westies genutzt werden.
Interessant ist jedenfalls die Polarität im Wesen der Rasse, wie sie in der einschlägigen Literatur beschrieben und von Westie-Liebhabern berichtet wird: Einerseits die Raubzeugschärfe, Entschlossenheit und Selbständigkeit, andererseits aber auch die Anhänglichkeit gegenüber dem Menschen, wie sie etwa Malcolm beschreibt.
Harsches Fell & Pflege
Der West Highland White Terrier soll laut Rassestandard eine Größe (Widerristhöhe) von ungefähr 28 cm haben. Das Klischee eines putzigen weißen Wollknäuels, wie es manchmal auch durch die Werbung vermittelt wird, hält jedoch nicht. Denn auch wenn die Unterwolle des Westies (er besitzt ein doppeltes Haarkleid) weich und pelzartig ist, so ist das ca. 5 cm lange Deckhaar harsch, also rau. Auch das erklärt sich aus der Aufgabe seiner Vergangenheit. Im rauen Klima mit langen Wintern des schottischen Hochlands musste das Fell widerstandsfähig sein und auch das Eindringen in den Fuchsbau aushalten. Eine Besonderheit des Haarkleides des Westies besteht übrigens darin, dass das abgestorbene Deckhaar nicht von selbst ausfällt, sondern ausgezupft („getrimmt“) werden muss. Über die Häufigkeit gibt es unterschiedliche Angaben, sie reichen von etwa zehn bis zwölf Wochen bis zu längeren Intervallen. Entsprechende Beratung über die Pflegemaßnahmen kann man von seriösen Westie-Züchtern und in Rassevereinen erwarten.
Beliebtheit der Rasse
Der Westie war in den 1980er- und frühen 1990er-Jahren in Mitteleuropa das, was man einen „Modehund“ nennt. Die große Nachfrage nach Welpen dieser Rasse hatte die kommerziellen Hundevermehrer auf den Plan gerufen. Damit verbunden waren und sind dann all die bekannten negativen Folgen für die Hunde (und ihre Menschen), wie sie in WUFF schon oft beschrieben wurden. Seit den späteren 1990ern sinken allerdings die Welpenzahlen des West Highland White Terriers kontinuierlich. Abgelöst wurde der Westie als Modehund von anderen Rassen. Dazu gehören u.a. der Golden Retriever und der Labrador Retriever.
Erwerb eines Westies
Grundsätzlich soll sich die Entscheidung für eine Rasse nach der „Passung“ zwischen Hundehalter und Hund sowie nach den Haltungsansprüchen des Hundes richten und sollen stets auch Notorganisationen, die es für verschiedene Rassen gibt, sowie Tierschutzheime in die Überlegungen einbezogen werden. Ob eine Rasse gerade „in Mode“ ist, soll bei der Entscheidung für einen Hund jedenfalls keine primäre Rolle spielen, außer der, dass beim Welpenerwerb einer beliebten Rasse noch mehr Vorsicht vor Hundevermehrern geboten ist als bei selteneren Rassen.
Fast gebetsmühlenartig (und leider aber oft erfolglos) warnen ja Tierärzte und andere Fachleute immer wieder Welpeninteressenten vor dem Erwerb der Tiere über das Internet (siehe auch Artikel in dieser Ausgabe), über Kleinanzeigen von Tageszeitungen oder aus dubiosen unklaren Quellen. Den vermeintlichen Schnäppchenpreis machen bald teure Folgekosten beim Tierarzt zunichte, vom Menschen- und Hundeleid mit verhaltensgestörten Hunden aus Vermehreranstalten gar nicht zu reden, heißt es. Ausschließlich bei einem seriösen Züchter, dessen Zuchtstätte man auch besuchen solle, hat man daher die beste Chance, einen gesunden und gut sozialisierten Westie zu erwerben, mit den Anlagen, die der Rasse entsprechen.
Welcher Art diese Anlagen und das Wesen eines West Highland White Terriers sind, sollte man an dieser Stelle vom Grundsätzlichen her bereits kennen und verstehen, andernfalls hätte dieses kurze in die Rasse einführende Porträt sein Ziel verfehlt. Jedenfalls scheint es sich durch die oben beschriebene Polarität im Wesen des Westies um einen offensichtlich nicht langweiligen Hund zu handeln, der bei aller Eigenständigkeit und großem Selbstbewusstsein in guten Händen ein Partner ist, der seinem Menschen anhängt und mit ihm durch Dick und Dünn geht.
Zur Gesundheit des Westies
Im Jahr 2011 wurde der FCI-Rassestandard des West Highland White Terriers etwas geändert bzw. ergänzt. Dies geschah als Folge des großen öffentlichen Drucks in Großbritannien, als in einer BBC-Sendung im Jahre 2008 die Auswüchse der Rassehundezucht gegeißelt wurden. Daraufhin gab sich der britische Kennel Club ein neues Motto, nach welchem Rassehunde „frei atmen, frei laufen und unbehindert sehen können“ müssen. Und so wurde beim West Highland White Terrier gefordert, dass seine Augen unter kräftigen Augenbrauen gut gesetzt seien („set well under heavy eyebrows“). Warum das „set well“ im offiziellen deutschen Standard mit „unter buschigen Augenbrauen hervorguckend“ übersetzt wird, ist unklar. Wird damit die anatomische Aussage „set well“ in Bezug auf die Augen zu einem bloß subjektiven Eindruck „hervorguckend“ abgeschwächt? Neu in den Standard aufgenommen wurde damals auch der Satz, dass der Westie frei sein müsse „von allen offensichtlichen Hautproblemen“. Dies, weil gehäuft auch mit Westies gezüchtet wurde, obwohl sie Hautprobleme (u.a. durch Allergien) hatten.
Ansonsten kann es beim Westie wie bei vielen anderen kleinen Rassen gelegentlich zu einer Kniescheiben-Verrenkung (Patellaluxation) kommen. In Europa etwas seltener als in USA-Zuchten kann es beim Westie so wie auch bei verwandten Rassen (Scottish und Cairn Terrier) zu sehr schmerzhaften Veränderungen des Kieferknochens kommen (Cranio-mandibuläre Osteopathie). Eine weitere genetisch bedingte und damit Erbkrankheit ist die Globoidzell-Leukodystrophie, eine Stoffwechselerkrankung des Gehirns, die bei West Highland White Terriern, Cairn Terriern und Irish Settern im Alter von 2-6 Monaten auftritt. Die Krankheit schreitet rasch voran und endet tödlich.
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