Wesenstests

Von dogodu-Redaktion

Überall ertönt jetzt der Ruf nach Wesenstests. Behörden in Deutschland verlangen solche Tests als Voraussetzung für die Bewilligung bestimmter Hunderassen. Aber auch Hunde anderer Rassen, wenn sie durch einen Bißunfall auffällig geworden sind, müssen ihn absolvieren.

Durchgefallen
In der Hessischen Polizeischule in Mühlheim sitzt seit Ende November des Vorjahres aufgrund eines Bissvorfalls (ein Polizist wurde gebissen) ein Labradormischling, der eine Ausbildung zum Schutzhund absolviert hat. Am 21. Dezember des Vorjahres mußte er zum Wesenstest und ist – durchgefallen. So wie es zunächst einmal aussieht, scheint der Prüfer dies auch so gewollt zu haben, denn es kamen beim Wesenstest Elemente zur Anwendung, die für einen im Schutzsport ausgebildeten Hund klare Reize darstellen – wo eine bestimmte Reaktion des Hundes provoziert wird. Im konkreten Beispiel: Der in lokalen Medien als „Hundeexperte“ titulierte Wesenstester (Peter P., ein „Sachverständiger“ des VDH) präsentierte dem Hund einen klassischen Beutereiz, wie er in der Schutzhundeausbildung seit Jahrzehnten üblich ist – und der Hund reagierte darauf so, wie man es erwarten mußte. Die amtliche Folge dieses Wesenstests lautet, daß für den Hund „die Verwertung in Form der Tötung anzuordnen“ sei.

Problem Wesenstest
Noch lebt der Mischling aber, da sein Halter Einspruch erhoben hat mit dem Argument, daß sein Benji nur das gemacht habe, wofür ein Schutzhund ausgebildet sei, und vor allem habe er selbst in der entscheidenden Phase des Wesenstests auf den Hund keinen Einfluß nehmen können, was aber gerade bei einem Schutzhund von großer Bedeutung sei.
Dieses konkrete Beispiel wird unter Hundeleuten, vor allem auch unter Hundesportlern heftig diskutiert, zeigt es doch die ganze Problematik von Wesenstests auf, wie sie derzeit häufig angewandt werden. Insbesondere kommen in dieser Diskussion manche Wesenstester, die für den Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH) arbeiten, ganz schlecht weg. Warum?

Wesenstest als Hundepolitik?
Unter vielen Hundeleuten gilt der Verein für Deutsche Schäferhunde (SV) als der wahre „Sager“ beim VDH und auch WUFF liegen vor Zeugen abgegebene Informationen vor, daß angeblich viele Faxe und Briefe des Präsidenten des VDH, Uwe Fischer, in Kopie an den Chef des SV, Clemens Lux, gehen. Von beiden betroffenen Herren liegen uns derzeit noch keine Stellungnahmen zu dieser Frage vor.
Wo nun die Problematik liegt, ist schnell erklärt. Nach SV und VDH haben Mischlinge und Labradors nichts im Schutzhhundesport zu suchen, der vornehmlich Deutschen Schäferhunden (und einigen wenigen anderen Rassen) vorbehalten bleiben soll. Schnell kommt man nun als VDH- oder SV-Wesenstester in den Geruch, mit Wesenstests „Hundepolitik“ zu machen, und auch mißliebige Rassen auszumerzen. Nur zu gut ist WUFF-Lesern noch der schreckliche Fall des Pitbullmischlings Baxter in Wiesbaden (WUFF 10/00) in Erinnerung, der ebenfalls von einem VDH-Tester „zu Tode getestet“ wurde, weil er „zwar zu Menschen sehr lieb sei“, aber gegenüber ihn ankläffenden Polizeischäferhunden, zu deren Konfrontation ihn der VDH-Tester gezwungen hat, aggressiv reagiert habe. Mittlerweile gibt es bereits gegen diesen VDH-Tester eine Strafanzeige, die WUFF vorliegt.

Unvereinbarkeit mit VDH?
Auch hier stellt sich die Frage, wie hätte der „Wesenstest“ wohl ausgesehen, wenn der VDH-Tester nicht einen Pitbullmischling, sondern einen VDH-Schäferhund zu prüfen gehabt hätte … Heiß geht es nun her in den Diskussionen auf den Hundeplätzen zwischen Wien und Basel, zwischen Klagenfurt und Flensburg. Und die Stimmen, die eine klassische Unvereinbarkeit erkennen, wenn VDH-Prüfer Hunde, die nicht im VDH, möglicherweise sogar in Konkurrenzverbänden organisert sind, testen, werden immer lauter und fordern das Verbot solcher „Tester“ …

Welche Alternativen?
Soviel Konkurrenzdenken, Hass, Neid und Feindschaft, wie zwischen manchen Hundevereinen und Hundesportlern, ist kaum mehr vorzustellen. Hier Böcke zum Gärtner zu machen, kann daher den Tod zahlloser unschuldiger Hunde bedeuten. Aber was ist die Alternative? Wenn schon Wesenstests nötig sind – und bei auffällig gewordenen Hunden sind sie sicher nötig – wer soll dann testen? In der herkömmlichen tierärztlichen Ausbildung in den veterinärmedizinischen Universitäten und Hochschulen kommt dem Thema „Verhalten“ bisher nur ein relativ kleiner Stellenwert zu. Und Tierärzte, die sich nachweislich auf diesem Gebiet aus- und weitergebildet haben, sind noch nicht allzu häufig.
Die tierärztlichen Unis haben aber bereits reagiert. Das Thema bekommt mehr Gewicht, auch die von Prof. Bubna-Littitz auf der veterinärmedizinischen Universität Wien angebotene Vorlesungsreihe „Verhalten und Verhaltensstörungen bei Hund und Katze“ wird unter Studenten zunehmend populärer. Und gut wird’s sein, denn in Österreich werden Wesenstests derzeit zwar noch vornehmlich für Therapiehunde durchgeführt, um ihre mögliche Eignung überprüfen zu können. Bald aber werden auch hierzulande vermehrt Wesenstests nötig sein, um beispielsweise im Kampf gegen Maulkorb- und Leinenpflicht „schriftliche Argumente“ zu haben.
Vereinzelt lassen Hundehalter bereits Wesenstests durchführen, um Hundefeinden den Wind aus den Segeln zu nehmen, wie etwa der Fall, wo der Halter eines Bullterriers in Salzburg Probleme mit der Wohnungsgenossenschaft bekam, die aber dann wieder ausgeräumt werden konnten. Der bei diesem Bully durchgeführte Wesenstest von Prof. Bubna-Littitz wurde in WUFF beschrieben (s. WUFF 10/2000).

Keine Standards
Letztlich gibt es aber keine einheitlichen Regelungen, was genau ein Wesenstest ist und wie er ablaufen soll. In Österreich beschäftigt sich damit der schon erwähnte Prof. Bubna-Littitz an der veterinärmedizinischen Universität Wien, in Deutschland sind es vor allem die Tierärztliche Hochschule Hannover und Frau Prof. Feddersen-Petersen, die derartige Regelwerke ausgearbeitet haben. Und hier wird schon mal ein großer Unterschied zu dem o.a. „Wesenstest“ durch den VDH-Tester Peter P., der den Labrador durchfallen ließ, klar. Während bei diesem „Gutachter“ der Hundeführer keinen Einfluß haben durfte, was aufgrund des Sozialverhaltens des Hundes einen abnormen Zustand darstellt, fordert der Feddersen-Petersen zugeschriebene Wesenstest: „Der Hund wird von dem Hundehalter geführt und von den testenden Personen (ein Tierarzt und ein Helfer) beobachtet und gefilmt. Der Spaziergang mit dem Hund muß einen möglichst normalen alltäglichen Charakter haben. Keine Übertreibungen! Der Hund soll keine ‘Abenteuerstrecke’ ablaufen.“ Diese Aussage der Tierärzte scheinen aber manche Wesenstester nicht akzeptieren zu wollen.

Grundlose Aggression
Aber genau darum geht es, denn in erster Linie sollen mit diesen Tests „Individuen mit gestörter aggressiver Kommunikation“ erkannt werden. Das sind Hunde, deren Aggression nicht als Anpassungsverhalten auftritt – denn Aggression ist ein normales und notwendiges Grundelement jedes Lebewesens -, sondern in einer nicht nachvollziehbaren Weise, unvermittelt, grundlos. Das Aggressionsverhalten Baxters in Wiesbaden erscheint unter diesem Licht bewußt provoziert, wir alle können die Reaktion nachvollziehen, genauso wie die Reaktion bei dem Schutzhund-Labradormischling nachvollziehbar ist.
Solange aber derartige „Wesenstester“ herumtesten und Herren über Leben und Tod unserer vierbeinigen Familienmitglieder spielen dürfen, solange kann sich heute kein Hundehalter mehr des Lebens seines Hundes sicher sein. Im folgenden Beitrag von Gerald Pötz erfahren Sie mehr über diesen Aspekt.



>>> WUFF – INFORMATION


Amerikanische Wesenstest Gesellschaft

In den USA gibt es die ATTS (American Temperament Testing Society), die Wesenstests durchführt und Zertifikate ausstellt. Die Notwendigkeit solcher Tests ergab sich aus der Zunahme der Hundeverordnungen, die zum Teil solche Tests verlangen, sowie auch aus dem Interesse vieler Hundehalter, das Wesen ihres Hundes besser zu kennen.
Für die ATTS ist Wesen „… die Summe aller angeborenen und erworbenen physischen wie mentalen Merkmale und Fähigkeiten, die das Verhalten des Hundes in seiner Umgebung determinieren, formen und regulieren.“ (W. Handel „Die Psychologische Basis von Wesenstests“). Der Wesenstest der ATTS bewertet und mißt verschiedene Wesensaspekte wie Stabilität, Scheusein, Aggressivität und Freundlichkeit sowie auch Instinkte wie beispielsweise den Beschützerinstinkt zu seinem Halter und/oder den Selbstschutz im Falle einer Bedrohung (Wehrtrieb), wobei die Fähigkeit des Hundes berücksichtigt wird, zwischen nicht-bedrohlichen Situationen und solchen, die aufmerksame und beschützende Reaktionen erfordern, unterscheiden zu können.
Hunde werden bei ATTS erst ab einem Alter von 18 Monaten getestet. Der gesamte Test dauert nicht länger als 12 Minuten. Der Hund befindet sich an einer lockeren, ca. 2 Meter langen Leine, die der Hundehalter hält, wobei dieser aber nicht mit dem Hund kommunizieren darf (nicht sprechen, keine Kommandos, keine Korrekturen). Im Folgenden eine kurze Übersicht über diesen Test, der in zehn Untergruppen innerhalb von 5 Subkategorien strukturiert ist. Jeder einzelne Teil des Tests gilt als nicht bestanden, wenn der Hund eines der folgenden drei Merkmale aufweist:
1. unprovozierte Aggression
2. Panik ohne Beruhigung
3. extremes Meideverhalten

Kategorie Verhalten gegen Fremde
(Beurteilung der Reaktion des Hundes auf nicht-bedrohliche Fremde)
Subtest 1: Neutraler Fremder
Subtest 2: Freundlicher Fremder

Kategorie Reaktion auf akustische Reize
(Verhalten bei akustischen Reizen und Interesse des Hundes daran)
Subtest 3: Versteckter Lärm
Subtest 4: Schuß

Kategorie Reaktion auf visuelle Reize
(Reaktion auf einen unerwarteten visuellen Stimulus)
Subtest 5: Schirmöffnen auf ca. 1,5 Meter Distanz

Kategorie Berührungsreize
(Beurteilung der Reaktion auf ungewohntem Untergrund)
Subtest 6: Gehen auf Plastikfolie
Subtest 7: Gehen auf Drahtgeflecht

Kategorie Selbstschutz/aggressives Verhalten
(Beurteilung der Fähigkeit, eine ungewöhnliche Situation zu erfassen, ihre Reizschwelle, die Schutzinstinkte und die Fähigkeit zu erkennen, wann eine Situation bedrohlich wird).
Subtest 8: Nicht bedrohend
Subtest 9: Bedrohend
Subtest 10: Aggressiv

Die Gesellschaft hat bereits mehrere tausend Hunde getestet. Von bisher 2353 untersuchten Deutschen Schäferhunden haben 1928, also 81,9% den Test bestanden. Bei den American Staffordshire Terriern waren es 81,3 % (299 von 368 Hunden), bei den American Pit Bull Terriern 81,7% (236 von 289 Hunden) und bei den Labrador Retrievern 89,9% (483 von 537 getesteten Labs).



Sinn und Unsinn von Wesenstests
… oder vom Ziel der Ausmerzung unerwünschter Rassen

von Gerald Pötz

Bevor wir uns über das modern gewordene Thema Wesenstests Gedanken machen, müssen wir erst einmal definieren, was denn das ist, was man da überprüfen will. Verstehen wir unter dem Begriff Wesen alle dasselbe? H. Weidt und D. Berlowitz definieren das Wesen des Hundes beispielsweise sehr allgemein so: „Unter dem Wesen des Hundes ist vereinfacht jener Gesamtausdruck seines Verhaltens zu verstehen, der ihn im Zusammenleben mit dem Menschen charakterisiert. Die unterschiedlichsten Formen heutiger Lebensweise und Ansprüche an einen Hund machen es allerdings unmöglich, den Begriff des Wesens nach den jeweils speziellen und höchst verschiedenen, oft sogar gegensätzlichen Bedürfnissen und Erwartungen einheitlich zu definieren.“ Das zeigt bereits die große Problematik, die in diesem Thema liegt.

Wesen und Aggressivität
Das Wesen des Hundes entsteht aus verschiedenen Einflüssen. Einerseits aus den ererbten Eigenschaften, die in den Genen festgelegt sind (Genotyp). Erhöhte Aggressionsbereitschaft, sowie eine gute Veranlagung als Jagdhund, Hütehund, etc. sind z.B. solche vererbliche Merkmale. Ob diese ererbten Eigenschaften jedoch im späteren Leben eines neu geborenen Hundes in Erscheinung treten, hängt andererseits stark von den Umwelteinflüssen und vor allem der Erziehung ab (Phänotyp).

Thema Aggressivität
Ohne eine natürliche Aggression ist der Hund auf Dauer nicht überlebensfähig. Mit dem Wissen, dass in jedem Hund ein bißchen Wolf steckt, sollte man auch ein Mindestmaß an Triebreportoire beim Hund akzeptieren. Um nochmals auf den Wolf zurückzukommen: Ohne Aggression kein Futtererwerb, ohne Aggression keine biologisch korrekte Fortpflanzung, ohne Aggression keine Rangordnung (nur bedingt richtig, da in der Klärung der Rangordnung Aggression nur in „äußersten Notfällen“ eingesetzt wird). Es gäbe noch viele Gründe, warum „normale innerartliche Aggression“ beim Hund notwendig ist. Wenn also Behörden beginnen, Hunde mit normaler innerartlicher Aggression (siehe Fall Baxter WUFF 10/00) zu töten, kann dies nur das Ziel der totalen Ausrottung von Hunden sein.
Wie viele Dackel leben in Stadtwohnungen und werden nicht jagdlich geführt? Ich schätze ganz kühn auf 98 Prozent. Sind diese Dackel dennoch Jagdhunde, oder sind sie auf Grund ihrer Erziehung ganz normale Begleit- und Familienhunde? Und genau so verhält es sich beispielsweise auch mit den als „Kampfhunde“ abgestempelten Rassen. Ein Großteil dieser Hunde lebt in intakten Familienverhältnissen mit Kindern und anderen Haustieren.

Was soll mit den Wesenstests bezweckt werden?
Hunde, die für die allgemeine Bevölkerung in Alltagssituationen eine Gefahr darstellen, sollen durch Wesenstests identifiziert und eingesperrt oder getötet werden. Fast richtig. Dies gilt bei den verschiedenen Hundeveordnungen zwar nur für Hunde bestimmter Rassen, obwohl es wissenschaftlich bereits widerlegt ist, dass Aggression auf einzelne Rassen bezogen werden kann. Ich persönlich glaube, dass die tatsächliche Ausprägung der Aggression eines Hundes zu 90 Prozent von der Erziehung und dem sozialen Umfeld abhängt. Das wiederum bedeutet, dass man jeden Hund zur „erwünschten erhöhten Aggression“ erziehen kann – rasseunabhängig! Politisch gesehen ist es natürlich leichter, einzelne Rassen zu diskriminieren, als alle Hunde unter die Lupe zu nehmen. Also alles ein Politikum?
Statistiken beweisen, dass fast alle schwerwiegenden Hundebisse von Hunden stammen, die bereits mehrmals leicht zugebissen haben – rasseunabhängig! Warum setzt man nicht dort an und lädt die Halter dieser auffällig gewordenen Hunde zum Wesenstest? Welche Rasse und deren Mischlinge am häufigsten zubeißen, muß hier nicht erwähnt werden, ist allgemein bekannt. Wenn man die Anzahl der Hundebisse reduzieren will, sollte man schließlich mit absoluten und nicht mit relativen Zahlen arbeiten.

Wesenstests missbraucht als Tötungswahl
Um ein objektives Ergebnis zu erhalten, müsste man den Hund eigentlich in seinem gewohnten Umfeld sowie an öffentlichen Stellen überprüfen. Neuerdings werden sogar schon „Schnelltests“ in Tierheimen durchgeführt, um eine Tötungsauswahl zu treffen. Einem Hund, der aufgrund seiner Rasse aus seiner Familie heraus gerissen wurde und plötzlich in einem kleinen Zwinger sitzt, kann man wohl kein Normalverhalten abverlangen wollen! Er beisst in die Zwingerstäbe, meist um Aufmerksamkeit zu erhalten. Von entsprechend beauftragten „Gutachtern“ wird ein solches Verhalten dann oft als aggressives Verhalten ausgelegt und noch fotografisch dokumentiert. Nennt man dies „natürliche Auslese“ oder legale Tötung von gesunden Hunden? Eine Reduktion von Hundebissen wird man dadurch bestimmt nicht erreichen, da die wahren Beisser anderswo sitzen …

Demokratie, wo bist du geblieben?
Vorab angemerkt: Es gibt natürlich auch seriöse Hundegutachter, die in dieser Form ihr Fachwissen zur Verfügung stellen. Auf Grund der großen Nachfrage wurden in den vergangenen Monaten aber dutzende Personen als Hundegutachter herangezogen, denen zum Teil der notwendige Sachverstand fehlt. Unter dem Motto „Jeder, der sich meldet, wird genommen“. Auch aus den Reihen des VDH werden in Deutschland einige Hundegutachter eingesetzt, um ihr Urteil über Hunde abzugeben. Das ist sehr problematisch, wenn es um Hunde geht, die nicht dem VDH angehören, beispielsweise der American Pit Bull Terrier. Aus meiner Sicht ist das ein klassischer Fall von Unvereinbarkeit. Polizisten und Ex-Polizisten werden als Hundegutachter eingesetzt, die im weitesten Sinn die Gutachten ja für ihren Dienstgeber erstellen – den Staat! Wo bleibt die Unabhängigkeit der Gutachter? Wenn der Staat aggressive Kampfhunde sehen will, werden seine „eigenen“ Gutachter wohl kaum gegen den Willen ihres „Chefs“ handeln.

Weg mit den Listenhunden
„Listenhunde“ – das sind in Deutschland nur ausländische (!) Rassen – dürfen auf Anweisung der Politiker kein natürliches und artgerechtes Leben mehr führen. Sie dürfen nicht mehr bellen, nicht hecheln (Maulkorbzwang), dürfen ihrem Laufbedürfnis nicht nachkommen, haben keine Sozialkontakte mehr, da sie überall ausgeschlossen werden. Zitat Barbara Duden (SPD): „Auch die Bürger können was tun. Kampfhundehalter sollen eine gesellschaftliche Ächtung erfahren“. Und gerade von diesen diskriminierten, nicht artgerecht gehaltenen Hunden erwartet man bei den Wesenstests „Normalverhalten“. Man könnte hinter diesen Taten und Aussagen ein vom Staat gezieltes Ausrottungssystem bestimmter ausländischer Rassen sehen.

Und es gibt doch Unterschiede!
Wenn zwei Hundegutachter den selben Hund begutachten, sollten Sie eigentlich zum selben, oder zumindest annähernd selben Ergebnis kommen. Gibt es also gute und schlechte Gutachter? Wie kann der Hundebesitzer das wissen? Die Stadt oder Gemeinde beauftragt einen Gutachter, mit dem sie die besten Beziehungen pflegt. In Hamburg-Bergedorf geht man gleich eine Instanz weiter und sagt: „Ihr Hund ist nach der Hundeverordnung ein gefährlicher Hund. Auch das Gutachten von Frau Dr. Schöning (Fachtierärztin für Verhalten) kann die Gefährlichkeit, die nach der Hundeverordnung unterstellt wird, nicht aufheben“. Obwohl die Hundehalterin mittels Gutachten belegen kann, dass ihr American Staffordshire Terrier nicht aggressiv ist, wird ihr die Halteerlaubnis nach über 3 Jahren entzogen. Und zwar zusätzlich auch noch mit der Begründung: „Die Zeitspanne von drei Jahren ergibt noch keine besonders intensive Beziehung zwischen Tier und Mensch“.

Wesenstest mit Sachverstand
Ich war für unsere Leser bei einem Wesenstest in Bayern dabei. Obwohl der Gutachter erst kurz vereidigt war, führte er diesen Wesenstest mit sehr guten Fachkenntnissen durch. Der erste Teil wurde auf einem Feldweg durchgeführt, wo die Hunde gekonnt provoziert und herausgefordert wurden. Vom vermeintlichen Jogger über einen verbal aggressiven Spaziergeher bis hin zu einer sich ängstlich zeigenden Person war alles dabei. Auch der Gehorsam mit und ohne Leine wurde überprüft. Schließlich wurde noch getestet, wie sich die Hunde beim klassischen Schutzdienst zeigen und ob sie überhaupt darauf ansprechen.
Für den zweiten Teil fuhren wir zum nächstgelegenen Bahnhof, wo eine Alltagssituation nachgestellt wurde. Die Hundeführer gingen mit ihren Hunden angeleint durch das Bahnhofsgelände bis zum Bahnsteig. Sämtliche „Reizlagen“ wie Scooterfahrer, Passanten, Kinderwägen, Reisekoffer, vorbeidonnernde Züge, etc. waren vorhanden. Die überprüften Hunde verhielten sich souverän und gelassen. Diese mehrere Stunden dauernde Begutachtung machte für mich einen sehr professionellen sowie fachkundigen Eindruck.
Dennoch glaube ich aufgrund zahlreicher Tatsachenberichte von Betroffenen, dass eine Vielzahl an Wesenstests eben nicht mit den nötigen Fachkenntnissen von inkompetenten, aber trotzdem vom Staat vereidigten Gutachtern durchgeführt wird und dadurch unschuldige Hunde sterben müssen. Durch dieses verantwortungslose Handeln des Staates wird größtes Familienleid angerichtet und unzählige Kinder weinen, weil man ihnen ihr geliebtes Familienmitglied weggenommen hat.



>>> WUFF – INFORMATION


Gutachtenerstellung und Wesensbeurteilung sowie Wesenstest von Hunden
von Michael Abelski, gerichtlich beeideter Sachverständiger für das Hundewesen, München

Als Sachverständiger für das Hundewesen möchte ich mich in diesem Zusammenhang hier nicht über das „Für und Wider“ von sogenannten Kampfhundeverordnungen oder Gefahrenhundeverordnungen äußern, sondern ein paar Anmerkungen für die Durchführung von Wesensüberprüfungen bei sogenannten Kampfhunden machen.

Aggressivität gesteigert?
Seit Oktober 1992 existiert in Bayern eine sogenannte Kampfhundeverordnung. Für die in der zweiten Klasse dieser Verordnung genannten Hunde besteht die Möglichkeit, über eine Wesensüberprüfung ein sogenanntes Negativzeugnis, ausgestellt von Städten und Gemeinden, zu erlangen. Bei der Überprüfung und Begutachtung der Hunde durch vereidigte Sachverständige der Regierung von Oberbayern soll festgestellt werden, ob bei den zu überprüfenden Hunden eine gesteigerte Aggressivität gegenüber Menschen oder Tieren besteht.
Aufgrund des von meinem Kollegen, Hrn. Franz Breitsamer, erarbeiteten Beurteilungs- und Betrachtungsschemas über die Gefährlichkeit und das Aggressionsverhalten von Hunden, kann man – auch nach meiner Meinung – im „Großen und Ganzen“ folgende Einstufungen vornehmen:

1) „Nicht aggressiv“ und „nicht gefährlich” sind Hunde, die gegenüber Menschen und Tieren völlig gutartig reagieren, keine Personen anspringen, nicht wildern, nicht raufen, sich eher ergeben oder ausweichen, wenn sie selbst angegriffen werden und auch sonst keine Sicherheitsstörungen verursachen.
2) „Normal aggressiv“ sind Hunde, die sich im Grunde wie unter 1) beschrieben verhalten und sich nur bei Angriffsattacken gegen den Führer und/oder eigenes Territorium, oder sich selbst, wehrhaft verteidigen, aber sofort ablassen, wenn der Angriff beendet ist oder wenn das Ablassen befehligt wird.
3) „Gesteigert aggressiv“ und „gefährlich“ sind Hunde, die permanent jede sich bietende Gelegenheit wahrnehmen, um zu raufen und/oder zu wildern und/oder nahezu bei jeder Belastungs-, Streß- oder Reizsituation Menschen attackieren (z.B. auch anspringen) und dabei den Gehorsam verweigern.

Die oben genannten Einstufungskriterien zeigen an sich klar, daß man u.a. von einem Hund durchaus bei offensichtlicher Bedrohung durch eine fremde Person ein wehrhaftes Verhalten erwarten kann, ohne dieses bei der Überprüfung negativ zu bewerten.
Auch ist eine innerartliche Grundaggressivität, wie sie jedes Lebewesen und wahrscheinlich zum größten Teil der Mensch, in sich trägt, als normal anzusehen und ebenfalls nicht negativ zu bewerten.
So kann es nach meiner Meinung nicht angehen, daß sich z.B. ein dominanter Rüde bei einer Überprüfung von einem anderen Rüden in aggressiver Weise ohne Reaktion provozieren lassen muß bzw. sich unterordnen soll, um diesen Wesenstest zu bestehen.

Grosse Verantwortung
Über den „Sinn oder Unsinn“ von manchen Überprüfungsschemen ließe sich wahrscheinlich trefflich streiten. Jedoch bin ich der Ansicht, daß sich der Personenkreis, der für die Überprüfung und den Wesenstest von Hunden ausgebildet und herangezogen wird, seiner Verantwortung über das „Wohl und Wehe“ der Hunde und gegenüber der Sicherheit der Gesellschaft bewußt sein sollte.

Abschließend möchte ich nochmals darauf hinweisen, daß die Unterscheidung, ob ein Hund tatsächlich im Sinne der Verordnungen gesteigert aggressiv ist, nur Sachverständigen vorbehalten sein sollte, die dieses in lebensnahen Situationen beurteilen und bewerten können.

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