Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund". Tierpsychologin, Hundetrainerin und WUFF-Autorin Yvonne Adler beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund — kurz formuliert und mit 1-2 Fotos. In dieser Ausgabe geht es um das Thema „allzu freiheitsliebender Hund".
Liebe Frau Adler!
Mein Australian Shepherd-Rüde Balu ist zwei Jahre alt und wir besuchen seit Welpenalter eine Hundeschule. Balu ist im Kurs ein Musterschüler, jedoch draußen im Freilauf kaum zu bändigen. Wir lassen ihn nur mehr selten von der Leine, weil er einfach nicht mehr kommt, wenn man ihn ruft. Egal, wie laut ich rufe oder wie oft. Ich hoffe Sie können uns helfen!
Freundliche Grüße, Robert Mayr
Lieber Herr Mayr!
Unsere Hunde lernen auf verschiedenste Arten, unter anderem auch ortsbezogen. Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass Balu in der Hundeschule ein Musterschüler ist. Er hatte ja reichlich Zeit und Übung (vom Welpenalter bis jetzt), um genau zu wissen, was dort von ihm verlangt wird. Beim Lernen eines neuen Kommandos sind Hunde zunächst freudig und aufmerksam, da sie von Natur aus neugierig und an Neuem interessiert sind. Damit der Hund aber auch später in jedem Fall zuverlässig kommt, wenn man ihn ruft, muss das Kommando sehr souverän, öfter und konsequent mit der notwendigen positiven Verstärkung in verschiedensten Situationen geübt werden.
Es muss sich für den Hund „lohnen" zu kommen! Deshalb sollten Sie sich für Ihren Hund interessant machen.
Ein häufiger Fehler ist, dass die „guten" Belohnungen (Ball, Wurst, etc.) zu früh gegen langweilige Leckerchen (z.B. Trockenfutter etc.) ausgetauscht werden. Erst wenn das Kommando wirklich perfekt erlernt ist und der Hund sich nicht mehr im Übungsaufbau befindet, kann von der „Immerbestätigung" auf die „Intervallbestätigung" gewechselt werden.
Ich rate Ihnen, das Kommando komplett neu aufzubauen, da das „Nicht- folgen/-kommen" bei Balu anscheinend schon zum Problem geworden ist. Überlegen Sie sich bitte vorher, was Ihr Hund genau machen soll. Soll er nur kommen und sich „kurz melden", oder soll Balu auch vorsitzen? Dies ist sehr wichtig, da Sie ein fertiges Ziel vor Augen haben sollten, um genau zu wissen, welches Verhalten von Ihnen belohnt wird. Nach dieser Überlegung beginnt man ein Kommandowort auszuwählen, das man freudig und weich sprechen kann und welches im Alltag nicht anderweitig verwendet wird, da es für den Hund sonst an Bedeutung verliert. Seien Sie kreativ, aber Achtung, nehmen Sie nur Kommandos, welche Sie auch wirklich in der „Öffentlichkeit" rufen wollen …
Für manche Hundehalter empfiehlt es sich, einen Pfiff (mit oder ohne Hundepfeife) als Kommando einzutrainieren. Dies hat den Vorteil, dass der Befehl immer gleich ist! Eine Hundepfeife ist vor allem für Hundehalter von Vorteil, die in der Stimme die Emotionen nicht zurückhalten können, denn: Auch wenn der Hund nach zweimaligem Rufen nicht kommt, darf die Stimme nie hysterisch oder wütend klingen. Da Hunde unter anderem „Sichtjäger" sind, empfiehlt es sich auch ein gut erkennbares und klar abgegrenztes Sichtzeichen dazu zu lernen. Am Anfang überlappt meist das eine Kommando (Sichtzeichen) das andere (Hörzeichen), aber mit der notwendigen Übung kann der Hund das ganz klar auseinander halten und kommt dann bspw. auch, wenn er nur das Kommando sieht und wegen starken Windes z.B. nicht mehr hört.
Und dann heißt es nur noch: „Übung macht den Meister"! Zunächst sollte in ablenkungsarmer Umgebung (zu Hause) und in kleinen Teilschritten trainiert werden. Dann kann die Ablenkung mit dem Lernfortschritt gesteigert werden. Achten Sie darauf, dass Sie hier nicht zu schnell vorgehen und/oder zu große Ablenkungen bereits am Anfang einbauen, da das den Erfolg schmälern kann und der Hund wieder lernen könnte, dass er doch nicht immer zu kommen braucht. Üben Sie nur ab und zu über den Tag verteilt, das bringt oftmals mehr als selteneres aber exzessives Training am Stück. Ich wünsche Ihnen und Balu, dass Sie schon bald erholsame Spaziergänge ohne Leine genießen werden können.
Ihre Yvonne Adler