Welche Hunde leben am längsten? – Rüde, Hündin, groß, klein, kastriert, unkastriert …

Dass die Größe eines Hundes mit seiner Lebens­erwartung in einem umgekehrten Verhältnis steht, also größere Hunde kürzer und kleinere länger leben, ist nichts Neues. Auch dass die Lebens­erwartung von Mischlingen grundsätzlich länger ist als die von Rassehunden und die von Hündinnen länger als die von Rüden, ist bekannt.  Aber warum ist das so? Warum sterben große Hunde früher als kleine? An welchen Erkrankungen sterben sie? Und gibt es Möglichkeiten, die Lebenserwartung zu verlängern? Diese Fragen und mehr behandelt Universitätsprofessorin Dr. Irene ­Sommerfeld-Stur in diesem Beitrag auf der Basis neuer wissenschaft­licher Erkenntnisse.

Es ist eine bekannte Tatsache, dass die Lebenswartung bei Hunden u.a. von der Körpergröße abhängig ist. Kleine Hunde können ein Lebensalter von bis zu 16 Jahren oder sogar mehr erreichen, bei großwüchsigen Rassen tritt der Tod oft schon mit einem Alter von 6 oder 7 Jahren ein. In beiden Fällen gibt es natürlich Ausnahmen, aber die Assoziation zwischen Körpergröße und Lebenserwartung im Sinne einer negativen Korrelation ist schon länger bekannt und wird in verschiedenen Studien bestätigt. (LI et al., 1996, PATRONEK et al., 1996, KIMBERLEY et al., 2007, ADAMS et al., 2010). In einer neueren Studie von DOBSON (2013) finden sich dazu eindrucks­volle Zahlen. Unter den Rassen mit der geringsten Lebenserwartung in einem Bereich von nur 6 Jahren finden sich Rassen wie Bullmastiff, Leon­berger, Berner Sennenhund, Deerhound und Rottweiler, unter den Rassen mit der höchsten Lebenserwartung im Bereich von 12 und mehr Jahren ­Rassen wie Border Terrier, Cairn Terrier, Lhasa Apso und Shih Tzu.

Warum die großen Unterschiede?
Die Frage stellt sich nun, warum ist das so? Was macht diese großen Unterschiede in der Lebenserwartung von Hunden unterschiedlicher Größe aus?

Der Antwort auf diese Frage bei Hunden kann man sich zwar nur auf einer eher spekulativen Ebene nähern, da Studien, die sich explizit mit den Ursachen der Abhängigkeit der Lebenserwartung von der Körpergröße beim Hund aus­einandersetzen, kaum existieren. Da die Beziehung zwischen Körper­größe und Langlebigkeit aber auch bei ­anderen Arten bekannt ist und bei ­diesen zum Teil sehr genau untersucht ist, lassen sich diese Erkenntnisse durchaus auch auf Hunde übertragen.

Es sind zwei mögliche Hauptverdächtige, die als Grundlage für die Be­ziehung zwischen Lebenserwartung und Größe in Frage kommen: IGF-1 und Bewegung.

IGF-1 – der Schalter des Wachstums
IGF-1 ist der wichtigste Wachstumsfaktor. IGF-1 wird vor allem in der Leber nach Stimulierung durch das von der Hypophyse gebildete Wachstumshormon Somatotropin gebildet. Rezeptoren für IGF-1 finden sich in fast allen Geweben des Körpers. Im Lauf der Jugendentwicklung steigt der Spiegel von Somatotropin und IGF-1, erreicht seinen höchsten Stand in der Pubertät und fällt dann wieder ab. Wie erst kürzlich in einer Studie beim Hund festgestellt wurde, tragen alle Hunde kleiner Rassen eine Mutation im IGF-1-Gen, die in einem ­ursächlichen Zusammenhang mit dem Kleinwuchs steht (SUTTER et al., 2007). Diese Mutation hat zur Folge, dass eine geringere Menge an IGF-1 im Blut zirkuliert. Dadurch kommt es zu reduziertem Wachstum. Interessant dabei ist, dass die Mutation im IGF-1-Gen, die mit dem Kleinwuchs bei Hunden assoziiert ist, offenbar bereits sehr lange zurückliegt. Diese Schlussfolgerung zogen die Autoren der Studie, da die Mutation in praktisch allen kleinen Hunderassen vorkommt, auch in solchen, die nur sehr entfernt mit­einander verwandt sind. Sie trat wohl bereits in den Anfängen der Domestikation auf und ermöglichte so schon recht früh eine Selektion auf verschiedene Größen.

Wird mehr IGF-1 produziert, kommt es zum Groß- bzw. Riesenwuchs. So ist bereits lange bekannt, dass bei großen Hunden ein höherer
IGF-1-Spiegel im Blut vorliegt. Ist IGF-1 im Übermaß vorhanden, kommt es zum sogenannten akromegalen Riesenwuchs. In diesem Fall sind die Körperenden, also Kopf und ­Pfoten unproportional vergrößert. Das ist meist auch verbunden mit loser ­Kopfhaut und hängenden Lefzen (EIGENMANN et al., 1988).

Das Problem dabei ist, dass sich die Wirkung des IGF-1 nicht auf das äußere Größenwachstum beschränkt. Neben der Akromegalie kann es auch zu einer Kardiomegalie, also einer unproportionalen Vergrößerung des Herzens kommen. Und die führt zu einer verminderten Belastbarkeit des Herzens, die sich in Leistungs­schwäche und im schlimmsten Fall in einem frühen Herztod äußert.

Wachstumsfaktor fördert auch Tumore und Herztod
Und IGF-1 hat noch eine weitere verhängnisvolle Wirkung. Der Wachstumsfaktor ist auch am Wachstum von Tumoren beteiligt. Je mehr IGF-1 vorhanden ist, umso stärker werden auch Tumoren in ihrem Wachstum gefördert.

Wir haben hier also gleich mal zwei Ursachen für einen frühen Tod von großen Hunden: Herztod und Krebs. Die bereits erwähnte Studie von DOBSON (2013) zeigt auch die Krebssterblichkeit bei ­verschiedenen Rassen. Unter den Rassen mit der höchsten Krebssterblichkeit sind Rassen wie Berner Sennenhund, Leonberger, Riesenschnauzer, ­Airedaleterrier. Unter den Rassen mit der geringsten Krebsmortalität finden sich Rassen wie Shi Tzu, Lhasa Apso, Klein- und Zwergspitze. Und bereits 1985 zeigte eine Studie von KIRKWOOD, dass das Erkrankungsalter für Osteosarkome (Knochenkrebs) in direkter Abhängig­keit zur Größe des Hundes steht. Je größer ein Hund ist, umso eher erkrankt er an Knochenkrebs.

Dass auch bei großen Rassen die Lebenserwartung nicht notwendigerweise so gering sein muss, zeigt eine Studie an Leonbergern (ZAMINER, 2011). In dieser Studie wurden Todesdaten von über 2000 Leonbergern ausgewertet. Die durchschnittliche Lebenserwartung über alle Tiere lag bei 7,6 Jahren. Bei einem Teil dieser Hunde waren die Todesursachen bekannt. Darunter waren 279 Hunde, die mit einem durchschnittlichen Alter von 6,4 Jahren an Herzversagen starben, 571 Hunde, die mit einem durchschnittlichen Alter von 7,5 Jahren an Krebs starben und 68, die mit einem durchschnittlichen Alter von 6,3 Jahren an einer Magendrehung starben.

Das Interessanteste war eine weitere Gruppe von insgesamt 171 Hunden, die mit einem durchschnittlichen Alter von 12 Jahren an Altersschwäche starben. Sie wurden also fast doppelt so alt wie ihre herz- und krebskranken Rassegenossen. Leider ging aus den verfügbaren Daten nicht hervor, wie groß die Hunde der verschiedenen Gruppen waren. So ließ sich nicht feststellen, ob vielleicht die Hunde, die in einem höheren Alter an Altersschwäche starben, eher kleinere Exemplare der Rasse waren. Nichtsdestoweniger zeigt diese Studie, dass die häufigsten Todesursachen bei dieser großwüchsigen Rasse Krebs und Herzerkrankungen waren und diese Todesfälle zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt stattfanden, als der natürlichen Lebenserwartung entspricht.

Interessant in diesem Zusammenhang ist ein Teilergebnis aus der Studie von SUTTER et al.(2007) beim Portu­giesischen Wasserhund. Bei dieser Rasse lässt der Rassestandard eine sehr große Varianz in Bezug auf die Größe zu. Und hier zeigten sich auch innerhalb der Rasse Unterschiede in den IGF-1-Genotypen in Abhängigkeit von der Größe. Die kleineren Vertreter der Rasse trugen die gleiche IGF-1-­Mutation, die in allen kleinwüchsigen Hunderassen gefunden wurde, und hatten eine entsprechend niedrigere IGF-1-Konzentration in ihrem Blut.
Überdenkt man diese Zusammenhänge, dann scheint die Selektion auf Riesenwuchs gleichzeitig eine Selektion auf frühen Tod durch Krebs oder Herzerkrankungen zu sein. Ein triftiger Grund bei großwüchsigen Rassen die Zuchtziele zu überdenken? In diesem Zusammenhang ist es ein bemerkenswertes Detail, dass z.B. das Gewicht eines Bernhardiners vor gar nicht allzu langer Zeit noch im Bereich von 50 kg lag, während die heutigen Rasse­vertreter bis zu 100 kg erreichen können.

Bewegung verlängert Leben
Eine zweite Erklärung für die höhere Lebenserwartung kleiner Hunde­rassen liegt im Bereich der Bewegung. Kleine Hunde machen in Relation zu ihrer Körpergröße im Normalfall weitaus mehr Bewegung als große Hunde. Ein kleiner Hund macht schon in einer normal großen Wohnung mehr Bewegung als ein großer, wenn er von einem Zimmer ins andere läuft. Und auch bei Spaziergängen und beim Hundesport legt der kleine Hund in Relation zu seiner Größe weitere Strecken zurück. Ein simples Rechenbeispiel: Bei einem täglichen Spaziergang von 4 Kilometer Länge legt ein kleiner Hund mit einer Körperlänge von 30 cm etwa das Zwölftausendfache seiner Körper­länge zurück, ein großer Hund mit einer Körperlänge von 100 cm »nur« das Viertausendfache. Ein kleiner Hund legt somit im Laufe seines Lebens das Mehrfache der Strecke zurück, die ein großer Hund bewältigt.

Bei großen Hunden wird die Bewegung oft auch noch durch chronisch degenerative ­Gelenkserkrankungen eingeschränkt. Ob ­Hüftgelenksdysplasie, Ellbogen­dysplasie oder Osteochondrosis ­dissecans, all diese Erkrankungen treten bevorzugt bei groß- und ­riesenwüchsigen ­Rassen auf und führen oft schon in einem frühen Alter zu vorübergehenden oder bleibenden Einschränkungen der Mobilität.

Dass Bewegung gesund ist, ist nichts Neues. Durch Bewegung wird der gesamte Stoffwechsel aktiviert, alle Gewebe werden besser durchblutet, die Gelenke werden geschmiert, der Stresshormonspiegel wird gesenkt, die Insulinempfindlichkeit der Zellen wird gesteigert und das Gewicht wird reduziert. Insbesondere die Senkung des Cortisolspiegels leistet einen wichtigen Beitrag zur Verlängerung des Lebens.

Aber es gibt noch einen weiteren Effekt der Bewegung, und der spielt sich direkt im molekularen Bereich und auf der Ebene der Aktivierung von Genen ab. Alterung und Tod von Zellen stehen in direktem Zusammenhang mit einem Strukturdetail der Chromosomen. Chromosomen sind die Träger der genetischen Information und ­liegen im Zellkern. An ihren Enden ­tragen Chromosomen eine Art Schutzkappe, die Telomere. Diese Telomere werden bei jeder Zellteilung ein klein wenig verkürzt. Unterschreiten sie eine gewisse Mindestlänge, führt das zum Tod der Zelle. Die laufende Verkürzung der Telomere ist somit die Basis von Alterung und schließlich Tod eines Individuums.

Telomerase: gute „Handwerker“
Es gibt aber einen zelleigenen Reparaturdienst für die Telomere, dessen Hauptverantwortlicher die ­Telomerase ist. Das ist ein Enzym, das nach der Zellteilung die ver­lorengegangenen Stücke der Telomere wieder herstellt. In den meisten ­Körperzellen findet sich praktisch keine Telomerase, zu finden ist sie in Zellen des Immunsystems, in Stammzellen und in den Geschlechtszellen. Besondere Bedeutung hat die Telomerase in Krebszellen. Dort hat das Enzym eine übermäßig hohe Aktivität und sorgt dadurch für die Unsterblichkeit von Krebszellen und damit auch für das ungebremste Wachstum von ­Tumoren.

Es gibt Studien aus der Human­medizin, die zeigen, dass die Länge der Telomere in bestimmten Körperzellen assoziiert ist mit körperlicher Aktivität und dass zudem längere Telomere mit einer längeren ­Lebenserwartung gekoppelt sind. CHERKAS et al. (2008) untersuchten Zwillingspaare, von denen je ein Zwilling sportlich aktiv, der andere kaum oder gar nicht aktiv war. Die aktiveren Zwillings­partner zeigten eine deutlich größere Länge der Telomere in ihren Leu­­ko­zyten als ihre fauleren Geschwister.

Zu ähnlichen Ergebnissen kam eine Studie von WERNER et al. (2009), nach der durch ­regel­mäßige Bewegung sowohl die ­Aktivität der ­Telomerase als auch von ­anderen ­Proteinen, die die Telomere ­sta­bilisieren, gesteigert wird. Bei einer vergleichenden Unter­suchung zwischen sportlich Aktiven und Be­wegungsmuffeln zeigte sich, dass die Sportler in ihren weißen Blutkörperchen deutlich längere Telomere hatten als die unsportliche Vergleichsgruppe.

Ein dazu ­passendes interessantes Ergebnis zeigte eine Beobachtung bei Bauern in Sardinien (SPORK, 2010). In dem untersuchten Bereich gab es einerseits Felder, die auf der gleichen Ebene wie das Dorf lagen und die daher bequem und ohne Mühe zu bewirtschaften waren, andererseits Felder, die tiefer oder höher als das Dorf lagen und zu deren Bewirtschaftung die ­Bauern zum Teil steile Hänge mühsam ­bearbeiten mussten. Im ­Vergleich der Lebens­erwartung schnitten die ­Bauern mit den ­ebenen Feldern schlechter ab als ihre ­Kollegen, die jeden Tag bergauf und bergab ­laufen mussten.

Wenn wir nun die gesteigerte relative Bewegungsmöglichkeit kleiner Hunde bedenken, so wäre durchaus denkbar, dass bei ihnen ein ähnlicher Effekt zu einer höheren ­Telomeraseaktivität und zu einer weniger schnellen ­Verkürzung der Telomere in den ­Leukozyten und damit zu einer ­langsameren Alterung führt.

Züchterverantwortung
Die Größe eines Hundes ist somit nicht nur ein optisches Merkmal. Insbesondere Extreme nach oben im Sinne von Riesenwuchs können die Lebenserwartung eines Hundes stark verkürzen. Es wäre also insbe­sondere Züchtern von riesenwüchsigen ­Rassen ans Herz zu legen, das ­Streben nach extremer Größe zugunsten einer höheren Lebens­erwartung ihrer ­Hunde hintanzu­stellen.

Es soll aber nicht verschwiegen ­werden, dass der Vorteil der längeren Lebenserwartung im Zusammenhang mit Zwergwuchs auch mit Nacht­eilen verbunden ist. So ist bei kleinen Hunden die Wurfgröße reduziert, eine Folge, die nach analogen Beobachtungen bei Mäusen (CHANDRASHEKAR, 2004) auch mit Varianten im Bereich der Wachstumshormone zusammenhängen kann. Zudem ist bei kleinwüchsigen Hunden die ­Knochenmasse in Relation zur Gesamtkörpermasse reduziert (MUIR, 1997), was kleine Hunde anfällig für Knochenbrüche macht.

Hündinnen und Mischlinge leben länger
Neben der Größe gibt es übrigens noch zwei interessante Faktoren, die lebensverlängernd wirken. In der bereits erwähnten Studie beim Leonberger (ZAMINER, 2011) war eine signifikant längere Lebensdauer bei den Hündinnen zu beobachten. Diese lebten im Schnitt etwa ein halbes Jahr länger. Dieser Vorteil des weiblichen Geschlechts in Bezug auf die Lebenserwartung ist auch vom Menschen gut bekannt und beruht u.a. auf der Wirkung von Östrogen. Das weib­liche Geschlechtshormon hat nämlich neben seiner Aufgabe bei der Fortpflanzung noch eine Reihe anderer Wirkungen u.a. im Bereich des Herz-Kreislaufsystems, des Knochenstoffwechsels und des Immunsystems. Insbesondere hat Östrogen offensichtlich auch einen Einfluss auf die Telomerenlänge. Eine Studie aus der Universität von Utah zeigte, dass die Telomere von Frauen im Schnitt etwa 3,5% länger sind. Wie wirkungsvoll dieser Östrogeneffekt in der Praxis sein kann, zeigt eine Untersuchung in einer Rottweiler­population (WATERS et al., 2011). Die durchschnittliche Lebenserwartung in dieser Population lag bei etwa 9 Jahren. Es gab aber eine Gruppe von Hündinnen, die auffallend älter wurden. Die Hündinnen dieser Gruppe erreichten alle ein Lebensalter von mehr als 13 Jahren. Um herauszufinden, welche Faktoren für diese ungewöhnlich lange Lebensdauer verantwortlich waren, wurde u. a. geprüft, wie lange die Hündinnen der extrem alten Gruppe intakt, also nicht kastriert waren. Dabei zeigte sich, dass die extrem alten Hündinnen im Schnitt länger unter Östrogen­einfluss gewesen waren als die mit der rassetypisch kürzeren Lebensspanne. Hündinnen, die erst im Alter zwischen 6 und 8 Jahren kastriert worden waren, hatten eine etwa dreimal so große Chance ein ungewöhnlich hohes Alter zu erreichen als die früher kastrierten.

Mischlinge leben länger
Ein weiterer Faktor, der die Lebenserwartung beim Hund nachgewiesenermaßen günstig beeinflusst, ist die Zugehörigkeit zu der Gruppe der Mischlinge. Es gibt zahlreiche ­Studien, die bestätigen, dass Mischlinge im Schnitt etwa ein Jahr länger leben. Dieser Vorteil der Mischlinge zeigt sich auch, wenn man Hunde verschiedener Größenklassen miteinander vergleicht. So haben in allen Größenklassen die Mischlinge die Nase vorne, wenn es um die Lebenserwartung geht ­(PATRONEK et al., 1997).

Die besten Chancen auf ein hohes Lebensalter haben also kleine un­kastrierte ­Mischlingshündinnen. Aber auch wenn man größere Rassehunde bevorzugt, zeigen die Erkenntnisse im Zusammenhang mit der Lebenserwartung, dass früher Tod kein unabwendbares Schicksal großer Hunde­rassen ist. Bei Verzicht auf extreme Größe und konsequenter Selektion gegen Erkrankungen wie Krebs und Herzkrankheiten sowie gegen solche Krankheiten, die die Bewegungsmöglichkeiten der Hunde vorüber­gehend oder dauernd beeinträchtigen, haben auch Hunde größerer Rassen die Chance auf ein längeres, gesundes Leben.

Zuchtmaßnahmen
Weitere Maßnahmen zur züchterischen Verbesserung der Lebenserwartung bieten die Möglichkeiten der modernen Reproduktionsmedizin. Der bevorzugte Zuchteinsatz alter gesunder Hunde wäre zwar ein sinnvoller Weg zur direkten Selektion auf Langlebigkeit, dem aber einige Argumente aus praktischer Sicht entgegenstehen. Speziell die nachlassende Fruchtbarkeit im höheren Alter spricht gegen diesen Weg als alleinige Maßnahme. Dennoch ist der Zuchteinsatz eines älteren gesunden Rüden, bei dem allenfalls das Sperma vorab auf ausreichende Befruchtungsfähigkeit untersucht wurde, im Einzelfall eine begrüßenswerte Maßnahme.

Ein anderer Weg wäre es, von jüngeren Rüden, die grundsätzlich die Anforderungen für einen Zuchteinsatz erfüllen, Sperma zu konservieren. Zeigt sich, dass ein Rüde gesund ein hohes Lebensalter erreicht hat, lässt sich sein Sperma auch noch nach seinem Tod zur Verbesserung der Lebenserwartung der Rasse ein­setzen.

Und letztlich wären auch Überlegungen zur Erweiterung der genetischen Varianz durch Einkreuzungen eine Möglichkeit die allgemeine Fitness einer Rassepopulation zu verbessern. Zu diesem Thema folgt im nächsten Heft ein ausführlicher Artikel.

Ein langes Hundeleben mit einer langen Periode von Gesundheit und Wohlbefinden wäre es wohl wert alle Möglichkeiten auszuschöpfen, dies zu erreichen.

HINTERGRUND

Lebensverlängernde Mutation
Dass Mutationen im IGF-1-Gen einen lebensverlängernden Effekt haben können, ist erstmals bei einem der Lieblingshaustiere der Genetiker, dem Fadenwurm »Caenorhabditis elegans« festgestellt worden. Wenn diese Tierchen eine bestimmte Mutation des IGF-1-Gens tragen, können sie fast doppelt so lange leben wie ihre Artgenossen, die das Wildgen tragen (LIN et al., 2001). Ein Zusammenhang zwischen Muta­tionen im IGF-1 Gen und zum Teil ­extremer Langlebigkeit ist aber auch von anderen Spezies wie ­Drosophila, Mäusen und auch vom Menschen bekannt. So sind bei Mäusen eine Reihe von Mutationen im Umfeld von Somatotropin und IGF-1 bekannt, die alle zu einer mehr oder weniger starken Reduktion der Körpergröße und gleichzeitig zu einer in Einzelfällen extremen Verlängerung der Lebensspanne führen (BARTKE, 2011). Dabei wird durch die entsprechenden Mutationen nicht nur die Gesamtlebenszeit verlängert, auch der Alterungsprozess wird verlangsamt und die Zeitdauer der Gesundheit wird positiv beeinflusst. Ein langes gesundes Leben hat somit eine wesentliche Basis in einer genetisch bedingten Knappheit an IGF-1.

ZITIERTE LITERATUR:

■  Adams, V.J. et al. (2010): Methods and mortality results of a health survey of purebred dogs in the UK.Journal of Small Animal Practice 51, page 512-524.
■  Bartke,A. (2011) Single-gene mutations and healthy ageing in mammals. Phil. Trans. R. Soc. B (2011) 366, 28–34
■  Chandrashekar, V. (2004): The Consequences of Altered Somatotropic System on Reproduction. Biology of Reproduction 71, 17–27 (2004)
■  Cherkas, L.F. et al. (2008): The Association Between Physical Activity in Leisure Time and Leukocyte Telomere Length. Arch. Intern. Med. 168, 154-158
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■  Muir, P, (1997): Distal ­antebrachial fractures in toy-breed dogs. ­Compendium of Continuing Education for the Practicing Veterinarian 19: 137–145
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■  Zaminer, A, (2011): Leonberger – Assoziation zwischen Inzucht­koeffizienten und Wurfgröße sowie Situation zur Lebenserwartung (Diplomarbeit Veterinärmedizinische Universität Wien)

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