(Weit)Wandern mit Hund: Infos und praktische Tipps für Zwei- und Vierbeiner

Von Romy Robst

Es ist die schönste Nebensache der Welt, gemeinsam im Rudel durch die Natur zu streifen. Noch mehr Spaß als lange Gassi-Runden machen nur mehrtägige Wanderungen. In diesem Artikel erhalten Sie Tipps, wie Weitwanderungen mit Hund gelingen.

Während mein braun-weißer Herzenshund gemütlich auf dem Sofa döst, schleiche ich mich auf Socken die Treppe hinauf und öffne leise den Spiegelschrank, in dem sich mein grüner Wanderrucksack befindet. Mir gelingt es, diesen ohne Geräusch herauszufischen – doch beim Schließen der Schranktür ist es plötzlich da. Das verräterische Quietschen der Tür. Als ich wieder im Wohnzimmer ankomme, hat meine Hündin Lotte ihren Mittagsschlaf beendet und schaut mich mit gespitzten Ohren, leuchtenden Augen und leicht schiefem Kopf an. Also, genau genommen mustert sie nicht mich, sondern den grünen Rucksack in meiner Hand. »Das war es«, denke ich. Den Rucksack werde ich nun definitiv nicht mehr in Ruhe packen können. Ich werde Recht behalten. Ab dem Moment, als ich den Wanderrucksack auf den Stuhl stelle, habe ich einen Schatten. Treppe hoch, Treppe runter, von der Küche zurück ins Wohnzimmer und ins Schlafzimmer zum Kleiderschrank – dicht hinter mir vernehme ich stets das Klappern von Hundepfoten auf dem Parkett. Meine treue Begleiterin wird mich ab jetzt keinen Millimeter mehr aus den Augen lassen. Viel zu groß ist ihre Vorfreude auf das, was uns bevorsteht.

Meine fellige Sportskanone und ich sind jedes Jahr mehr als 1600 Kilometer zu Fuß unterwegs. Oft nur wir beide und eben dieser grüne, mittlerweile ziemlich ramponierte Rucksack. Wir wandern von Ort zu Ort, von Hütte zu Hütte und manchmal auch von den Bergen bis ans Meer. Mal schlafen wir in einer Pension, mal in einer Berghütte und manchmal auch im Zelt. Alles, was wir in dieser Zeit brauchen, passt in diesen Rucksack. Kein Wunder, dass Lotte ganz genau weiß, was dieser Rucksack auf dem Stuhl im Wohnzimmer bedeutet. Für sie ist es der Inbegriff von Freiheit, Abenteuer und gemeinsamer Zeit draußen in der Natur. Für mich steht er für Minimalismus. Auch auf unserer mit 8 Wochen längsten Tour passte alles, was wir brauchten, in diesen 48-Liter Rucksack. In Kilo ausgedrückt: 10 Kilo wiegt er. Gepackt versteht sich. Das können auch mal zwei, drei mehr sein, wenn wir ein Zelt dabeihaben, aber auch mal zwei, drei weniger, wenn wir eine mehrtägige Tour in Deutschland planen. Das geringe Rucksackgewicht ist nicht nur körperlich befreiend, sondern auch mental. Was brauche ich mehr als ein paar Klamotten, etwas zu Essen und den Hund an meiner Seite?

Langeweile? Fehlanzeige, denn die Natur draußen – egal ob im Wald, auf dem Berg oder an der Küste – ist unglaublich unterhaltsam. Die ganztägige Bewegung macht uns am Ende des Tages so müde, dass wir mehr als eine warme Schlafunterlage nicht brauchen. Wer zu zweit unterwegs ist, wird schnell feststellen, dass Wanderungen in der Natur auch äußerst anregend sein können und ein Gespräch oder ein Gesellschaftsspiel viel mehr Freude bringen als ein Fernsehabend.

Zum Start reichen ein paar Tage
Freilich, zwei Monate muss niemand unterwegs sein, um dieses tolle Gefühl von körperlicher Erschöpfung, Zufriedenheit und emotionaler Fülle an Naturerlebnissen zu spüren. Das stellt sich auch bei dreitägigen Wanderungen ein. Denn im Gegensatz zu normalen Urlauben, wo es meist ein paar Tage braucht, um vom Alltag abschalten zu können, gelingt das bei Weitwanderungen sozusagen mit dem ersten Schritt. Wenn Pfoten und Wanderschuhe auf federnden Waldböden oder über schroffes Gestein gehen, die Ohren dem Konzert der Vögel lauschen und feuchte Hundenasen Spuren von wilden Tieren wittern, ist das wie ein Szenenwechsel zum hektischen Alltag. Angst, nicht den zum Leistungsvermögen passenden Weg zu finden, braucht niemand zu haben. Unter den mehr als 100 Weitwanderwegen in Deutschland gibt es auch für Anfänger und weniger Geübte genügend Auswahl. Nahezu in jedem deutschen Mittelgebirge gibt es kurze, einfache Weitwanderwege. Sie sind in der Regel gut markiert und es gibt ausreichend Informationen in Wanderbüchern oder dem Internet. Verlaufen unmöglich.

Der Försterstieg im Harz, der Albsteig im Schwarzwald oder der Soonwaldsteig in Rheinland-Pfalz können an einem verlängerten Wochenende erwandert werden. Aus längeren Weitwanderwegen picken sich Einsteiger am besten ein paar Etappen heraus. So kommen auch der Rothaarsteig im Rothaargebirge, der Heidschnuckenweg in Norddeutschland, der Rennsteig in Thüringen oder der Saar-Hunsrück-Steig in Rheinland-Pfalz in Frage. Sie sind technisch einfach und mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar, sodass sich die Rückfahrt zum Ausgangspunkt gut ­organisieren lässt.

Anspruchsvoller sind Hüttentouren durch die Alpen. Bevor sich das Rudel auf einen solchen Weg macht, sollte der Rudelführer über Tagestouren einzuschätzen versuchen, wie viel er selbst und sein vierbeiniger Begleiter leisten können. Hier gilt es vielmehr auf Höhenmeter als auf Strecke zu achten, denn auch wenn man im ­Flachland ohne Probleme 30 Kilometer läuft, man kann im Hochgebirge an der Hälfte scheitern.

Welche Hunde sind geeignet?
Ob klein oder groß, kurzhaarig oder lockig, beige oder braun – unsere Hunde sind so vielseitig wie wir. Und ihnen tut Bewegung an der frischen Luft genauso gut wie uns. Daher kann grundsätzlich jeder Hund mit auf eine mehrtägige Wanderung, sofern es der Gesundheitszustand erlaubt. Unter den Hunden gibt es aber Unterschiede, die Herrchen oder Frauchen bei der Auswahl des Weges und der Planung der einzelnen Tagesetappe berücksichtigen müssen. So sind auch unter den besten Freunden des Menschen Bergziegen, Ausdauerläufer und Couchpotatos. Daher sollte die ausgewählte Route auch zum Hund passen. Ein kleiner Hund wie ein Zwergpinscher lässt sich vielleicht zwischendurch auch mal tragen, wenn die Strecke zu lang wird. Einen großen, schweren Hund á la Bernhardiner kann man beim Bergwandern bei steilen Stufen nicht unterstützen, es sei denn, man ist Hulk. Hunde mit kurzen Nasen wie der Mops kommen bei heißem Wetter oder steilen Steigungen an ihre Grenzen, während der Jagdhund einen nie enden wollenden Bewegungsdrang hat. Ein Hochleistungshund wie ein Husky braucht wiederum auch bei den kältesten Temperaturen und längsten Strecken keine Hilfe.

Nicht mit auf Weitwanderungen dürfen junge Hunde, die noch nicht ausgewachsen sind, denn eine Überbelastung kann einen dauerhaften Schaden an Gelenken verursachen. Wann ein Hund ausgewachsen ist, hängt von der Rasse ab. Ein ­Tierarzt kann grünes Licht geben.

Anfangs plant man lieber defensiver, denn gerade auf der allerersten Mehrtagestour ist übertriebener Ehrgeiz fehl am Platze. Die vielen fremden Eindrücke, verschiedensten Gerüche und die ungewohnte Bewegung können Hunde auch mental überfordern. Hundebesitzer ­sollten vor allem ehrlich mit sich sein, wenn sie das Leistungsvermögen des Hundes einschätzen. Drei Mal am Tag eine kurze »Runde um den Block« bringt keine konditionsstarken Hunde hervor. Dann sind kurze Tagesetappen bis zu zehn Kilometer besser oder man trainiert vorher an den Wochenenden die Kondition. Vor allem bei Wanderungen in den Alpen kommen auch technische Hürden dazu. Eine plötzlich auftauchende Eisenleiter, eine ausgesetzte Passage oder ein Schneefeld mitten im Sommer stellen ungeübte Hund-Mensch-Seilschaften vor unüberwindbare Probleme. Durch eine gute Recherche mit Karte, Wanderführer und im Internet können einige dieser Fallstricke vermieden werden. Wenn alles nichts geholfen hat und man mit Hund vor einer unüberwindbaren Hürde steht, dann ist es vielmehr eine Stärke als eine Schwäche, umzudrehen. Der Wille zur Umkehr gehört in jeden Wanderrucksack.

Leine los – das muss der Hund können
Ein gehorsamer Hund, der nicht an der Leine zieht, nicht jagt, freundlich zu anderen Menschen ist und bei Freilauf immer in der Nähe bleibt, ist der perfekte Wanderbegleiter. Mit ihm steht einer entspannten Tour nichts im Weg. Aber auch wenn der Hund kein absoluter Perfektionist ist, kann man gemeinsam Freude an einer Tour haben. Weitwanderwege im Mittelgebirge sollte man dann schwierigen Touren in den Alpen vorziehen. Ein gewisser Grundgehorsam darf natürlich auch hier nicht fehlen. Sitz oder Platz, ein funktionierender Rückruf und Leinenführigkeit sind die wichtigsten Voraussetzungen.

Wer schwierige Wege in alpinem Gelände mit seinem felligen Begleiter meistern will, sollte vorher auch das absolute Vertrauen seines Hundes gewonnen haben. Nur so lassen sich schwere Wege, bei denen der Hund vielleicht ein Stück getragen werden muss oder er seine Angst bei ausgesetzten Passagen überwinden muss, bewältigen. In extremen Fällen lässt sich der Hund gar entspannt an einer langen Leine abseilen.
Apropos Leine: Wer das erste Mal im Rudel auf große Wanderschaft geht, weiß nicht so recht, was da auf ihn zukommt. Das geht dem Hund genauso. Gerade bei jungen, unerfahrenen Hunden ist die Gefahr groß, dass sie am Anfang von einer normalen Gassi-Runde ausgehen und jeden Kilometer doppelt, dreifach oder gar vierfach laufen, weil sie ständig umkehren, einen Bogen laufen oder herumtollen. Dann ist eine Leine, bis sich die erste Müdigkeit einstellt, extrem sinnvoll, um übermäßige Verausgabung zu vermeiden. Spätestens am dritten Tag einer mehrtägigen Wanderung wird der Hund begriffen haben, dass er besser seine Kräfte schont. Bis dahin darf man ihm gern in Form einer Leine dabei helfen es zu verstehen.

Aufs Gewicht kommt’s an
Eine Woche mit dem Rucksack auf dem Rücken kann für Frauchen oder Herrchen aber auch furchtbar anstrengend sein. Nämlich dann, wenn man sich zu Hause beim Packen des Rucksacks nicht hat von den überflüssigen Sachen trennen können. Das ist auch ganz normal, denn bei den ersten Touren ist das Gepäck fast immer viel zu schwer. Das ist ein Prozess, den man nur mit Übung optimieren kann. Eine Faustregel besagt, dass nicht mehr als 20 Prozent des eigenen Körpergewichts auf den Schultern lasten sollte, besser sind 10 Prozent. Diese Richtwerte sollte jeder für sich selbst überprüfen, denn auch beim Gewicht auf dem Rücken gibt es eine Komfortzone. Schon mit ein, zwei Kilo mehr kann Weitwandern zur Quälerei werden.

Wir packen daher immer nur das absolut Nötigste auf unseren Weitwanderungen ein: Einen Satz Wechselkleidung, Regenjacke, ein kleines Erste Hilfe-Set, wenig Kosmetik und natürlich Hundesachen für Lotte (siehe Infokasten). Dazu kommt eine Wanderkarte, ggfls. ein Wanderführer und Verpflegung für die Mittagspause. Wer gerne liest, sollte über einen E-Reader nachdencken. Diese sind leicht und es passen Bücher für viele Wochen drauf. Das minimalistische Packen eines Trekking-Rucksacks ist anfangs schwer, zahlt sich aber bei jedem Schritt, der sich beschwingt gehen lässt, doppelt aus. So lässt sich das von Ort zu Ort wandern, über Bergpässe gehen, vielleicht sogar über eine Ländergrenze schreiten, richtig genießen. Und wer erst einmal dem Weitwandervirus erlegen ist, hat irgendwann wie wir einen ramponierten Rucksack im Schrank, der, wenn er im Wohnzimmer packbereit steht, für leuchtende Hundeaugen sorgt.

Verhalten bei tierischen Begegnungen

Insbesondere in den Alpen, aber auch hin und wieder im Mittelgebirge oder im Flachland, kommt es zu Begegnungen mit anderen Tieren. Vor allem Kontakte mit Nutztierherden sind keine Seltenheit. Egal, ob man auf freilaufende Heidschnucken in der Heide trifft oder eine Kuhweide in den Alpen quert, Hunde müssen dann immer an die Leine. In der Regel verlaufen Kontakte mit Ziegen oder Schafen problemlos. Bei Kühen, insbesondere wenn sie Jungtiere haben, ist Wachsamkeit angezeigt. Es kommt immer mal wieder zu Angriffen von Kühen auf Hunde. An diese Tipps sollte man sich als Wanderer mit Hund halten:

• Mutterkuhherden, sofern möglich, umgehen. Zur Not auch abseits der Wege.
• Den Hund an der kurzen Leine, abgewandt von den Kühen oder in der Mitte der Gruppe führen.
• Die Leine locker in der Hand halten. Im Notfall den Hund loslassen, er ist schneller als die Kühe.
• Dafür sorgen, dass sich der Hund ruhig verhält.

Checkliste – das muss für den Hund mit!

Geschirr: Je nach Schwierigkeitsgrad der Wege reicht ein normales Hundegeschirr, bei schwierigeren alpinen Wanderungen eines mit Hinterbeinschlaufen. Ein Tragegriff erleichtert das Heben des Hundes über steile Stufen. Für alpines Gelände Wert auf hochwertige Verarbeitung ohne Plastikverschlüsse legen.

Leine: Für Mittelgebirge reicht die Alltagsleine, bei alpinen Wanderungen auf eine gut verarbeitete, reißfeste Leine mit Karabiner achten. Hier hat die rissige, schon 10 Jahre alte Lederleine nichts zu suchen.

Wetterschutz: Bei widrigen Wetterbedingungen sind die meisten Hunde für einen Schutz dankbar. Uns begleiten ja keine Wölfe, deren Haut eine ganz andere Fett-Schutz-Schicht hat, sondern Haushunde, die den Großteil ihres Lebens drinnen verbringen. Alte Hunde frieren schneller. Daher gehört mindestens ein Regenmantel in den Rucksack, bei empfindlichen Vertretern auch ein Fleece.

Wanderschuhe: Der normale Hund, der auch im Alltag viel unterwegs sein darf, braucht diese Ausrüstung im Regelfall nicht. Bei langen Touren über scharfkantiges alpines Gelände ist Pfotenschutz, sogenannte Booties, sinnvoll. Ebenso wie bei Hunden mit extrem empfindlichen Pfötchen. Helfen auch bei Verletzungen am Ballen!

Hunde-Apotheke: Neben »persönlichen« Medikamenten, gehören hinein: Fixierbinde, Pfotenverband, Zeckenzange, Desinfektionsspray. Auch homöopathische Medikamente wie Arnika gegen Muskelkater und Verstauchungen bieten sich an. Es gibt im Handel spezielle Komplett-Sets.

Kuschellager: Nach einer langen Tour mag’s der Hund bequem. Eine Schaumstoff-Isomatte, die auf die richtige Größe zugeschnitten nur ein paar Gramm wiegt, sollte unbedingt mit. Bei Frostbeulen kann auch ein Schlafsack für Hunde sinnvoll sein.

Für den Hunger unterwegs: Bei kurzen Touren füttert man das normale Futter weiter, bei längeren lohnt sich ggfls. eine Futterumstellung auf ein leichtes und hochkalorisches Futter. Trockenfutter ist leichter als Nassfutter. Spezielles, getrocknetes und/oder gepresstes Futter spart durch den Wasserentzug ¾ des Gewichts ein. Als Napf reicht eine leichte Tupperdose, die auch als Trinknapf genutzt werden kann.

Trinknapf: Ein Faltnapf spart Platz im Rucksack und ist schnell zur Hand. Ein halber Liter Wasser sollte tagsüber für den Hund immer dabei sein.

 

Das könnte Sie auch interessieren: