Von Möpsen und Menschen

Von Dr. Daniel Josten

Einst ein regelrechtes Luxusgeschöpf – gehalten als Schoßhund in adeligen Kreisen – erfreut sich der Freizeitpartner Mops ­heute besonders in städtischen Gegenden einiger Beliebtheit. In den 1970er Jahren landeten Möpse bei der Einteilung der Hunde nach ihrem Gebrauchszweck anlässlich von Ausstellungen in der Sparte Haushunde, so wie die meisten anderen Kleinhunde, etwa ­Pekingesen, Zwergpudel und -spitze. Die internationalen Hüter der Zuchtstandards sehen im Mops heute einen Gesellschaftshund, der keine Arbeitsprüfung zu absolvieren braucht. Am Beginn des 20. Jahrhunderts sprach die Fachliteratur in Zusammenhang mit Mops, Seidenspitz, Malteser und anderen noch von kleinen ­„Luxus-“ beziehungsweise „Damenhunden“.

Von Menschen, die sich Möpse nannten: Unter dem Tarn­namen Mopsorden entstand circa 1740 eine Freimaurerloge. Die Tarnung war erforderlich, weil Papst Clemens XII (1652 - 1740) die Freimaurerei geächtet hatte. Clemens August von Bayern (1700 - 1761), Erzbischof von Köln und Kurfürst, gilt als Begründer des Mopsordens, über dessen – offiziellen – Zweck Pierers Universal-Lexikon der Vergangenheit und Gegenwart (erschienen zwischen 1857 und 1865) zu berichten weiß, dass der Kurfürst ihn ­„gewissermaßen als Schadloshaltung stiftete u. als ein Freund der Damen besonders für deren Interesse einrichtete. Feste in gewählter Gesellschaft und Almosen­erteilen waren die Arbeiten.“ 1861 erinnerte sich ein Freimaurer in einer Denkschrift an den Zusammenschluss: „Der Mops der erz­bischöflichen Favoritmaitresse hat dem Bunde den Namen leihen müssen. Dieser Bund war im leichtfertigen Sinne der Zeit und des erzbischöflichen Hofes zugleich Hohn gegen den Papst und gegen die Maurerei, eine Aftermaurerei für die leichtfertigen Feste des Hofes, an denen männliche und weibliche Mitglieder ‚Möpse und Möpsinnen‘ Theil nahmen, während der Erzbischof als ‚Großmops‘ den Vorsitz führte und den Ton angab. Er fand vielerorts Nachahmung, bis er im Sturm der Revolution dem Ernste der Ereignisse weichen musste.“

Erste Hundezuchtbücher
1883 entschloss man sich in Wien zur Einführung eines Hundestammbuchs für Österreich. Großbritannien hatte bereits seit 1859 und Deutschland seit 1880 ein derartiges Register vorzuweisen. In den Regeln für das österreichische Verzeichnis taucht der Mops unter den nicht jagenden Rassen auf. Damals war der Mops als Begleithund in Europa bereits seit langem wohlbekannt. Das Verhältnis zwischen Mensch und Hund veränderte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts peu à peu. Es kam eine erste Tendenz der Verzärtelung und Vermenschlichung von Hunden auf. Der englische Adel entwickelte ein ausgesprochenes Interesse an der Zucht von Rassehunden und in zunehmendem Maße der Schaffung ausgesprochener ­Luxushunde ohne Aufgaben im Sinne einer Nutzen­erfüllung bei der mensch­lichen Arbeit. Sie wurden zunächst allerdings meist noch weniger aus ­Sentimentalität angeschafft, sondern stellten eher Statussymbole höher gestellter Kreise dar.

Die im vorletzten Jahrhundert bei den Hoheiten einsetzende Tendenz zur Sentimentalisierung des Verhältnisses zum Hund ist mittlerweile zum allgemeinen Phänomen sämtlicher Gesellschaftsschichten geworden.

In unserer Zeit erfüllen besonders kleine Gesellschaftshunde wie Mops & Co. zunehmend soziale Funktionen. Psychologische Tests haben gezeigt, dass die Beziehung zwischen Mensch und Hund jener zwischen Eltern und Kindern sehr ähnelt. Weiteren Studien zufolge kann unter anderem die Anhänglichkeit der Hunde das Selbstwertgefühl steigern; als Sozialpartner können sie stabilisierend wirken oder die Fähigkeit der Kontaktaufnahme zu anderen Menschen verbessern – etwa wenn sie auf Spaziergängen den Gesprächseinstieg erleichtern.

Mops-Spuren in Sprache und Kunst
Der auf einige verdrossen wirkende Gesichtsausdruck der Tiere ­handelte ihnen ihren Namen ein: Um 1706 wurde „Mops“ vom niederdeutschen „mops“ ins Hochdeutsche übernommen. Über das ältere ­niederländische „moppen“ (eine missmutige Miene machen) und das englische „mop“ (Fratze schneiden, verzerrtes Gesicht), lässt sich die Bezeichnung bis zum germanischen „mup“ (Fratze schneiden, Gesicht verziehen) zurückverfolgen.

Die gesellschaftliche Stellung der Möpse, die sich ihr Futter nicht erst durch erbrachte Leistungen bei der Arbeit verdienen mussten, klingt verschiedentlich in der Sprachverwendung mit an: Im Rotwelschen, so bemerkt Ludwig Günther 1919 in seinem Buch „Die deutsche Gaunersprache“, steht das Wort „Möpse“ für Geld, in Erinnerung an die bei vornehmen Reichen besonders beliebten Hunde. Ebenso besteht dieser Bezug zum Wort „mopsen“ für „klauen“. „Lebe glücklich, lebe froh, wie der Mops im Paletot!“ heißt es um 1870 in einem Stammbuchvers. Der Mops galt nämlich oft als fröhliches Tier, wahrscheinlich, da in ihm als purem Schoßhund, der weder bewachen noch jagen musste, die Beschaulichkeit eines von Arbeit freien Lebens aufschien – darum auch der Ausdruck „mopsfidel“.

Während man noch heutzutage im deutschen Sprachraum von „Mops“, im Niederländischen von „Mopshond“ spricht, heißt er im Spanischen „doguillo“ oder „carlino“, im Französischen „carlin“. Dieser Ausdruck geht zurück auf Carlo Antonio ­Bertinazzi (1710 - 1783), der unter dem Künstler­namen „Carlin“ als Schauspieler der Commedia dell`arte berühmt wurde. In dieser Art des, seit Anfang des 16. Jahrhunderts aufgekommenen, Volkstheaters trat häufig ein kostümierter Mops auf und gab Kunststückchen zum Besten.
Die bildenden Künste machten den Mops in Europa vielfach zu ihrem Gegenstand. Bekannt ist etwa eine Zeichnung von Antonio Pisanello (1395-1455) aus dem 15. Jahrhundert, die einen mopsähnlichen Hund zeigt. Als dann schließlich im 18. Jahrhundert im höfischen Rokoko der Chinoiserie genannte Trend zur Nachahmung chinesischen Zierrats aufkam und Möpse an fürstlichen Höfen weit verbreitet waren, entstand etliches aus Porzellan und Edelmetall im Mopsdesign, zum Beispiel Tabakspfeifen oder Pralinengeschirr. In der Bildhauerei finden wir das Motiv 1840 bei dem Künstler Pierre Louis Rouillard (1820 - 1881) im Werk „Kampf eines Mopses mit einer Katze“. Der spätere Ritter eines französischen Verdienstordens der Ehrenlegion war vor allen Dingen für seine naturnahe Dar­stellungsweise bekannt.

Aus China
Die moderne Form des heutigen Mopses stammt aus England. Einig ist man sich weitgehend darin, dass seine Vorfahren aus ­China stammen. Und ab hier wird es spekulativ, denn unklar bleibt, wie er nach Europa gekommen ist. Mitunter wird die Vermutung geäußert, er sei möglicherweise schon auf der seit dem zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung frequentierten Handelsroute, der Seidenstraße, gereist. Häufiger heißt es aber, niederländische Seefahrer hätten ihn wohl im 16. Jahrhundert mitgebracht. Zumindest war Wilhelm von Nassau-Dillenburg (1533 - 1584) – seines Zeichens Fürst von ­Oranien – Mopsbesitzer und von einem ­solchen Tier sogar einmal durch Bellen gewarnt und dadurch gerettet worden, weshalb dieses Adelsgeschlecht sich ­dieser Hunderasse von da an besonders verbunden fühlte. Sein Nachfahre Wilhelm III. (1650-1702) brachte 1688 zahlreiche dieser Hunde nach England mit.

Bereits die chinesischen Ahnen der Möpse wurden im Auftrag von ­Monarchen gezüchtet. Die als kostbar geltenden Palasthunde wurden häufig als Geschenke an andere Adlige ­weitergereicht. Quellen aus China erwähnen bereits sehr lange vor unserer Zeitrechnung „Lo-chi-ang-sze“ beziehungsweise „Lo-sze“ benannte Hunde, die als die Ahnen des Mopses gelten. Erwähnt wird die Rasse in Schriften auch um das Jahr 950. Sie geben bereits recht genaue Beschreibungen zur Hundezucht, die am chinesischen Hofe sehr ernst genommen und mit wettbewerbsmäßigem Eifer betrieben wurde. Bekannt ist, dass Kaiser T‘ai Tsung (Sung-Dynastie, 960-1279) im Jahr 990 einen „Lo-chi-ang-sze“ erhielt. Diese Hunderasse blieb in China mindestens bis 1914 erhalten.

Mops-Eigenschaften
Das Idealgewicht dieser doggenähnlichen Hunde liegt bei 6,3-8,1 Kilogramm. Die Schulterhöhe beträgt bis zu 35 Zentimeter. Die ­Fellfarbe ­variiert von schwarz über silber und apricot bis hin zu hellfalb mit schwarzer Maske und Aalstrich. Der Pflegeaufwand ist etwas höher. Besonders der Augenbereich und die Nasenrunzeln verlangen entsprechende Aufmerksamkeit. Das Fell ist jedoch – wenngleich die Tiere stark haaren – recht pflegeleicht.

Fremden gegenüber sollen Möpse eher zurückhaltend sein, ihrer Bezugsperson aber stets treue Begleiter. Der Mops gilt als mäßig temperament­voll, clever und nicht aggressiv, stets guter Laune, dem Menschen prinzipiell zugewandt, und dennoch hat er seinen eigenen Kopf. So in etwa wird der Charakter der Hunde heutzutage beschrieben. Anders war das noch im 19. Jahrhundert: Pierers Universal-Lexikon (1857 – 1865) berichtet, es sei „der dümmste unter allen Hunden, falsch u. bösartig gegen Fremde, viel bellend u. knurrend, oft von Krank­heiten geplagt“ und Meyers Konversationslexikon (1885 - 1892) spricht von einem „misstrauischen, mürrischen“ Tier. Das Brockhaus‘ Konversationslexikon (1894 - 1896) weist überdies darauf hin, dass Geruchs- und Sehsinn bei „Rassen, welche sich vollständig an das Schmarotzertum beim Menschen gewöhnt haben, wie Möpse, Seidenpinscher u.s.w., … in viel geringerem Grade ausgebildet … sind.“

Mops-Trends und Trend-Möpse
Erwähnt Pierers Universal-Lexikon um die Mitte des 19. Jahrhunderts noch wie beiläufig, dass der „Mops … übrigens fast ausgestorben“ sei, kann Meyers Konversationslexikon gegen Ende des Jahrhunderts schon wieder sagen: „der Mops … ist in neuester Zeit wieder in die Mode gekommen“.
Diese Aussage klingt fast schon wieder aktuell. Besonders in großen Städten sind die Tiere seit einigen Jahren nämlich häufig anzutreffen. Einer nach Angaben des Verbandes für das deutsche Hundewesen (VDH) zusammengestellten Liste der beliebtesten Hunde zufolge, rangierte der Mops in Deutschland 2011 auf Platz 31. Mit 545 registrierten Welpen dieser Rasse im Jahr 2012 ist ihre Zahl gegenüber anderen jedoch recht gering, etwa im Vergleich zum Dackel mit 6200 oder Schäferhund mit 12800.

Leider ist auch der Mops ein Exempel für gesundheitsschädliche Moden in der Hundezucht. Im Laufe der Zeit wurde vor allem die Schnauze immer kürzer, die Augen größer. Tierärzte berichten, dass Möpse besonders oft einer aufwändigen Behandlung bedürfen. Kritiker sprechen beim Mops von Qualzucht, da typische ­Probleme – wie zum Beispiel Augenleiden, ­Wasserkopf oder Atemnot – häufig auftreten. Mittlerweile zeichnet sich aber zaghaft ein Gegentrend ab und es gibt Bemühungen, dem Mops ­seine Nase zurückzugeben und wieder ­fittere Tiere zu züchten.

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