Von Canigrapschern, Kynotatschern …

Von Maximilian Pisacane

… und anderen Hunde-Belästigungen

Stellen Sie sich vor, Sie spazieren durch die Stadt und alle paar Minuten streicht Ihnen jemand Fremder durchs Haar. Ganz einfach, weil Sie ihm gefallen oder weil er auf Blonde steht. Das gefällt Ihnen? Nein? Eben – und vielen Hunden gefällt es auch nicht, wenn sie von Canigrapschern und Kynotatschern befummelt werden.

Schön, das Schlendern von Baum zu Baum beim Gassigang … Mein kleiner Rico ist relaxt, ich bin es auch. So könnte es unseretwegen weitergehen. ABER DANN: Ein Schnalzen … ich drehe mich um und spüre gleichzeitig wie meine Stimmung kippt. Eben war alles noch in Ordnung, plötzlich bin ich angespannt – nahezu ­gleichzeitig, überträgt sich meine Stimmung auf ­meinen kleinen Doggen-Wookiee (er spricht zuweilen wie der Wookiee ­Chewbacca aus Star Wars). Ich bleibe stehen und schenke dem Schnalzer einen langen finsteren und genervten Blick – das wirkt. Den Trick hab‘ ich mir schon als Kind von Hunden abgeschaut. Und by the way: Ich bin sehr stolz darauf, dass Rico ebenfalls nur mit einem Blick auf solche Leute reagiert (wenngleich nicht so finster wie meiner, seiner sagt mit gerunzelter Strin eher: „Was willst du denn, Menschlein …?“) und nicht direkt darauf zu läuft.

Wer kennt das nicht bei seinen Gassigängen? Vorbeilaufende Passanten, die ihre Begeisterung für Hunde mit Lockrufen zum Ausdruck bringen und nicht unterdrücken. Bei Hunden würde man wohl Impulskontrolle trainieren. Sie meinen es ja nicht böse …aber sie wissen eben auch nicht, was sie tun. Den ein oder anderen erträgt man ja noch, aber spätestens beim zehnten Pfiff oder Schnalzer ist wohl jeder menschliche Hundepartner (und auch so mancher Vierbeiner) entnervt. Und nicht jeder Hund reagiert darauf ja so wie mein kleines Döggelchen. So mancher fängt dann an zu ziehen oder auch zu bellen. Aber so langfristig scheinen solche Leute nicht zu denken – ist ja dann auch das Problem des Halters. Sehr rücksichtsvoll und vorausschauend … 😉

Nicht selten wird erst gefragt, ob der Hund beißt, wenn die Hand schon am Fell ist. Solchen Canigrapschern und Kynotatschern antworte ich meist mit dem Spruch: „Der beißt nicht, der schluckt im Ganzen!“ Oder ich entgegne: „Schwupps, das hätte Ihre Hand sein können!“. Solche Sprüche können sich aber offenbar weibliche Halter eher erlauben als die männlichen. Und einige scheinen eine Denkstruktur zu haben, die in etwa die Tiefe eines Blattes Papier hat. So auch beispielsweise bei folgender Begegnung: Wir trafen einen alten Freund von mir und ich unterhielt mich kurz mit ihm; Rico stellte sich, nachdem auch er begrüßt worden war, hinter mich. Plötzlich höre ich sein Bellen und drehe mich um. Vor mir steht ein vor Schreck bleicher Herr. Er hatte versucht den kleinen Doggen-Wookiee zu streicheln. Dummerweise von oben und hat sich dabei über ihn gebeugt. „Selber schuld, warum fragen Sie auch nicht vorher?“, warf ich ihm verärgert entgegen. „Aber er hat doch mit dem Schwanz gewedelt …“, versuchte sich der Mann zu erklären, der immer noch nicht wagte sich zu bewegen. „Das tun Hunde auch, wenn sie ein Karnickel erlegen“, sagte ich ihm. Doch das wusste der Mann nicht. „Wenn Sie keine Ahnung haben, warum fassen Sie dann fremde Hunde an? Oder springen Sie auch Fallschirm, ohne vorher die Anleitung zu lesen oder den Lehrer zu fragen?“ Darauf kam als Antwort nur Schweigen.

Selbst auf freundliche Hinweise, dass man ja eigentlich vorher fragen sollte, reagieren diese Canigrapscher irritiert oder gar verärgert. Ja, manche sind sogar selber Hundehalter und meinen, deswegen nicht fragen zu müssen. Offenbar ist denen nicht bewusst, dass sie damit ihre ­Intelligenz völlig entwerten, denn Nicht-Hundehalter können sich ja wenigstens mit Un­wissenheit rausreden.

Der Gipfel ist dann erreicht, wenn von solchen Kynotatschern sogar mit Nahrungsmitteln gelockt wird! Kommt nicht oft vor, aber hier könnte ich manchmal schon ausrasten. Es ist ja nicht so, dass man jedem gleich Giftköder unterstellen möchte. Aber verantwortungslos handeln diese Personen allemal. Schließlich kann so ein Hund krank sein oder eine Allergie haben. Oft haben solche Leute gar keine Ahnung, was für Hunde gut und was giftig ist (beispielsweise Schokolade). Und so nebenbei brechen solche Leute auch Gesetze: So traurig es auch ist, aber Hunde werden vom Gesetz her wie eine Sache angesehen – also ver­greifen sich lockende Passanten an fremdem Eigentum. Würden sie Ähn­liches bei einem Kind machen, wäre der Aufschrei wohl ungleich größer.

Vor Längerem wies ich mal jemanden freundlich darauf hin, dass es ja höflich wäre vorher zu fragen, schon weil der Hund bissig oder krank sein könnte (also zum Schutz der sich eigentlich unrichtig verhaltenden Person). Und wie reagiert der darauf? „Wenn der bissig oder krank ist, sollten Sie ihn zu Hause behalten!“ Meine Antwort: „Ne, ist klar, den Hund den ganzen Tag zu Hause einsperren – nur weil solche wie du nicht mitdenken. Mensch, kauf dir `ne Gehirnprothese!“ Okay, zugegeben, ­souverän ist anders, aber zuweilen verliere auch ich die Impulskontrolle 🙂

Liebe Halter und Hunde-Liebhaber, denkt bitte daran, mit dem Streicheln ist es bei Hunden wie bei uns Menschen mit dem Küssen: Sie lieben es, aber nicht von jedem! Immer wieder ist zu lesen, wie sich Hunde benehmen sollen und wie man das ihnen mit allen möglichen Methodenvarianten beibringt – aber wo steht, wie Menschen sich gegenüber Hunden verhalten sollen? Das Tierschutzgesetz zähle ich jetzt mal nicht dazu, das ist ja quasi nur eine Mindestanforderung. Bringt ihnen also den gleichen Respekt entgegen, den ihr euch auch selber wünscht – dann sind solche Begegnungen viel entspannter und die Hunde können die Fremd-Streichler genießen.

Pdf zu diesem Artikel: gassireport_112016

 

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