Unerwünschtes Bellen – Experten-Tipps

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund". Tierpsychologin, Hunde­trainerin und WUFF-Autorin Yvonne Adler beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr ­Alltagsproblem mit Ihrem Hund — kurz formuliert und mit 1-2 Fotos. In dieser Ausgabe geht es um das übermäßige Bellen eines Hundes.

Liebe Frau Adler!
Gibt es eine Möglichkeit, einem sehr lieben, süßen vierjährigen Retriever das übermäßige Bellen etwas abzugewöhnen? Hauptgrund von Bell­orgien ist, wenn wir unser gleichaltriges ­Rottweilermädchen streicheln. Wenn er das sieht, bellt er. Er ist maßlos eifersüchtig, was „sein" Bienchen (Rottweilerin) anbelangt. Biene ist sein Eigentum. Er ist niemals aggressiv, er bellt lieber. Wenn er in den Garten will, bellt er, wenn er herein will, bellt er. Gibt es eine Methode, ihm diese Eigenschaft auf liebenswürdige ­Weise abzugewöhnen?
Mit freundlichen Grüßen,
Christine Eder

Liebe Frau Eder!
Bellen zählt bei Hunden zum normalen Verhaltens- und Ausdrucksrepertoire. In vielen Fällen lernen Hunde schon in jungen Jahren das Bellen, um so die Aufmerksamkeit ihrer Besitzer auf sich zu ziehen – zum Beispiel, wenn sie hinaus müssen, um „ihr Geschäft" zu verrichten. Meistens ist es dann so, dass die Halter es sehr praktisch finden, wenn der Hund sich selbständig meldet und man nicht mehr genau auf ihn achten muss. Frei nach dem Motto „Der meldet sich schon."

Daraus resultiert oft, dass der Hund dann keine oder zu wenig Beachtung erfährt, solange er nicht bellt. Das wiederum begreifen Hunde sehr schnell und legen es dann auch auf andere Situationen um. Aus Hundesicht ist das vollkommen logisch: „Ich muss bellen, damit ich Beachtung erhalte bzw. das bekomme, was ich möchte."

Es scheint so zu sein, dass Ihr Rüde das Verhalten bereits perfektioniert hat – also die gewünschte Reaktion durch Vokalisieren einzufordern.

Wenn ein hundliches Verhalten schon gut eintrainiert wurde, ist natürlich auch der Prozess, es zu ändern, meist ein längerer. Das Bellen nur zu ignorieren wäre in diesem Fall ein wenig geeigneter Ansatz, da es für Hunde ein sogenanntes „selbstbelohnendes Verhalten" ist und dabei unter anderem Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet werden. Aufgrund dieses belohnenden Nebeneffektes würde ein reines Ignorieren hier nicht zum gewünschten Erfolg führen.

„Never change a running system."
Was für den Hund in vielen Fällen und langjährig zum Erfolg geführt hat, ändert er von sich aus nicht mehr, sofern dies nicht notwendig ist oder er keine neuen Strategien entwickeln muss, um an das gewünschte Ziel (Aufmerksamkeit, Futter, Streichel­einheiten, etc.) zu kommen.

Versuchen Sie, Ihrem Retriever ab sofort für alles, was er ohne zu bellen – also leise – tut, ausgiebig Beachtung und Belohnung zu schenken. Probieren Sie zu sehen, wann Ihr Hund raus möchte, bevor er zu bellen beginnt, und lassen Sie ihn dann hinaus. So ändert sich auch „Aktion und Reaktion" in Ihrem Familienverband. Sie setzen die Aktion zum Rauslassen und nicht mehr Ihr Retriever durch sein Gebell.

Ist nun Bienchen ein Auslöser für Bellorgien, gestalten Sie die Situation einmal für Ihren Retriever um. Wenn Biene gestreichelt wird, erhält er gleichzeitig ein Leckerchen oder eine Kaustange, um gar nicht erst bellen zu müssen. Ich kann Ihnen auf die Ferne nur Lösungs­ansätze anbieten, welche Sie für sich und Ihre Hunde bitte objektiv abwägen müssen. Ist Ihr Retriever zum Beispiel futter­aggressiv, dann ist die Leckerchen-Methode beim Streicheln von ­Bienchen natürlich kontraproduktiv.

Hier sind Sie als Besitzerin gefragt. Denken Sie darüber nach, ­warum Ihr Retriever so oft bellt. Was ist der Auslöser bzw. was möchte der Hund wohl damit erreichen? Versuchen Sie, sich in Ihren Hund hineinzuversetzen, was das ­Anliegen dahinter sein ­könnte. Durch die Beant­wortung dieser ­Fragen können Sie erkennen, wie Sie mit leichten Management­maßnahmen, also durch Umgestaltung der Situationen für Ihren Hund, das Bellen ­einfach reduzieren ­können, ohne ein vielleicht auf­wändiges Training machen zu ­müssen. Wichtig ist hier jedoch nochmals zu erwähnen, dass Sie Ihren ­Retriever ab sofort, in allem, was er leise tut, ausgiebig durch Aufmerksamkeit und Belohnung bestärken. Dies ist ein einfacher erster Schritt, der oftmals Wunder wirken kann.

Sie kennen Ihre Hunde am besten, daher sollte bei der Problem­lösung immer das vertrauens- und verständnisvolle Miteinander in Ihrem Familienverband im ­Vordergrund stehen.

Dies wünsche ich Ihnen gemeinsam,
Ihre Yvonne Adler

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