Und ewig lebt das Dönertier

Von Sophie Strodtbeck

„Ich bewundere, wie Sie Ihre ‚Problemhunde‘ literarisch positiv mit so viel Humor ‚verarbeiten‘ können“, schrieb mir eine Redakteurin von WUFF in einem sehr lieben Mail, als sie meine ersten Geschichten las. Aber was bleibt einem mit solchen Saufratzen auch anderes übrig? Humor ist, wenn man trotzdem lacht! In der vergangenen Woche habe ich sehr oft an diesen Satz denken müssen, denn das Dönertier (Anm. d. Red.: = Günes, einer der Hunde der Autorin) erkrankte schwer und ich war nicht sicher, ob ich mich jemals wieder über ihre Macken ärgern darf. Was bei Problemhunden funktioniert, muss ja schließlich auch bei Hundeproblemen klappen – und der Gedanke, dass der Canis autisticus (Anm. d. Red.: eine weitere Bezeichnung für Günes, s. WUFF 9/2010) dies nicht überleben ­könnte, war ein Riesenproblem!  Also setzte ich mich hin und schrieb, während ich um ihr Leben bangte, diese Geschichte, die mir noch mehr zeigte, was mir dieser komische Hund alles bedeutet.

Der Tag begann wie immer, mit der Verweigerung des Frühstücks. Aber das wundert mich schon lange nicht mehr, denn ­Fressen gehört definitiv nicht zu Günes’ Lieblingsbeschäftigungen. Genauso wenig wie Spazierengehen. Aber das nutzt ihr recht wenig, denn wenn ich sie auch nicht zwangsernähren kann, so kann ich sie doch zum täglichen ­Spaziergang nötigen.
Also auf zur großen Runde mit einer Freundin und ihren drei Hunden. Auch hier war alles wie immer, denn auch andere Hunde findet das Dönertier nicht wirklich prickelnd. Also lief sie demonstrativ etliche Meter hinter uns. Beim Anblick eines Traktors, der uns auf einem Feldweg entgegen bretterte, verfiel sie in einen akuten autistischen Anfall und rührte sich nicht mehr von der Stelle. Günes stand also mitten auf dem Weg und schaute und schaute und schaute, und der Bauer bretterte und bretterte und bretterte näher …
Während Günes wohl dachte „Was kann mir so ein blödes Gefährt?“, dachte der Bauer wahrscheinlich „natürliche Selektion“ und machte keine Anstalten zu bremsen. Nur ein Hechtsprung meinerseits konnte Günes vor dem sicheren Matsch-werden bewahren. Waren das ­suizidale Tendenzen? Setzt ihr das Leben mit Migrationshintergrund zu sehr zu? Haben akute Döner-Entzugser­scheinungen zu Realitätsverlust in Kombination mit Größenwahn geführt? Man weiß manchmal einfach nicht, was in ihrem kleinen hübschen Köpfchen ­vorgeht – manchmal wahrscheinlich gar nichts. Vakuum.

Wie alles begann
Jedenfalls benahm sich Günes zu­hause so wie immer, das heißt, sie stand in der Ecke und starrte Löcher in die Luft, erschrak furchtbar vor ihren eigenen Pupsen und wollte wieder mal das Abendessen nicht anrühren. Nicht weiter besorgniserregend. Bis das große Erbrechen begann, fünf große Lachen (natürlich auf dem Teppichboden und nicht daneben) waren der Anfang. Weil ihr Allgemeinbefinden ansonsten gut war, dachte ich mir nichts weiter. Bis zum nächsten Morgen, als ich beim Aufstehen erst mal einen Wasserrohrbruch vermutete, weil das Wohnzimmer mehr oder weniger überschwemmt war und ich erst mal gar nicht auf die Idee kam, dass ein Hund solche Mengen Flüssig­keit von sich geben kann. Aber es war tatsächlich Günes, die ihre Brech­orgien nur zum Saufen unterbrach. Also Hund eingepackt und zum nächsten Tierarztkollegen gefahren, da mir zur Zeit für weitere Diagnostik die eigene Praxis fehlt. Und auf dem Weg dorthin fing ich an, mir richtig Sorgen zu machen. Denn dieser Hund zählt auch Autofahren nach wie vor nicht zu seinen Hobbys und hat sich in den vergangenen zehn Jahren noch nie im Auto hingelegt – und wenn wir acht Stunden nach Italien fahren, dann sitzt sie acht Stunden hinten drin. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte diesmal gähnende Leere, so dass ich schon dachte, ich hätte sie in meiner Auf­regung zuhause vergessen. Also habe ich angehalten und einen prüfenden Blick in den Kofferraum geworfen, um festzustellen, dass sie in stabiler ­Seitenlage im Kofferraum lag. Jetzt aber schnell!!

Günes’ Hysterie wechselt beim Tierarzt zum Glück immer in absolute Hilflosigkeit, sodass sie alle Unter­suchungen ohne Gegenwehr über sich ergehen lässt. Röntgen und Ultraschall blieben vorerst ohne Befund, die Blutwerte sollten wegen der drei Könige, die in Bayern Feiertag sind, erst zwei Tage später kommen. Die Verdachtsdiagnose war akute Bauchspeicheldrüsenentzündung. Ich nahm sie erst mal wieder mit nach Hause und hängte sie dort an den Tropf – eine Form der Nahrungsaufnahme, die dem Autis­ticus sehr entgegen kommt, da die lästigen Mahlzeiten getrost entfallen können. Ihr Zustand stabilisierte sich unter der Infusionstherapie zum Glück recht schnell, das Erbrechen blieb nach Gabe der Medikamente aus.

Als zwei Tage später die Blutwerte da waren, bestätigte sich die Verdachtsdiagnose nicht, die Pankreaswerte waren alle in Ordnung. Aber das war auch so ziemlich das Einzige, was an diesem Blutbild in Ordnung war. Da mir trotz Stabilisierung des Allgemein­zustandes an einer genauen Ab­klärung gelegen war, beschlossen wir, eine Kontraströntgenunter­suchung zu machen. Im zuerst durchgeführten Ultraschall zeigten sich erweiterte Dünndarmschlingen, die mit Flüssigkeit gefüllt waren, und die erste Röntgenaufnahme zeigte aufgegaste Darmschlingen. Vier Stunden später fuhr ich wieder hin, um die Aufnahme mit Kontrastmittel zu machen – und nun war alles anders. Verdacht auf partielle Magendrehung und Darmverschluss, der Alptraum eines jeden Hundebesitzers! Nach kurzer Besprechung mit dem Kollegen beschloss ich, dass ich nicht abgebrüht genug bin, um bei einer solch krassen Operation beim eigenen Hund zu assistieren. Also Anruf in der nächsten Klinik, die bestätigte, die Kapazitäten für eine Magendrehungs-OP zu haben, und nichts wie los – nur schnell, keine Zeit verlieren!

Dreißig Kilometer können eine Ewigkeit sein
Diese einsame Fahrt durch die Dunkel­heit war eine der schlimmsten meines Lebens. Was einem da alles durch den Kopf geht … Wie oft verflucht man (bzw. ich) seinen Hund, wie oft nimmt man alles als selbstverständlich und neigt dazu, nur die schlechten und anstrengenden Seiten wahrzunehmen?
Ein Leben ohne das Dönertier ist aber einfach unvorstellbar! Natürlich ist mir bewusst, dass die Zeit, die einem ein Hund schenkt, immer begrenzt ist, aber wenn so urplötzlich alles anders ist und das Leben auf der Kippe steht? Ich versprach ihr auf der Fahrt ­einiges, zum Beispiel dass ich sie nie mehr zum Spaziergang nötige, dass ich ihr rest­liches Leben dafür Sorge tragen werde, dass ihr der Himmel nicht doch noch auf den Kopf fällt, dass ich ihr keine weiteren Beagles vor die Nase setzen werde, dass ich meine Türkisch­kenntnisse auffrischen ­werde, um ihr ein Gefühl von ­Heimat zu geben, und sogar eine eigene Dönerbude – alles für den Fall, dass sie lebend aus der ganzen Sache – be­ziehungsweise Klinik – raus kommt.
Nach gefühlten Stunden und vielen weiteren Versprechen sind wir endlich in der Klinik angekommen. Die folgende Untersuchung ergab immer noch einen überraschend guten Allgemeinzustand. Leider war nur eine Assistentin anwesend, die aus dem letzten mitgebrachten Röntgenbild auch nicht wirklich schlau wurde. Tele­fonisch wurde der Hintergrunddienst habende Chef konsultiert und ihm das Röntgen­bild beschrieben – ein Röntgenbefund, der alle bisher konsultierten Kollegen vor Rätsel stellte. Da hat man den Klinikstatus, wird damit zum Magneten für die Tierhalter und Konkurrenz für die umliegenden Kollegen, und trotzdem ist man nicht mal bereit, nachts seinen Ar*** hochzubekommen, und sich einen Hund, der mit der Verdachtsdiagnose Magendrehung eingeliefert wird, und ein rätselhaftes Röntgenbild wenigstens anzuschauen.

Die Aussage der Assistentin war: „Wenn Sie darauf bestehen, kommt der Chirurg und wir machen sie auf, aber das müssen Sie entscheiden!“ Bitte??? Das kann doch nicht die Aufgabe des Patientenbesitzers sein?! Ich habe sicher kein Problem mit jungen Kolleginnen, auch ich war mal Anfangsassistentin – aber ich konnte mich zum Glück immer darauf verlassen, dass meine Chefs mir zur Not zur Seite stehen, auch wenn es mitten in der Nacht war. Nun stand ich da und wusste nicht, was ich tun sollte. Den Hund wieder einpacken und in die nächste Klinik fahren? Aber auch da wäre es wahrscheinlich dasselbe gewesen. Alle Kliniken abklappern, bis man eine mit verantwortungsbewusster Leitung findet? Doch auf einer sofortigen Operation bestehen? Wie soll ich so etwas entscheiden, wenn nicht mal Kleintierspezialisten eine eindeutige Diagnose stellen können? Was, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass man wirklich hätte ab­warten können? Dann hätte ich der alten Lady umsonst die OP zugemutet.

Ich schwor mir, im nächsten Leben Kleintierärztin zu werden oder aber vier Kühe anstelle von vier Hunden zu halten … Nach langer Überlegung ließ ich sie in der Klinik zurück – und mit ihr eine Assistentin, die durch meine Androhungen, was ich alles ­anstellen würde, sollte der Hund das nicht überleben, völlig verunsichert war, bei der ich mir aber dadurch sicher sein konnte, dass sie Günes in der Nacht keine Sekunde aus den Augen lassen würde. Niemals werde ich den Blick vergessen, den mir Günes durch die Gitterstäbe des Käfigs auf der Station hinterher warf, als ich ging! Wäre sie gestorben, hätte mich dieser Blick vermutlich mein Leben lang verfolgt. Natürlich kann ein Hund das nicht verstehen, und man kann ihm das auch nicht erklären. Aber in der Klinik war sie auf jeden Fall besser aufgehoben als zuhause, hier konnte man im Notfall dann doch sofort eingreifen. Die darauf folgende Nacht war sehr lang und sehr schlaflos.

Sofortige Operation
Am nächsten Tag in der Früh, noch bevor ich mich in der Klinik melden konnte, kam der Anruf, dass eine neuerliche Röntgenaufnahme ergab, dass das Kontrastmittel nach wie vor im Magen lag und nichts voranging. Also doch eine sofortige ­Operation. Das Warten auf den erlösenden Anruf, dass alles überstanden sei, war furchtbar und ich heulte mir die Augen aus. Aber so hysterisch Günes auch manchmal ist, sie ist zäh, sehr zäh. Für das Überleben auf türkischen Straßen gemacht, eine echte Streetfighterin eben. Sie musste es einfach schaffen! Nach fünf Stunden klingelte endlich das Telefon, sie ist zwar noch nicht wieder zugenäht, aber die Diagnose steht bereits: eine Pylorusstenose, das heißt, der Übergang zwischen Magen und Dünndarm war komplett zu. Die Ursache allerdings weiterhin unklar, entweder entzündlich oder durch einen Tumor. Das werden die ­Proben für die Pathologie zeigen. Erste Erleichterung machte sich breit, ganze Felsbrocken fielen mir vom Herzen! Natürlich war sie noch lange nicht über den Berg, aber immerhin, die erste Hürde war genommen. Vielleicht sollte ich mich schon mal vorsichtig optimistisch informieren, was so ein Dönerstand eigentlich kostet?

Aber das Bangen ging weiter, denn der nächste Tag sollte zeigen, ob sich die Ghettoprinzessin anfüttern lässt. Bei meinen Beagles hätte ich ab diesem Zeitpunkt keinerlei Bedenken mehr gehabt, aber bei einem Hund, der schon in gesundem Zustand anorektische Tendenzen zeigt und nach wie vor sogar beim Anblick von Wienerle angewidert die Nase rümpft? Döner mit allem und scharf ist ja nun als Schonkost eher weniger geeignet …

Die folgenden zwei Tage waren hart, ich ließ das Telefon keine Sekunde aus den Augen, aus Angst einen Anruf zu verpassen. Günes fehlte allen sehr, keine stupsende und Streichelein­heiten einfordernde kalte Nase, keine angewiderten Blicke bei der täglichen Raubtierfütterung, kein nerviges Getrampele mehr beim 20-maligen Um-die-eigene-Achse-drehen, bevor die passende Liegeposition ­gefunden ist, kein Zurücklaufen mehr beim Spazierengehen, weil einem draußen auffällt, dass man einen Hund auf der Couch vergessen hat … was man alles vermissen kann!

Unsere Ecken vereinsamten zu­nehmend, weil niemand mehr stundenlang depressiv hinein schaute, und unser Esstisch bekam Langeweile, weil keiner mehr ständig darunter lag, um Schutz vor dem Himmel, der einem auf den Kopf fallen könnte, zu suchen. Wir lagen zwar alle endlich mal im Bett, ohne Angst haben zu müssen, die schlafende Günes versehentlich irgendwo zu berühren und einen hysterischen Anfall zu provozieren – aber trotzdem war an Schlaf nicht zu denken. Aber am rührendsten war Beagledame Andra, die das erste Mal in ihrem Leben Chorheulen zeigte, wofür eine mögliche Erklärung sein könnte, dass sie ein Rudelmitglied vermisst. Ich konnte sie so gut verstehen und heulte mit. Nur Herr Meier, der Beaglerüde, genoss die sturmfreie Bude sichtlich: endlich war niemand da, der einen ständig einschränkt und einen auf Spaßbremse macht. Auch da wurde mir erst richtig bewusst, wie viel Arbeit mir Günes in der Erziehung des Jungspunds abnimmt. Denn was das Meier-auf-den-Boden-der-Tatsachen-Zurückholen angeht sind wir richtige Teamplayer. Ein Meier ohne Günes ist also in mehrerlei Hinsicht eine unerträgliche Vorstellung.

Vorsichtiger Optimismus
Am nächsten Tag in der Früh kam aus der Klinik die Meldung, dass Madame immerhin ein paar Schluck Wasser gesoffen hat, Fressen wollte sie weiterhin nichts, und das, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt schon fast eine Woche lang keine Nahrung zu sich genommen hatte. Aber ich ­hatte eigentlich auch nichts anderes er­wartet, hatte es nur gewünscht. Also musste sie eine weitere Nacht in der Klinik bleiben, und wir hier ­zuhause versanken eine weitere Nacht in Depressionen.

Am nächsten Morgen hatte ich auch noch Geburtstag, den schlimmsten meines Lebens, denn es war immer noch unklar, ob ich das Geschenk aus der Klinik holen darf. Das Telefon war inzwischen zu meinem ständigen Begleiter geworden. Und endlich klingelte es – die Klinik: Günes hatte sich in der Früh dazu herabgelassen, drei Löffelchen Dosenfutter zu fressen. Die schönsten, tollsten und grandiosesten drei Löffelchen Dosenfutter der Welt, ein schöneres Geburtstagsgeschenk hatte mir noch nie jemand gemacht! Und ich dürfte sie am Nachmittag holen, hieß es, Juhuu!

Ich war eine Stunde zu früh dran, weil ich es nicht erwarten konnte. Und da stand sie, Haut und Knochen, in einen schicken OP-grünen Body gekleidet, der ihre Taille noch besser zur Geltung brachte, und sie freute sich tatsächlich auch riesig, mich zu sehen. Sie wollte sogar freiwillig ins Auto springen.
Auch zuhause war die Freude groß, Andra war richtig aus dem Häuschen, dass die alte Chefin wieder wohlauf war, die zwei wollten sogar gleich in den Garten zum Toben, aber da mussten sie sich noch ein bisschen gedulden.

Plötzlich normal?
Seither bekommt sie alle vier Stunden ein paar Löffelchen Reis mit Hühnchen und Hüttenkäse und, oh Wunder, sie frisst! Wahrscheinlich hatte sie das erste Mal in ihrem Leben richtigen Hunger. Nicht mal der Anstands­happen, den sie seit 10 Jahren traditionell im Napf lässt, um ihn noch eine Zeit lang vor den anderen zu verteidigen, bleibt übrig, sie frisst tatsächlich das erste Mal in ihrem Leben alles auf!

Außerdem scheint die Trennung auch für Günes ein einschneidendes Erlebnis gewesen zu sein, sie sucht tatsächlich massiv meine Nähe, der Hund, der all’ die Jahre nur bei uns und nicht mit uns gelebt hat. Sie schaut uns sogar vorwurfsvoll hinterher, wenn wir zum täglichen Spaziergang aufbrechen, beleidigt, dass sie nicht mit darf. Was war denn da los? Hatte man mir den richtigen Hund mitgegeben? Hatte man versehentlich am hübschen Köpfchen anstatt am Magen operiert? Gibt es diesen Hund auch in „normal“? Das lässt ja für die nächsten zehn ­Jahre hoffen …

Inzwischen durfte sie auch das erste Mal eine kleine Minirunde mit raus, für fünfzig Meter haben wir locker eine halbe Stunde gebraucht, weil die alte Dame natürlich erst mal eine Woche Schnüffeln und Markieren nachholen muss. Aber das ist in Ordnung. Nie mehr werde ich mich über meinen Zeitlupenhund beschweren oder gar lustig machen, denn besser einen entschleunigten Hund als gar ­keinen! Und überhaupt: besser einen Hund mit ständiger Angst vor dem Himmel als gar keine Angst mehr; besser ­Anorexie als überhaupt keine Anstandshappen mehr im Napf; ­besser zwei Drittel vom Bett für Günes und Bewegungseinschränkung für alle Anderen als erholsame Nächte; besser ein Hund, der nur BEI einem lebt und nur ganz selten MIT einem als verwaiste Ecken und Tische; kurz gesagt: besser einen Canis autisticus als ­keinen Canis autisticus!
 
Ich wünsche mir, dass ich auch die nächsten zehn Jahre ständig Rücksicht auf die Macken und Kanten des Dönertiers nehmen muss, denn wie oft weiß man erst zu schätzen, was man hat, wenn man Angst hat, es zu verlieren. Und die Angst war riesig!

Ohne Günes wäre mein Leben anders verlaufen: ich hätte viele Nerven nicht verloren und hätte zwar vielleicht irgendwann einen Hund gehabt, aber der wäre vermutlich einfach da gewesen, und ich hätte nie angefangen, mich für das faszinierende Wesen der Hunde zu interessieren. Durch Günes habe ich so viel gelernt, zum Beispiel wovor ein Hund alles Angst haben kann … Sie hat mich den Umgang mit solchen Hunden gelehrt, hat mir gezeigt, dass Geduld sich auszahlt und dass man sich auch über kleine Fortschritte riesig freuen kann. Und nicht zuletzt hat sie mein Leben nachhaltig verändert, denn wäre dieses Knäuel nicht vor zehn Jahren in einer Mülltonne gesessen und hätte mein Mitleid erregt, hätte ich nie mein Hobby, das es damals noch gar nicht gab, zum Beruf gemacht. Und das Schreiben hätte ich auch nie angefangen. Danke, mein zähes Dönertier!

Aber nun ist Schluss mit der rühr­seligen Lobhudelei, denn ich muss mich jetzt durchs Internet wühlen und in Erfahrung bringen, was eigentlich so eine Dönerbude kostet – ver­sprochen ist versprochen!

PS: der Patho-Befund ist ­inzwischen da, es ist kein Tumor! Wo ist der „gefällt mir“-Button? Allerdings kann trotzdem nach wie vor keiner genau sagen, was denn wirklich die Ur­sache war, nicht mal die Pathologin. Das Buch „Die spezielle Pathologie des Dönertieres“ muss wohl erst noch geschrieben werden. Aber wie soll ein komischer Hund auch einen ­normalen Befund haben, das hätte mich wahrscheinlich mehr gewundert. Eine genaue Diagnose wäre zwar eine ­feine Sache, aber solange es nicht wieder kommt und alles erst mal gut ist, bin ich zufrieden – sehr sogar!

PPS: Zur Ehrenrettung der Klinik muss gesagt werden, dass die Nachsorge und die weitere Betreuung vorbildlich waren. Wenn man also das Glück hat, ausschließlich tagsüber und unter der Woche kranke Tiere zu haben, meint das Schicksal (oder bei Dönertieren das Kismet) es gut mit einem und man spart viele Nerven und Tränen.

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