(Un) Erwünschtes Verhalten: Aufgeregtheit beim ­Fortgehen

Von Liane Rauch und Thomas Riepe

Aufgeregtheit beim ­Fortgehen
Wir kennen das alle. Kaum merkt unser Vierbeiner, dass es ans Gassigehen geht, setzt sich eine „Aufregungskaskade“ in Gang, die je nach Temperament sehr ausgeprägt sein kann und nicht selten recht nervend auf uns wirkt. Was sagen Liane Rauch und Thomas Riepe zu diesem aufgeregten Verhalten beim Fortgehen?

Liane Rauch: Sind wir Menschen bei solchen Gelegenheiten etwa nicht auch aufgeregt? Ist nicht gerade solches Verhalten das, was unsere Hunde so „menschlich“ macht? Wir freuen uns doch auch, wenn ein Theater- oder Konzertbesuch ansteht, wenn Geburtstagsfeste anstehen oder es auf Weihnachten zu geht. Der jedoch in diesem Zusammenhang am häufigsten gemachte Fehler ist es, dem Hund in dieser Aufregung zusätzlich noch zu viel Feedback zu geben.

Lösungsansatz aus der Praxis:
Meine Hütehunde machten es ganz extrem. Kaum nahm ich die Leinen in die Hand, fingen alle drei an mich zu umkreisen. Der eine mehr, der andere weniger. Bei einem Hund mag das jetzt noch akzeptabel sein, kreiseln aber drei Hunde um die Beine, wird es unangenehm. Meine Hunde haben gelernt: Erst hinsetzen, dann Leine anlegen lassen, dann erst wird raus gegangen. War die Aufregung zu groß, habe ich die ­Leinen erst mal wieder an den Haken gehängt. Erst bei ­wirklich ruhigem Sitzen ging unser Ausflug los.

Thomas Riepe: In diesem Teil unserer Serie möchte ich zunächst einmal das machen, wovon ich eigentlich immer abrate. Nämlich pauschale Tipps zu geben, ohne den Sachverhalt genauer zu erläutern. Die Relativierung der pauschalen Tipps möchte ich am Ende des Artikels in zusammengefasster Form vornehmen. Hier zunächst meine Anregungen zum aktuellen Problem, der Aufgeregtheit beim Fortgehen.

Hierbei kann man auf zwei verschiedenen Wegen vorgehen. Da der Hund ja oft auf einen, im wahrsten Sinne des Wortes, „Schlüsselreiz“ reagiert, dem immer etwas für ihn Positives folgt (es geht hinaus), müssen wir den Reiz „entschlüsseln“. Anders gesagt, dem Schlüsselreiz sollte nicht immer etwas Positives folgen. Gehen Sie einfach mehrfach am Tag zur Garderobe, ziehen sich eine Jacke an, die Schuhe, nehmen den Schlüssel und legen dem Hund die Leine an. Und gehen dann – ins Wohnzimmer und setzen sich hin. Nach ­einigen Minuten ziehen Sie die Jacke aus, legen den Schlüssel weg und nehmen dem Hund die Leine ab. Das machen Sie ­mehrfach am Tag, und irgendwann, völlig unerwartet, gehen Sie doch mit Hund hinaus und nicht ins Wohnzimmer.

Dieses Vorgehen hat den Vorteil, dass der Hund nicht automatisch mit bestimmten Handlungen von Ihnen den Gassigang verknüpft und immer in freudiger Erwartung „aufdreht“, wenn Sie zur Garderobe gehen. Ein wirksames Mittel, wenn man es konsequent durchzieht und die ­Möglichkeit hat, unregelmäßig mit dem Hund rauszugehen. Man muss das übrigens nicht für immer machen. Wenn man nach Beendigung dieses Trainings wieder zum normalen Rhythmus zurückkehrt, fällt der Hund nur selten wieder in sein altes Muster zurück. Fällt er doch zurück, geht man konsequent nicht raus, wenn er sich aufregt. Alles in Allem kann man mit dieser Methode, dass nicht immer auf die gleichen Reize die gleichen positiven Dinge folgen, relativ leicht gute Erfolge erzielen. Wenn man konsequent ist!

Zerstörerisches Verhalten, wenn allein zuhause

Liane Rauch: Alleine sein ist für jeden unserer sozialen Vierbeiner erst mal ein Drama. Viel zu oft werden schon Welpen viel zu häufig und zu lange alleine gelassen. Ein langsamer Aufbau und die Gewöhnung an das Alleinsein werden oft vernachlässigt. Heute muss ja alles vor allem schnell gehen. Zerstörerisches Verhalten ist in fast allen Fällen einfach der Abbau von Nervosität und/oder Frust.

Lösungsansätze
Versuchen Sie das Alleinsein wirklich so langsam und so behutsam wie möglich aufzubauen. Gerade hier wirkt ein überstürztes Arbeiten absolut kontraproduktiv. Ist das „Kind schon in den Brunnen gefallen“, ver­suchen Sie es mit Alternativen, an denen der Hund seine Nervosität abbauen kann. Verpacken Sie zum Beispiel einen Kauartikel in mehrere Schachteln, da ist der einsame Hund erst einmal damit beschäftigt, sein Geschenk auszupacken.

Thomas Riepe: Hier kann ich gar nicht mehr viel ergänzen. Was Liane Rauch schreibt, entspricht im Wesentlichen dem, wie auch ich in solchen Fällen vorgehe. Allerdings nutze ich anstatt der „Geschenkkiste“ aus ­Pappkartons gerne eines dieser Kautschuk-Spielzeuge, die man mit Nahrung füllt. Und mit denen ein Hund gut und lange beschäftigt sein kann. Pappkartons haben den Nachteil, dass der Hund diese meist dermaßen zerstört, dass ich mit dem Aufräumen länger beschäftigt bin als der Hund mit dem Zerstören. Aber, wie gesagt, absolut in Ordnung. Ich habe mit dieser Art der Beschäftigung von Hunden, die sonst großes Theater beim Alleinbleiben veranstalten, wirklich gute Erfolge!

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Im nächsten WUFF der letzte Teil der Serie (Thema: Diebstahl von ­Gegenständen, ausgenommen ­Futter)

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