In der Gesundheitsserie „Neues aus der Medizin" des TV-Senders Das Vierte wird demnächst ein hundliches Thema behandelt. Vorgestellt wird ein neuer Therapieansatz beim übermäßigen Gelenkverschleiß (Arthrose) des Hundes, der das Fortschreiten dieser Erkrankung, die häufig mit Lahmheit verbunden ist, verhindern soll – eine Spritze bei Arthrose. Sie soll die Gelenke schmieren und kaputte Knorpel sogar heilen können.
Die Arthrose geht mit schmerzhaften Entzündungsprozessen einher, die zur Lahmheit führen. Das gilt es zu verhindern! Werden wiederkehrend Entzündungen oder Lahmheit beobachtet und wird eine Arthrose diagnostiziert, sollte so früh wie möglich behandelt werden. Ziel ist es, weitere Entzündungsschübe und damit einhergehende Knorpelzerstörungen zu vermeiden. Zum Goldstandard zählt derzeit die Gelenkinjektion mit Cortison.
Neuerdings gibt es jedoch eine neue Therapie, bei der man auf Cortison verzichten kann, welche laut Studien den anderen überlegen zu sein scheint: Eine neue Doppelkammerspritze namens DualVis.
Der Wirkstoff Hyaluronsäure ist bekannt und in seiner Wirkung anerkannt. Neu ist, dass in der DualVis Doppelkammerspritze zwei Hyaluronsäuren unterschiedlicher Dichte in einem Behandlungsgang appliziert werden: Die getrennten Kammern in der Spritze enthalten sowohl niedermolekulare als auch hochmolekulare Hyaluronsäure. Entleert sich die erste Kammer, legt sich die niedermolekulare Hyaluronsäure als dünner Film über die Gelenkinnenhaut. Sie unterbricht den Entzündungsprozess und regt die körpereigene Hyaluronsäurebildung an. Entleert sich die darüberliegende zweite Kammer, gelangt die hochmolekulare Hyaluronsäure ins Gelenk. Sie hat die Struktur von winzigen Kügelchen, die sich durch das Gewicht des Hundes in den Gelenkknorpel pressen. Das hat den Vorteil, dass das Therapeutikum nicht mehr – wie bei herkömmlichen Therapien – aus dem Gelenkspalt entweichen kann. Es entsteht ein gelartiger Stoßdämpfer, der den Gelenkspalt weitet und auspolstert, die Gleitfähigkeit des Gelenks verbessert und Stoßbelastungen effektiver abpuffert.
Die neue Doppelkammerspritze gegen Arthrose verhindert die zerstörerische Wirkung der Entzündungsmediatoren und beugt einer sonst unvermeidlichen Knorpeldegeneration, also einem vorzeitigen Verlust von Knorpelgewebe vor. Neue humanmedizinische Studien belegen bereits den Behandlungserfolg dieser Wirkstoffkombination. Bei Hunden wurde durch labormedizinische Untersuchungen der Synovia (Synovialflüssigkeit oder „Gelenkschmiere") dieser Erfolg eindrucksvoll bestätigt.
INTERVIEW
Innovation der Medizin bei Gelenkerkrankungen
Interview mit Dr. Norman Jekel
WUFF: Was ist der Unterschied zwischen einer Arthrose und einer Arthritis?
Dr. Jekel: Bei einer Arthritis liegt eine Entzündung des Gelenks vor. Durch die Entzündung kann das Gelenk so stark geschädigt werden, dass es zu einer degenerativen, also durch Verschleiß bedingten Gelenkveränderung kommt, die man dann auch röntgenologisch darstellen kann. Jetzt sprechen wir von einer Arthrose.
WUFF: Was können die Ursachen dafür sein?
Dr. Jekel: Fehlbelastung der Gliedmaßen aufgrund angeborener oder erworbener Fehlstellungen oder Traumata wie zum Beispiel Zerrungen oder Quetschungen. Hierbei kann die empfindliche Synovialmembran, welche die Gelenkhöhle von innen auskleidet und manchmal auch direkt der Knorpel geschädigt werden und so eine Arthrose auslösen.
WUFF: Was genau passiert bei einer Entzündung im Gelenk?
Dr. Jekel: Auf die Gewebeschädigung reagiert der Körper mit einer Entzündungsreaktion. Es kommt zu einer Vermehrung der Gelenkflüssigkeit und es entsteht ein Gelenkerguss. Automatisch verändert sich dabei die Zusammensetzung der Synovialflüssigkeit. Dabei nimmt auch der Gehalt an Hyaluronsäure deutlich ab.
WUFF: Was bedeutet das?
Dr. Jekel: Hierdurch sinkt die Gleitfähigkeit des Gelenks, das heißt, das Gelenk wird nicht mehr richtig geschmiert. Zudem treten Entzündungsprodukte und Enzyme im Gelenk auf, die den Knorpel direkt angreifen und zusätzlich schädigen.
WUFF: Kann man feststellen, ob die Synovialflüssigkeit noch von guter Qualität ist?
Dr. Jekel: Mit einer einfachen Untersuchungsmethode kann man feststellen, ob die Synovialflüssigkeit von guter Qualität ist. Hierbei gibt man von der aus dem Gelenk gewonnenen Synovialflüssigkeit einen Tropfen auf den Daumen und berührt diesen dann mit dem Zeigefinger. Normalerweise entsteht dann ein ca. 2,5 bis 5 cm langer Faden, bevor er reißt. Je geringer die Fadenlänge ist, umso herabgesetzter ist die Viskosität der Synovia, also die Zähflüssigkeit. Das heißt, die optimale Schmierung des Gelenks kann dann nicht aufrechterhalten werden. Natürlich können auch Laboruntersuchungen die genaue Zusammensetzung der Gelenkflüssigkeit erkennen lassen.
WUFF: Nachdem die Diagnostik der klinischen Lahmheitsuntersuchungen abgeschlossen ist und eine entzündliche Gelenkerkrankung vorliegt, wie therapiert man heute?
Dr. Jekel: Hier gilt es in erster Linie die Entzündung im Gelenk zu lindern. Es gibt unterschiedliche Substanzen, mit denen man dies gut erreichen kann. Eine Entzündung in den Griff zu bekommen gelingt zwar auch gut mit Cortison. Aber um die Schmierfähigkeit der Gelenkflüssigkeit wieder zu erreichen, eignet sich der Einsatz von Hyaluronsäure besser.
WUFF: Stichwort Cortison: Das wird doch verwendet, um die Entzündung der Synovialmembran in den Griff zu bekommen und die für das Gelenk schädlichen Knorpel abbauenden Enzyme einzudämmen. Gibt es Nachteile?
Dr. Jekel: Cortison wird dafür verantwortlich gemacht, eine ungünstige Wirkung auf die Knorpelzellen zu haben. Es wirkt katabol, d.h. zellabbauend, und kann so langfristig den Gelenkknorpel schwächen. Eine gefürchtete, aber seltene Komplikation ist die Infektion des betroffenen Gelenks, wofür Cortison durch seine immundämpfende Wirkung mit verantwortlich sein kann.
WUFF: Jetzt gibt es eine neue Methode aus der Humanmedizin, welche jetzt auch bei Hunden erfolgreich eingesetzt wird. Die so genannte Doppelkammerspritze DualVis. Hier wurde in einer Studie gegen hoch und niedermolekularen Hyalurosäuren, und Placebo getestet. Was wurde getestet?
Dr. Jekel: In dieser doppelblind randomisierten Placebo-kontrollierten Studie wurde das Schmerzempfinden der Patienten in Bewegung und im Ruhezustand nach 16, 52 und 104 Wochen getestet. Hierbei wurden alle Patienten ohne Cortison und Schmerzmittel behandelt, damit die Ergebnisse nicht verwässert wurden.
WUFF: Wie waren die Ergebnisse?
Dr. Jekel: Das Schmerzempfinden lag bei allen Patienten in Bewegung sowie im Ruhezustand vor der ersten Injektion auf dem gleichen Level. Bereits bei der zweiten Injektion nach einer Woche anhaltend bis nach 104 Wochen geht die Schere zu Gunsten der Doppelkammerspritze immer weiter auseinander. Die neue Therapie ist allen getesteten Substanzen signifikant überlegen. Weniger Schmerzen heißt auch weniger Entzündung, das bedeutet ergo für den Patienten eine bessere Belastbarkeit und Lebensqualität.
WUFF: Leider ist bis heute die Arthrose nicht heilbar. Gibt es hierzu neue Erkenntnisse?
Dr. Jekel: Oft konnte ein Fortschreiten des weiteren Knorpelabbaus nicht verhindert werden. Einmal verlorener Knorpel kann normalerweise nicht wieder aufgebaut werden. Neueste Laborergebnisse deuten aber darauf hin, dass der Knorpelabrieb nach der Behandlung mit DualVis nahezu nicht weiter voranschreitet. Das bedeutet, dass zum Beispiel bei jungen Hunden, bei denen aufgrund hoher Belastungen in frühen Jahren zukünftige Gelenkveränderungen zu erwarten sind ,hier ein präventiver Ansatz möglicherweise sinnvoll sein könnte. Bei Menschen wird die Spritze eingesetzt, um Gelenkoperationen zu vermeiden oder wenigstens um einige Jahre nach hinten zu verlagern.
TV-TIPP
Neues aus der Medizin
"Neues aus der Medizin" sehen Sie am Sonntag, den 29.12.2013 um 19:00 Uhr bei Das Vierte
Diesmal mit dem Themen-Special Hundemedizin:
Neue Spritze bei Arthrose
Experte im Studio: Dr. Norman Jekel, Tierärztliche Klinik Löhnberg
Sollten Sie die Sendung verpassen, können Sie diese exklusiv auf www.wuff.de/0114_arthrose ansehen.