Rund 200 Hundewelpen am Tag bieten gewerbliche TierhändlerInnen mit Sitz im Ausland zum Verkauf nach Österreich im Internet an. Immer wieder landen dort angebotene und oftmals schwer kranke Tiere in Wien, wie eine aktuelle Analyse der Tierschutzombudsstelle Wien zeigt. „Wir werden umgehend auf diese neuen Erkenntnisse reagieren und in unserem seit langem währenden Kampf gegen den Welpenhandel den Fokus auf diesen Bereich dieses schmutzigen Geschäfts richten – zum Schutz der Tiere und zum Schutz der Menschen“, kündigt Tierschutzstadtrat Jürgen Czernohorszky anlässlich der Anfang Dezember 2020 veröffentlichten Studie an. Um nachhaltig und auf breiter Ebene gegen gewerbliche AuslandstierhändlerInnen vorzugehen, müssten jedoch auch die Bestimmungen auf Bundesebene geändert werden, betonen Czernohorszky und die Wiener Tierschutzombudsfrau Eva Persy. Die Tierschutzombudsstelle Wien (TOW) hat hierfür konkrete Vorschläge ausgearbeitet.
Die im Auftrag der TOW vorgelegte Studie „Handel mit Katzen- und Hundewelpen in und nach Wien“, die am 2. Dezember 2020 im Rahmen der tierschutzrechtlichen Fachtagung „Tier&Recht-Tag“ präsentiert wurde, identifiziert aktuell die Gruppe der gewerblichen HundegroßhändlerInnen aus östlichen Nachbarländern als sehr problematisch. Waren es vor einigen Jahren noch vornehmlich private WelpenverkäuferInnen, die ihre Geschäfte vor Ort in Wien abwickelten, so scheint sich das Geschäft nun auf einige, wenige professionalisierte HändlerInnen verlagert zu haben. Diese bieten auf seriös wirkenden Websites eine Vielzahl an Hunden an, die Interessenten bestellen können. „Diese Tiere stammen aus schlimmsten Verhältnissen, werden oftmals sogar aus so genannten ,Hinterhofzuchtenʻ zugekauft, dann aber als Hunde aus ,handverlesener Familienaufzuchtʻ angepriesen“, warnt Eva Persy. Die Übergabe erfolgt per Lieferung an die heimische Haustüre oder an grenznahen Treffpunkten außerhalb Österreichs. Nach der Übernahme brechen häufig Krankheiten aus. Die Folge: intensive und kostspielige tierärztliche Behandlungen, im schlimmsten Fall sogar der Tod der Tiere.
Forderung nach gesetzlichen Änderungen auf Bundesebene
„Wir haben die derzeitigen rechtlichen Möglichkeiten bereits geprüft, um mit den zuständigen Behörden umgehend gegen solche organisierten WelpenhändlerInnen vorzugehen“, so Stadtrat Jürgen Czernohorszky. Wichtig sei jedoch, dass auch die Rahmenbedingungen im Tierschutzgesetz sowie die Regelungen für ein Bringen der Tiere nach Österreich geändert werden. So ist es etwa derzeit in Österreich zulässig, Hunde- und Katzenwelpen ab einem Alter von 8 Wochen ins Land zu bringen, obwohl diese über keine Tollwutimpfung verfügen. „Dafür muss der Verkäufer lediglich bescheinigen, dass das Tier seit seiner Geburt an dem Ort gehalten wurde, an dem es geboren ist, ohne mit wildlebenden Tieren in Kontakt gekommen zu sein“, erläutert Eva Persy. Würde Österreich dem Beispiel anderer EU-Staaten folgen und diese Ausnahmeregelung nicht mehr zulassen, könnten Welpen erst im Alter von 16 Wochen mit vollständigem Tollwutschutz nach Österreich gebracht werden – ein Alter, in dem die Tiere für den klassischen Welpenhandel wesentlich weniger „attraktiv“ sind.
Einen konkreten Vorschlag, wie die Regelungen für das öffentliche Anbieten von Tieren im Internet im Tierschutzgesetz angepasst werden sollten, hat der renommierte Tierschutzrechtsexperte Wolfgang Wessely im Auftrag der Tierschutzombudsstelle Wien vorgelegt: Die geltenden Bestimmungen sollten klarer formuliert werden und es so den Behörden erleichtern, gegen illegale Machenschaften vorzugehen. Neu hinzu kommen soll eine Ausdehnung der Strafbarkeit für Taten die im Ausland begangen werden. Der derzeit häufig vertretenen Praxis, dass Welpenhändler auf Webseiten mit österreichischer Domain (.at-Endung) Tiere zum Verkauf anbieten, jedoch nicht strafbar sind, weil sie dies vom Ausland aus tun, könnte so ein Riegel vorgeschoben werden. Neben Strafen und der Abnahme der betroffenen Tiere könnte überdies die rechtliche Möglichkeit geschaffen werden, Gewinne aus dem illegalen Welpenhandel von den Verkäufern einzufordern. „Mit diesen Änderungen und unserem rigorosen Vorgehen gegen illegale AnbieterInnen könnten wir diese empfindlich treffen und viel Leid bei Tier und Mensch verhindern“, appelliert Czernohorszky.
(Vor-)Freude statt Tierleid schenken
Die Stadt Wien warnt grundsätzlich davor, Tiere über das Internet zu beziehen. Auch wenn Online-Shopping in diesen besonderen Zeiten für viele die bevorzugte Einkaufsweise ist, so gilt das keineswegs für Lebewesen. Wer sich einen Welpen zulegen möchte, kann sich z. B. im TierQuarTier Wien beraten lassen: Hier warten Hunde und Katzen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Rassen auf ein liebevolles neues Zuhause. Wenn es ein Rassewelpe aus einer Zucht sein soll, dann sollten sich die Interessenten zunächst bei unabhängigen Einrichtungen wie der Tierschutzombudsstelle Wien erkundigen, woran seriöse ZüchterInnen zu erkennen sind.
Grundsätzlich gilt: Tiere sind keine Geschenke! „Wer mit dem Gedanken spielt, sich einen vierbeinigen Begleiter zuzulegen, für den ist ein Gutschein für den Wiener Sachkundekurs für künftige HundehalterInnen eine tolle und sinnvolle Geschenkidee“, so Eva Persy. In dem vierstündigen Kurs bekommen die TeilnehmerInnen kompakt die wichtigsten Informationen zu Anschaffung, Haltung und rechtlichen Bestimmungen. Für Kinder mit Heimtierwunsch gibt es tolle Bücher, die altersgerecht über die Bedürfnisse der vierbeinigen Freunde aufklären. Eine besondere Möglichkeit, Tierliebe zu zeigen, ist die Weihnachtsaktion des TierQuarTier Wien: Hier können TierfreundInnen selbst zum Christkind werden und die Schützlinge beschenken. (Quelle: OTS/Tierschutzombudsstelle Wien)
Infos zur aktuellen Studie: www.tieranwalt.at