Da gibt jemand seine – wegen ihrer Harmlosigkeit von Maulkorb- und Leinenzwang befreite – Boxerhündin „Lisa", sowie seinen Kater „Tiger" einem Freund in die Obhut. Und als er seine Tiere wieder abholen will, findet er in der Wohnung des Freundes Einschüsse im Mobiliar und an den Wänden, weiters Blut- und Kotspuren aus dem zerschossenen Leib seiner Hündin, das Tier selbst nicht da, sowie seinen Kater durch ein Knalltrauma völlig verschreckt und wie gelähmt im hintersten Eck unter einem Kasten. An der aufgebrochenen Tür hängt eine Visitenkarte der Polizei.

Lisa war vom Leinenzwang befreit
Lisa war eine Bulldog-Boxer-Mischlingshündin, eine behördliche Haltergenehmigung lag vor, der Hund galt nicht als Rasse der Kategorie 1 oder 2 nach der unmenschlichen Hamburger Hundeverordnung (über welche WUFF bereits mehrfach berichtete), und Lisa war aufgrund ihrer Harmlosigkeit vom Maulkorb- und Leinenzwang befreit. Liest man den Kasten mit dem Originalwortlaut des Polizeiprotokolls (Aktenzahl 023/6A/0459580/2001), enttarnt sich dieses Geheimpapier jedem Hundekenner von selbst! Welcher Hund wird nicht bellen (für Polizeibeamten B. „kläffen"), wenn die Feuerwehr die Türe aufbricht. Warum die Türe aufgebrochen wurde? Die Nachbarin hatte sich bei der Polizei über das nächtliche Gebell beschwert. Polizist B. fühlte sich von Lisa, die er als Pitbull bezeichnet, bedroht, „weil sie mit den Vorderfüßen auf der Kommode stand" und bellte – Grund genug für den Beamten, auf den kleinen Hundeleib loszuschießen. Was dann begann, lesen Sie am besten selbst aus der Feder des Polizeibeamten (im Kasten).

Blutige Treibjagd auf Lisa
Beachten Sie bei der Lektüre dieses Protokolls, bei welchen Gelegenheiten Polizist B. auf Lisa schoss. Er selbst schreibt beispielsweise, „der Pitbull lag getroffen auf dem Sessel", der Sessel, auf dem Lisa immer gerne gelegen hatte, wenn sie in dieser Wohnung zu Besuch war. Obwohl bereits durch die Schüsse ihres Peinigers verletzt, lag sie schwer atmend da, und – weiter im Polizeibericht: „Um einen Angriff zu vermeiden, schoss ich dann ein viertes Mal." Herr B. schießt ein viertes Mal auf die gar nicht mehr „kläffende" und ihn auch gar nicht angreifende, schwerverletzte Lisa, um einen Angriff zu vermeiden … Und es bleibt nicht bei den vier Schüssen. 10 oder 11 sind es schließlich gewesen, bis Lisa, aus dem zweiten Stock springend, sich verzweifelt ihren Häschern zu entziehen versucht, und schließlich nach einer Treibjagd quer durch Hamburg (Einzelheiten aus der Sicht der „Jäger" im Kasten) qualvoll im Kugelhagel zerschossen wird.

Falsche Angaben im Protokoll?
Üblicherweise wird bei Vorfällen, wie bellende Hunde in Wohnungen, ein Hundefänger aus dem Tierheim Süderstraße oder ein Führer der Polizeihundestaffel herbeigeholt, was aber diesmal nicht der Fall war. Im Polizeibericht steht, dass ein Nottierarzt nicht aufzutreiben gewesen sei. Die Ermittlungen der WUFF-Redaktion ergaben jedoch, dass diese Aussage unglaubwürdig ist. Unsere Deutschland-Redakteurin Iris Strassmann rief die – allgemein bekannte – Notdienstnummer für herrenlose Tiere (sog. „Struppiwagen") in Hamburg an, und zwar nachts. Unter der Nummer 040-222277 meldete sich sofort eine Bereitschaft aus dem Tierheim Süderstraße und bestätigte, dass der Wagen mit einem ebenso ständig erreichbaren Not-Tierarzt grundsätzlich rund um die Uhr einsatzbereit ist! In der Nacht der Treibjagd der Polizei auf Lisa wurde bei dieser Nummer nicht angerufen!
Das gleiche wurde unserer Redakteurin von Herrn Poggendorf, dem Leiter des Tierheimes Süderstraße (Hamburger Tierschutzverein von 1841 e.V.) bestätigt. Selbst der Anrufbeantworter des Tierheimes gibt detaillierte Auskünfte für Notfälle, und diese Nummern sind der Einsatzleitzentrale der Hamburger Polizei bekannt. Wenn es möglich ist, innerhalb kürzester Zeit genaue Informationen über den Wohnungsinhaber zu erhalten, so ist es auch möglich, diesen Notdienst zu erreichen. Warum wurde dies nicht getan? Stattdessen wurde von den Polizisten B. und G. einem Bürger der Stadt sein Haustier genommen – in der für die kleine Lisa qualvollen und todbringenden Nacht der Unverhältnismäßigkeit und Unmenschlichkeit vom 30. Juni 2001.

Hoffen auf Gerechtigkeit
Mehrere Strafanzeigen sind bereits gemacht worden. Was Hamburgs Bürger und überhaupt alle Hundefreunde hoffen lässt, ist die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Hamburg mitteilte, gegen die beiden Polizeibeamten sei bereits ein „Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz" eingeleitet (AZ 7300 Js 408/01). Damit drohen den beiden strafrechtliche Konsequenzen. Hoffnung auf die Gerechtigkeit und die Selbstreinigungskraft einer Behörde, deren Vertreter wir zum Glück auch oft genug als wirkliche Freunde und Helfer kennen. WUFF wird weiter in diesem Fall recherchieren und darüber berichten!



>>> WUFF – INFORMATION


Protokoll einer qualvollen Hundehetzjagd
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Der Geheimbericht der Hamburger Polizei

Freie und Hansestadt Hamburg, Behörde für Inneres, Polizei, Dienststelle PK23, Aktenzahl 023/6A/0459580/2001, Bericht vom 30. 6. 2001.

Am 30.6.2001 um 02:59 erhielten wir (B.*, G.*) als Besatzung des FuStw Peter 23/2 folgenden Einsatz: … Ruhestörung durch laut bellenden Hund, Anrufer Frau S.*. .. Am Einsatzort erwartete uns die Beschwerdeführerin … Sie teilte uns mit, dass seit einiger Zeit ein Hund laut bellt und sie deswegen nicht schlafen kann. … Der Hund wurde von uns lokalisiert und befand sich … im 2. Stock. In dieser Wohnung ist folgende Person gemeldet … Auskunft über das PK 23 ergab, dass Herr B.* Konsument harter Drogen ist. In der Wohnung war die Beleuchtung eingeschaltet und zeitweise zeigte sich der Hund am Küchenfenster. Zu diesem Zeitpunkt nahmen wir an, dass es sich um einen kleinen Terrier handelt. Da nicht auszuschließen war, dass Herr B.* aufgrund der oben genannten Umstände ärztliche Hilfe benötigt, wurde von mir über die PEZ ein HLF und ein RTW der Feuerwehr angefordert um die Tür öffnen zu lassen. Der HLF 15/2 mit RTW traf um 03:59 am Einsatzort ein. Während die Feuerwehr die Tür öffnete, war der Hund deutlich zu hören.

Nachdem die Tür geöffnet war, ging ich in die Wohnung. Links hinter der geöffneten Wohnungstür befand sich die Küche, dort stand ein Pitbull und kläffte in meine Richtung … Der Hund wurde durch die geöffnete Wohnungstür abgeblockt, zwischen der Tür befand sich eine ca. ein Meter hohe Kommode. An der Position befand ich mich und zielte mit meiner Dienstpistole auf den Hund. … Der Pitbull … stand laut kläffend mit den Vorderbeinen auf der Kommode. Da ich mich nun massiv bedroht fühlte, … gab ich einen gezielten Schuss auf das Tier ab. Das Tier wurde von mir getroffen, verschwand allerdings wieder in die hinteren Räume. Nach kurzer Zeit kam er jedoch wieder und ich schoss dann noch zweimal. Der Hund wurde wieder getroffen und lief wieder in die hinteren Räume. Als wir nach kurzer Wartezeit keine Geräusche vom Pitbull mehr wahrnehmen konnten, ging ich mit PHM G.* in die hinteren Räume. Der Pitbull lag getroffen auf dem Sessel. Um einen Angriff zu vermeiden, schoss ich dann ein viertes Mal. Der Hund sprang auf und lief in das dahinter befindliche Schlafzimmer. … Der Pitbull kletterte über einen Stuhl auf die Fensterbank und sprang aus dem zweiten Stock auf einen Gehweg, und lief in den Von-Eicken-Park. … Daraufhin forderte ich Verstärkung an. … Die nähere Umgebung wurde von uns abgesucht. Zwischenzeitlich meldete sich ein Anrufer bei der PEZ und teilte mit, den Hund gesehen zu haben. … Wir fuhren nun zur Stresemannallee 32, wo sich der Pitbull befand. Kurz nach unserem Eintreffen lief er wieder los und wir folgten dem Hund zu Fuß, der … das rechte hintere Bein nachzog. … Während der Verfolgung stoppte der Pitbull einige Male und kläffte uns an. Es bestand eine Gefahr für die Bevölkerung, ein Einfangen mit der Schlinge hielten wir für nicht durchführbar. Als der Hund in der Emil-Andresen-Strasse verhielt, gab PHM G.* aus der Maschinenpistole zwei Schüsse auf den Hund ab. Da er jedoch immer noch nicht tödlich getroffen war, schoss ich mit meiner Dienstpistole ein weiteres Mal auf den Hund. Auch nach diesem Schuss stand er wieder auf und lief weiter in die Dörnstrasse. Dort verhielt er in Höhe Hausnummer 30, und PHM G.* schoss mit der Maschinenpistole zwei Mal auf den Kopf des Hundes. Auch ich schoss dort noch einmal mit meiner Dienstwaffe. Dadurch wurde der Pitbull getötet. Der Kadaver wurde zunächst dem PK 23 zugeführt, … An der Wohnungstür des Herrn B.* wurde eine Visitenkarte hinterlassen. Gezeichnet: B.*

*) Anm.: Namen wurden von der Redaktion abgekürzt

 

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