Todesurteil im Alter von 14 Monaten – Der Rassewahn in Dänemark nimmt kein Ende

Von Mag. Sabintheres Grabner

1.400 Hunde mussten in den letzten zwei Jahren in Dänemark ihr Leben lassen. Grund ist die Rasseliste, die seit 1. Juli 2010 ­eingeführt wurde und 13 Hunderassen verbietet. Mischling Thors Hundetage sind demnach ebenfalls gezählt. Weil er von der dänischen Polizei als Hund der Rasseliste ­beurteilt wird, droht ihm jetzt der Tod.

Der schwarz-weiße, 14 Monate alte Familienhund Thor sitzt seit zwei Monaten in Haft. Getrennt von seiner Familie verbringt er Tag für Tag in einer Zelle und wartet auf ­seine Einschläferung. Was er angestellt hat? Zur falschen Zeit am falschen Ort und das falsche Aussehen. Er ist laut dänischen Behörden ein verbotener Hund der Rasseliste. 13 Hunderassen (siehe Kasten) und deren ­Kreuzungen sind in diesem Land seit 2010 streng verboten, die Zucht und der ­Verkauf untersagt. Hundefreunde, die ­diese Rassen vor der Einführung des Gesetztes schon gehabt haben, dürfen diese behalten, aber nur mit aufer­legten Maßnahmen: Maulkorbzwang und kurze Leine. Auch nicht gerade ein Leben, das sich ein Tier mit Freude an der Bewegung wünschen kann.

Thor wird zum Tode verurteilt
Thor kommt aber erst nach der Einführung des Gesetzes zur Welt und weil er ein Mischling ist, hat er den schwarzen Peter. Tiere aus dem Tierschutz ohne Papiere, Stammbaum und Zuchtdokumentation sind der dänischen Polizei ausgeliefert. Egal was Gutachter sagen, es zählt allein die Beurteilung der Beamten. Thor wurde von drei unabhängigen Hundeexperten als Mischling aus Englischer ­Bulldogge und Mastiff eingeordnet aber laut dänischer Polizei steckt in dem Hund „möglicherweise" ein Pitbull, und der steht auf der Rasseliste der verbotenen Hunde. „Fair Dog", eine dänische Tierschutzorganisation, kämpft unermüdlich für das Leben von Thor. „Eine Entscheidung aufgrund eines „Möglicherweise" hat keine Rechtsgrundlage in einem Rechtsstaat wie dem dänischen, und sicher bietet sie keine Grundlage für die Tötung eines guten, gesunden und von seiner Familie – die verantwortungsvolle und gute Hunde­besitzer sind – geliebten Hundes", so heißt es in einer Presseaussendung des Vereins. „Fair Dog" zieht nun mit dem Fall vor Gericht. Bis dahin ist Thor ­weiterhin im Gewahrsam der Polizei.

Zahlreiche Proteste
Vor allem die Facebook-User laufen gegen diese Willkür Sturm und fordern einen Tötungsaufschub für Thor und seine Mischlingsfreunde. Über 14.000 Menschen unterschreiben innerhalb von drei Tagen Petitionen gegen das Töten von gesunden Hunden. Der Schweizer Verein „Dogs Guard" bietet an, Thor zu übernehmen und ihn in eine geeignete Familie zu vermitteln. In Österreich setzt sich die ehemalige ­Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky für Thor ein. Am 5. Dezember postet sie auf ­Facebook „Ich habe soeben mit Johanna Mikl-Leitner (Österreichische Innen­ministerin) telefoniert, die ihre Zusage gegeben hat, sich noch heute bei den zuständigen dänischen Stellen dafür einzusetzen, dass es einen Aufschub der Tötung von Thor bis zur Urteilsverlesung gibt! Vielen Dank an die Innenministerin für diese Unterstützung!"

Auch die deutsche Prinzessin Maja von Hohenzollern appelliert an die dänischen Behörden „Niemand sollte wegen seiner Herkunft, ­Hautfarbe oder Rasse diskriminiert werden. Das gilt auch für Tiere. Kein Hund ­sollte wegen seiner Rasse oder ­Herkunft verurteilt oder gar getötet werden. Tiere sind, genau wie Menschen, Individuen und man kann sie nicht pauschal verur­teilen … Wer ein von Gott geschenktes Leben gewaltsam beendet, begeht Mord".

Thor ist kein Einzelfall
Neben dem Rüden mussten kürzlich auch zwei andere Hunde sterben. Prinsessen, eine graue Hündin, wird aus den Fängen eines Tierquälers befreit. Doch die Freude auf ein schönes Leben ist kurz. Wenige Tage später wird die freundliche Hündin aufgrund ihrer Rassebestimmung eingeschläfert. Sie hat nur im Tierheim erfahren, dass Menschen durchaus Liebe geben können. Pako erlebt nicht einmal seinen ersten Geburtstag. Mit sieben Monaten bekommt der Welpe am Heiligen Abend die Todesspritze.

Vorsicht auch für Urlauber
Aufpassen müssen nun auch alle ­reiselustigen Hundebesitzer, die einen Vierbeiner haben, der auf der ­dänischen Verbotsliste steht. Das Gesetz bezieht sich nicht nur auf die Haltung dieser Hunderassen, sondern auch das Einführen ist gänzlich verboten. Jeder der keine eindeutigen Papiere (z.B. Stammbaum) hat, sollte auf einen Urlaub in Dänemark ver­zichten. Denn mit einem Mischling ist man der Willkür schutzlos ausgeliefert. Am besten ist es, sich vor der Einreise eine Genehmigung von der dänischen Regierung ausstellen zu lassen. Doch vielen Hundefreunden ist die Reis-Lust nach Dänemark nach den letzten Vorfällen wahrscheinlich sowieso vergangen. In einem Land Urlaub zu machen, wo bestimmte Hunde sterben, ist für viele Tierliebhaber mit ihrem Gewissen nicht zu vereinbaren. Einige Tierschützer rufen sogar auf, Dänemark zu ­boykottieren und streichen Dänemark von der Urlaubsempfehlungsliste.

Diskriminierung für 13 Hunde­rassen
Ob Spanien oder Griechenland – von diesen Ländern sind wir es gewohnt, Bilder von getöteten Hunden zu sehen. Doch nun werden auch in Dänemark Tiere einfach entsorgt. Keine Streuner oder ausgediente Jagdhunde, sondern geliebte Heimtiere werden ihren Besitzern aus den liebenden Armen gerissen und getötet. Immer wieder glauben Regierungen mit Rasselisten alles lösen zu können. Auch hierzulande wird nach jedem Beißunfall darüber diskutiert, bestimmte Rassen gesetzlich zu verbieten. Die Rasselisten werden aber nicht etwa aufgrund von Statistiken oder wissenschaftlichen Beweisen ­eingeführt. Wäre dies der Fall, fände man auch Dackel und Schäferhund auf der Liste, denn diese führen immer noch die Rankings der meisten Beißvorfälle an. Doch auch hier soll keine Diskriminierung stattfinden sondern einfach ein objektives Bild geschaffen werden. Pitbull Terrier, Tosa Inus & Co. sind nicht die beißwütigen ­Monster, als die sie von Politikern immer dargestellt werden. Bei Lebewesen Pauschalisierungen zu treffen ist Rassismus, und das kennen wir ja unter uns Menschen ebenfalls. Wollen wir dort wieder hin? Tiere aufgrund ihres Körperbaus, Fells oder ihrer Zuchtgeschichte in eine Ecke zu verbannen und zu töten? Es wird trotzdem weiterhin Beißunfälle geben oder Menschen die ihre Hunde missbrauchen. Wann setzen wir endlich bei den Menschen an: Verpflichtende Hundeschulbesuche für alle, die einen Hund halten möchten. Der richtige Umgang mit dem Tier ist des Pudels Kern und nicht das gewaltsame Auslöschen bestimmter Hundetypen. Der viel zitierte Mahatma Gandhi hat Recht: „Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie die Tiere behandelt." Demnach sind wir wieder in der Steinzeit angekommen, haben nichts aus den Fehlern der Geschichte gelernt. Doch die ­Hundecommunity ist groß, und es hagelt weltweite Proteste. Der 14 Monate alte Thor soll noch lange ein hundefreundliches Leben genießen können.

WUFF-INFORMATION

Die 13 verbotenen Hunderassen in Dänemark

  • Pitbull Terrier
  • Tosa Inu
  • American Staffordshire Terrier
  • Fila Brasileiro
  • Dogo Argentino
  • American Bulldog
  • Boerboel
  • Kangal
  • Zentralasiatischer Ovtcharka
  • Kaukasischer Ovtcharka
  • Südrussischer Ovtcharka
  • Tornjak
  • Sarplaninac

Verboten sind zudem auch Mischlingshunde, die eine der oben genannten Rassen enthalten.

STELLUNGNAHME

Das sagt die dänische Botschaft dazu

WUFF hat die dänische Botschaft in Österreich um Stellungnahme gebeten und folgende (Standard)-Antwort erhalten:

Dänemark ist ein Land, das großen Wert auf hohe Standards für Tierschutz und das Wohlbefinden von ­Tieren legt. Dies gilt auch für Hunde. Und generell ist es unproblematisch mit Haustieren nach Dänemark zu reisen, dies gilt auch für Reisen mit Hunden. Auf Grund einer Reihe von Vorfällen, bei denen Hunde – von den Medien oft als „Kampfhunde" be­zeichnet – sowohl andere Hunde als auch Menschen angegriffen haben, erwog das dänische ­Justizministerium im Jahr 2009 eine Änderung des geltenden Hundegesetzes. Ein Jahr später ­wurde auf Grundlage eines um­fassenden Berichts ein neues Hundegesetz er­lassen. Gemäß dem geltenden ­Hundegesetz ist der Besitz und die Zucht von konkret folgenden Hunderassen in Dänemark seit dem 1. Juli 2010 verboten: (Liste siehe ­oben)

… Wenn der Hund einer Rasse an­gehört, die dem Verbot unterliegt, kann die Polizei die Entscheidung ­treffen, den Hund einzuschläfern.

Auf der Homepage der dänischen ­Botschaft in Berlin können Sie ­ausführlichere Informationen über das geltende Hundegesetz abrufen: www.wuff.eu/daenemark_01

Auf die Nachfrage von WUFF be­züglich einer konkreteren Stellungnahme erhielten wir folgende Antwort:

„Da die dänische Botschaft nicht die unmittelbar zuständige und mit dem Fall betraute Behörde ist, können wir zu diesem keine Stellungnahme abgeben. Ich würde Sie bitten, ­hierfür die mit der Hundegesetzgebung betraute Behörde, das Ministerium für Nahrungsmittel, Landwirtschaft und Fischerei, zu kontaktieren."

Und genau das wird die Redaktion tun! Das Ergebnis lesen Sie im nächsten Heft.­

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