Tipps und Tricks für den Alltag

Von Elisabeth Cech

Mensch und Hund leben in einem Sozialverband, genauer gesagt in einem individualisierten Verband. Einen solchen Verband zeichnet aus, dass die Gruppenmitglieder einander kennen, in der Regel länger zusammen bleiben und eine Rangordnung ausbilden. Fein aufeinander abgestimmte Gruppen wie diese brauchen Kommunikationsmöglichkeiten, damit die einzelnen Mitglieder einander verstehen und aufeinander reagieren können, was wiederum den Zusammenhalt sichert. Die Kommunikation läuft dabei nicht nur über die Sprache, wie viele Hundebesitzer glauben, sondern über chemische, akustische, optische und taktile Sinneskanäle. In unserem Beispiel haben akustische Signale (Lachen, Geschirrklappern) und optische Signale (Aufstehen, am Tisch Hantieren) eine plötzliche Aufmerksamkeitserhöhung bei unserem Hund bewirkt. Sie waren im wahrsten Sinne des Wortes ansteckend. So ist er auch aufgestanden und hätte, wenn er könnte, mitgelacht.
Stimmungsübertragung bedeutet somit, dass bestimmte Stimmungen und dadurch entsprechende Verhaltensweisen vom Betrachter wahrgenommen werden – es bei ihm zu entsprechenden Stimmungen kommt, die dann das gleiche Verhalten bewirken. Nicht umsonst spricht man vom ansteckenden Lachen oder Gähnen. Stimmungsübertragung gibt es zwischen Menschen, zwischen Mensch und Hund und natürlich auch innerartlich zwischen Hunden.

Stimmungsübertragung zwischen Mensch und Hund
Ein hervorragendes Beispiel für Stimmungsübertragung bieten wir selbst, zum Beispiel bei der Begegnung unseres Hundes mit seinem Erzfeind: Schweißausbruch – chemisches Signal, Leine kurz genommen – taktiles Signal, hartes Kommando – akustisches Signal, Körper angespannt und aufgerichtet – optisches Signal. Die Reaktion unseres Hundes kennen wir: Steifbeiniger Gang, Rute erhoben, Nackenhaare aufgestellt – Angriff! Diesem Teufelskreis zu entkommen, gelingt nur durch gezieltes, mühsames und stetiges Training. Es ist sinnlos, sich selbst zu verordnen, bei der nächsten Begegnung keinen Schweißausbruch zu haben. Doch der kleinste Teilerfolg eines Trainings bewirkt, dass man wieder zuversichtlich wird, weniger Stress aufbaut und weitaus gelassener agiert. Und siehe da, Stimmungsübertragung macht es möglich, dass unser vierbeiniger „Radaubruder“ plötzlich auch ruhiger reagiert.
Weitaus erfreulichere Beispiele für stimmungsbedingtes Verhalten finden wir in der Hundeausbildung. Jeder weiß, wie leicht es ist, seinen Hund durch fröhliches und aufgedrehtes Benehmen in eine freudige und aufnahmebereite Stimmung zu versetzen und durch überschwängliches Lob in dieser Stimmung zu halten. Beim Heranrufen ist es oft eine gute Möglichkeit, ihn von den durchaus interessanten Mauslöchern „los zu eisen“ – nach dem Motto: wenn es bei uns so viel Spaß gibt, möchte er auch dabei sein. Deswegen ist es sinnvoll, wenn ein Hund gelernt hat, mit uns zu spielen. Das Spiel wird zum Werkzeug, das man nützt, um ihn nach dem Training zu entspannen oder ihn z.B. aus Ängstlichkeiten herauszuholen. Tröstende Worte verstärken die Angst. Devise: Frauchen fürchtet sich auch, also fürchte ich mich umso mehr. Frauchen findet das lustig, also ist es lustig.

Stimmungsübertragung zwischen Hunden
Jeder, der schon einmal mit mehreren Hunden gelebt hat, weiß, wie schnell das Anstiften zur fröhlichen Hetzjagd funktioniert oder das gemeinsame Verbellen von grimmigen Feinden. Um diese „Doppel- und Mehrfach-Packs“ „knacken“ zu können, braucht man schon sehr viel Energie bei der Umerziehung. Denn hierbei handelt es sich nicht nur um bloße Stimmungsübertragung, sondern meist um „Lernen durch Nachahmung“. Diese Lernform ist auch ein wesentlicher Faktor bei der Aufzucht von Hunden, denn die Mutterhündin reagiert auf Situationen des täglichen Lebens auf ihre persönliche Art. Diese Reaktion wird von ihren Welpen als gültiges Verhaltensmuster übernommen. So ist zum Beispiel der Hundekeksi verteilende Briefträger bei Mama-Hündin höchst willkommen, zum Leidwesen der zukünftigen Welpenbesitzer, die ihren bettelnden Hunden dann beibringen müssen, dass die Post keine Kekse sondern Briefe bringt. Ein weiteres Beispiel für Stimmungsübertragung unter Hunden ist „Mobbing“, ein weit unterschätztes Phänomen. Das ängstliche oder unsichere Verhalten eines Hundes in einer spielenden Hundegruppe kann dazu führen, dass bei den anderen Meuteaggression entsteht. Dieser Ängstliche wird, im guten Fall, „nur“ durch die Gegend gehetzt. Im schlimmeren Fall stürzen sich die anderen gemeinsam auf ihn. Viele Hundebesitzer glauben in solchen Situationen immer noch, dass es sich dabei um Spielen handelt, da ja alle noch zwei Minuten zuvor friedlich miteinander gespielt haben. Hier hilft nur eines: Hunde beobachten, seinen Hund besser kennen lernen, das Verhalten der anderen besser einschätzen lernen. So liegt es wieder einmal bei uns, unseren Hunden einen Weg vorzuzeigen, die Stimmungsübertragung im positiven Sinn zu nützen und in aggressiven Situationen die eigene Ruhe und Gelassenheit vorzuleben.
Ein stimmungsvolles Miteinander wünscht Ihnen
Elisabeth Cech-Harrer

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Frage & Antwort

Elisabeth Cech-Harrer ist Leiterin des Dog College Tattendorf (Niederösterreich,
nahe Wien) und Expertin für Hundeerziehung & Verhaltensberatung.
Kontakt und Info: www.dogcollege.at
Sie können Ihre Fragen per Post oder elektronisch auch richten an:
WUFF, KW Verhalten, A-3034 Maria Anzbach
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