Tierzahnheilkunde für Hundebesitzer

Von Dr. med. vet. Iris Steurer

1. Die Paradontologie
Die Parodontologie befaßt sich mit den Krankheiten des Zahnhalteapparates bzw. Zahnfleisches und deren Ursachen. Das dabei am häufigsten vorkommende Problem der Entzündung des Zahnfleisches und Zahnbettes beginnt mit der Ansammlung bakterieller Beläge an der Zahnoberfläche. Diese auch als Bazillen bezeichneten schädlichen Mikroorganismen produzieren Giftstoffe, die sogenannten Toxine, welche direkt das Zahnfleisch schädigen und darüberhinaus in den Körper aufgenommen werden. Wie alle anderen Gifte (z.B. verdorbenes Futter, Schimmelpilze, Umweltgifte, um nur einige zu nennen), werden durch diese Toxine lebenswichtige Organe wie Herz, Leber und Niere geschädigt. Obwohl in zahlreichen Untersuchungen beim Hund diese Schädigungen bewiesen wurden, ist dieser schädigende Einfluss der Bakterien und des Zahnsteines leider noch immer zu wenig bekannt.

Gefährlicher Zahnstein
Immer wieder hören Tierärzte die Meinung von Hundebesitzern, dass Zahnstein, auf dem sich diese schädlichen Bazillen vermehren, nur ein Schönheitsfehler sei und der Mundgeruch wahrscheinlich vom Magen her stammt. Wenn dann nach Jahren der Belastung durch die Giftstoffe der Bakterien die Nieren nicht mehr so funktionieren wie sie sollten und das Herz durch eine Herzklappenschädigung nicht mehr richtig arbeiten kann, ist es mit einer Behandlung oft zu spät. Umsomehr sollte der verantwortungsbewusste Hundebesitzer rechtzeitig zum Tierarzt gehen und ihn auch anlässlich der jährlichen Impfung bitten, die Zähne zu kontrollieren. Durch rechtzeitige Behandlung kann so das Leben unserer vierbeinigen Lieblinge oft beträchtlich verlängert werden, wie praktisch alle Züchter aus Erfahrung wissen.
Zahnstein selbst bildet sich durch „Versteinerung” der Bakterien an der Zahnoberfläche. Da sich am Zahnstein wieder Bakterien anlagern und diese schließlich eine häufige Entzündungsursache darstellen, entsteht in kurzer Zeit eine massive Entzündung von Zahnfleisch und Zahnbett. Nachdem Entzündungsprodukte einen ausgezeichneten Bakteriennährboden darstellen, kann sich der Teufelskreis rasch schließen, und der Zahnstein wächst und wächst (siehe Abb. 1).

Zerstörerisch
Wird Zahnstein samt seinen schädlichen Bazillen nicht rechtzeitig entfernt, dann wächst er als gelbbrauner, deutlich zu erkennender Zahnbelag und unter dem Zahnfleisch als von außen nicht sichtbarer, grün-schwarzer, in Zahntaschen versteckt liegender, harter Belag gegen die Wurzel vor. Sowohl durch mechanischen Druck als auch durch chemisch – entzündliche Einflüsse drängt er das Zahnfleisch zurück, legt die Wurzel allmählich frei und zerstört den Zahnhalteapparat. Die Zähne werden gelockert und fallen schließlich aus. So weit aber muß es nicht kommen.

Tipps für’s Zähneputzen
Als beste Vorbeugung gegen Zahnbeläge und Zahnstein hat sich das Zähneputzen mit Schlämmkreide bewährt. Am leichtesten kann man natürlich junge Hunde an diese Pflege gewöhnen. Bei älteren Tieren, die sich gegen das Zähneputzen heftig wehren, sollte der Tierbesitzer seinen Zeigefinger mit einem kleinen Lappen umwickeln, auf diesen etwas Schlämmkreide oder neutrale Zahnpasta ohne Geschmacksstoffe (keine menschliche Zahnpasta verwenden !) auftragen und damit die Zähne und das Zahnfleisch vorsichtig reinigen. Wenn man dabei nicht versucht, den Fang zu öffnen, sondern nur unter der Lippe auf den Zähnen hin und her streicht, so kommt man damit mit den meisten Hunden gut zurecht.

Mit Ultraschall gegen Zahnstein
Hart verkalkten Zahnstein schließlich muß der Tierarzt mit dem Ultraschallgerät entfernen. Dies geschieht in Narkose oder mittels einer speziellen Schmerz- / Schlafspritze, nach welcher die Hunde nach der Behandlung mit einem sogenannten Antidot aufgeweckt werden und zu Fuss nach Hause gehen können. Die Behandlung selbst ist völlig schmerzlos, und durch die Ultraschallenergie kann der Zahnstein ohne Verletzung der Schmelzoberfläche entfernt werden. Ist der Zahnstein mit dicken eitrigen Belägen versehen, so ist es in manchen Fällen ratsam, vor der eigentlichen Ultraschall-Zahnsteinentfernung eine mehrtägige Vorbehandlung mit Antibiotika durchzuführen. Wichtig ist nur, dass der Hundebesitzer weiss, dass dabei bereits nach 1-2 Tagen zwar der Mundgeruch vergeht, die Behandlung durch den Tierarzt aber nicht unterlassen werden darf, weil sonst Herz, Leber und Niere sofort wieder geschädigt würden. Neben der Zahnsteinentfernung sollte auch das krankhaft veränderte Zahnfleisch behandelt werden. Ist es stark geschwollen, so wird der Tierarzt mit einem elektrischen Skalpell die ursprüngliche Form des Zahnfleisches wieder herstellen (siehe Abb.2).

Selbstreinigung des Gebisses sichern
Neben diesen Korrekturmaßnahmen am Zahnfleisch kann der Tierarzt mit seiner Zahnbohrmaschine auch bei freiliegenden Wurzelhälsen die Selbstreinigung des Gebisses durch die sogenannte Odontoplastik verbessern. Dies ist besonders dann wichtig, wenn das Zahnfleisch von der Zahnkrone zurückgewichen ist, so daß der Zahnhals oder sogar die Wurzel freiliegt. Zwischen Zahnkrone und Zahnwurzel befindet sich nämlich ein zirkulär um den Zahn verlaufender Schmelzring, der die Selbstreinigung des Gebisses beeinträchtigt. Dieser Schmelzring soll bei zurückgewichenem Zahnfleisch entfernt und poliert werden, so daß der Speisebrei von der Zahnkrone über die Zahnwurzel und das Zahnfleisch direkt in den Mundvorhof abgeleitet wird (s. Abb. 3).

Lockere Schneidezähne?
Sind Schneidezähne stark gelockert, so können sie durch eine sogenannte Glasfaserbrücke noch für einige Zeit zur Kaufunktion erhalten werden. Dabei klebt der Tierzahnarzt ein Glasfaserbündel mit durchsichtigem Epoxidharz auf die Zahnoberfläche und kann somit vor allem gelockerte Schneidezähne noch für eine bestimmte Zeit
zur Kaufunktion erhalten (siehe Abb. 4).

Was man tun kann, wenn der Hundezahn abbricht, sowie über Karies, Wurzelbehandlung, Stiftzähne und Kronen aus Gold oder Titan erfahren Sie im zweiten und letzten Teil dieses Artikels im nächsten WUFF.





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Die Autorin
Anschrift der Verfasserin:
Frau Dr. med. vet. Iris Steurer,
Member of the European Veterinary Dental Society,
Tivoligasse 29, A-1120 Wien


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