Auch ein Tierheim steht nicht über dem Gesetz oder kann – wie Behörden – Entscheidungen selbst zwangsvollstrecken.
Meint ein Tierheim, ein vermitteltes Tier sei bei seinem Besitzer nicht gut aufgehoben, darf es dieses nicht einfach eigenmächtig zurückholen – selbst wenn der Besitzer womöglich gegen Vereinbarungen im Überlassungsvertrag (möglicherweise einem Schutzvertrag, von Juristen meist als Kaufvertrag eingeordnet) verstoßen hat. Mögliche Ansprüche muss das Tierheim gerichtlich durchsetzen, so das AG Hanau (Beschluss vom 04.01.2024 – 98 C 98/23).
Das Tierheim hatte einer Frau einen Kater überlassen. Im Überlassungsvertrag war festgehalten, dass die Frau ihre Balkontür mit einem Fliegengitter sichern muss, außerdem sollte das Tier abnehmen. Nach knapp einem Jahr erkundigte sich das Tierheim telefonisch bei der Frau nach dem Tier. Diese gab an, kein Fliegengitter angebracht zu haben, da der Kater sehr ängstlich sei und ohnehin nie auf den Balkon gehe. Ob er abgenommen habe, wisse sie nicht. Kurz darauf erschienen zwei Personen unangemeldet bei der Frau und teilten mit, sie kämen „vom Tierheim“ und man „nehme den Kater jetzt mit“. Der Kater war offensichtlich damit nicht im Ansatz einverstanden und flüchtete. Eine der beiden Personen folgte ihm und so entstand eine Verfolgungsjagd durch die Wohnung, bei der auch Möbel verrückt wurden. Schließlich wurde der Kater doch gefangen und gegen den Widerspruch der Frau mitgenommen.
Die Frau klagte und bekam ihr Haustier noch während des Gerichtsverfahrens zurück. Die Kosten des Verfahrens erlegte das Gericht wenig überraschend dem Tierheim auf. Ob die Regelungen in dem „Tierüberlassungsvertrag“ wirksam waren und eventuell nicht eingehalten wurden, könne dahinstehen. Denn die eigenmächtige Wegnahme des Tieres stelle verbotene Eigenmacht dar. Mögliche Ansprüche müsse das Tierheim gerichtlich durchsetzen. Es könne sie nicht einfach selbst vollstrecken.
Interessant, dass derartige Selbstverständlichkeiten tatsächlich Gerichte belasten müssen. Und natürlich ist hier nicht ausschlaggebend, dass eine Verfolgungsjagd stattfand. Auch wenn sich der Kater gerne einfangen gelassen hätte, der Wille des Besitzers ist hier entscheidend.
Eine Rechtsschutzversicherung kann die nicht unerheblichen Prozessrisiken, die durch die Notwendigkeit von Gutachten ggf. verschärft werden, abfedern. Denn auch der Prozessgewinner kann auf beträchtlichen Kosten sitzen bleiben, wenn der Schuldner nicht liquide ist, zumal außergerichtliche Anwaltskosten des Angegriffenen meist nicht vom Angreifer zu erstatten sind. Grundsätzlich sollte man seine Ansprüche nicht ohne rechtlichen Beistand verfolgen, gleiches gilt naturgemäß für die Verteidigung gegen vermeintliche Ansprüche. Hilfe bei der Anwaltssuche bietet der Deutsche Anwaltverein unter www.anwaltauskunft.de.
Zum Autor Frank Richter