Tierfotografie leicht gemacht

Von Jan Lehner

Foto: adobe.stock / Luetjemedia

Tierfotografie boomt, und das ist kein Wunder: Sie punktet mit einer engen Verbundenheit zur Natur, scheinbar endlosen Motivauswahl und lässt sich von jedem verwirklichen. Denn wer nicht unbedingt scheue Wildtiere oder fliegende Vögel auf die Speicherkarte bannen möchte, der muss sich keine hochwertige Spiegelreflexkamera zulegen. Oftmals liegt das Gute auch direkt vor der eigenen Nase – wie zum Beispiel im Hundekorb im Wohnzimmer. Wer seinen treuen Freund verewigen möchte, kann auch zum Smartphone greifen. In welcher Situation welche Ausrüstung empfehlenswert ist und wie man ohne viel Aufwand perfekte Fotos schießen kann, erklären wir im Folgenden.

Stativ, Selbstauslöser, Zoom?

Soll es nicht einfach der schnelle Schnappschuss des Hundes auf dem Sofa sein, sind einige Vorüberlegungen vor dem Drücken des Kamera-Auslösers unbedingt empfehlenswert. Vor allem steht die Frage, welches Tier in welcher Umgebung fotografiert und ob es in einem ruhigen Augenblick oder in Bewegung abgelichtet werden soll.

Tierfotografie in freier Natur

Endlich einmal einen Schwan im Flug fotografieren oder ein Reh aus nächster Nähe? Wer sich scheue wilde Tiere vor die Linse holen möchte, benötigt nicht nur viel Geduld, Outdoor-Equipment wie eine wetterfeste Jacke und ein Fernglas und möglicherweise sogar ein Fotozelt in Tarnfarben. Vor allem ist für ungewöhnliche Aufnahmen eine passende Ausrüstung unentbehrlich. Nur mit einem Makroobjektiv lässt sich der Maikäfer auf der Wiese wirklich nah heranzoomen und scharf ablichten, ohne Teleobjektiv wird der flinke Hase schon wieder verschwunden sein, bevor sich der Auslöser drücken lässt. Auch ein Stativ erleichtert die Tierfotografie in freier Natur – so fällt der Arm nicht ab, während auf den perfekten Foto-Augenblick gewartet wird.

Ein wenig einfacher macht man es sich, begibt man sich ins unmittelbare Gelände vor der Haustür und sucht sich ausgewiesene Wildgehege oder erkundigt sich beim lokalen Forstamt über die aussichtsreichsten Spots zum Fotografieren. Möglicherweise lässt sich in Absprache sogar ein Hochsitz nutzen, von dem sich aus sicherer Nähe unbemerkt von Hirsch und Fuchs einzigartige Bilder kreieren lassen.

Tierfotografie im Zoo

Ein wenig einfacher wird es, sollen exotische Tiere nicht in Afrikas Wildnis, sondern im heimischen zoologischen Garten abgelichtet werden. Während die Aufnahme von Menschen beim Essen als absolutes No-Go unter professionellen Fotografen gilt, ergeben sich während der Fütterungszeiten von Elefant oder Nashorn oft besonders lustige Situationen, die sich für stimmungsvolle Bilder nutzen lassen. Bei umzäunten Gehegen ist die Verwendung einer möglichst großen Brennweite mit hoher Schärfe empfehlenswert. Mit einer dichten Positionierung an den trennenden Draht verschwindet dieser aus dem Fokussierbereich und eine Beeinträchtigung der Sicht wird vermieden.

Tierfotografie zu Hause …

Es muss aber auch gar nicht der seltene Singvogel oder das neugeborene Eisbärbaby sein. Haustiere gehören zur Familie – warum also nicht ein Foto vom geliebten Vierbeiner in Erwägung ziehen und den eigenen Hund als Model verewigen? Die besten Freunde des Menschen sind nicht nur treue Seelen, sondern auch dankbare Fotomotive. Denn nicht nur sind sie rund um die Uhr als Shooting-Stars verfügbar. Durch die enge Beziehung zum Menschen reagieren sie auch auf seine Stimme und Befehle und können im Laufe der Zeit an die Klickgeräusche des Kameraauslösers gewöhnt werden. So springen sie nicht sofort auf, nähert sich die Hand mit dem Smartphone oder der Digitalkamera: Das reizende Bild von Hund und Katze in inniger Zweisamkeit auf dem Fernsehsessel ist so zu jeder Zeit garantiert.

Was nicht immer zu jeder Zeit funktioniert, sind Kunststücke oder bestimmte Körperhaltungen der Haustiere. Auch Hunde haben ihren eigenen Willen und benötigen zwischendurch eine Pause. Werden sie ständig zu Platz, Sitz und Männchen aufgefordert, werden sie sich irgendwann zurückziehen. Zurückhaltende Tiere lassen sich hingegen mit Leckereien anlocken oder einem quietschenden Ball. Oft hilft es auch, sich um Unterstützung weiterer Familienmitglieder zu bemühen. Lenken die Kinder den Vierbeiner ab oder nehmen ihn auf ihren Schoß, ergeben sich häufig besonders persönliche und intime Motive für bleibende Erinnerungen auf Zelluloid.

Grundsätzlich sollte auf die Verwendung eines Blitzes verzichtet werden – nicht nur verschreckt das plötzliche grelle Licht die felligen Mitbewohner, es kann auch zu Augenschäden führen. Denn so gut sich Tier und Besitzer verstehen: Auch dem intelligentesten Hund wird schwer zu vermitteln sein, im Augenblick des Fotografierens seinen Kopf zur Seite zu drehen und nicht in die Kamera zu schauen. Als praktische Alternative eignen sich Reflektoren. Sie verstärken das noch vorhandene Licht und hellen so dunkle Umgebungen weit genug für ein schönes Bild mit deutlich erkennbarem Motiv auf.

Bei einer solchen Porträtaufnahme des Hundes kann sowohl eine große Blende verwendet als auch eine lange Belichtungszeit eingestellt werden. Denn weder ist die Darstellung eines gestochen scharfen Hintergrundes erwünscht noch eine Verwacklung wahrscheinlich.

 … oder beim Spaziergang

So niedlich es ist, schlafen Dackel oder Dobermann in ihren Körben, so spannend sind Aufnahmen der Tiere in Bewegung. Wer beim Gassi gehen seine Kamera einsteckt, wird mit Sicherheit einige Gelegenheiten haben, seinen Hund beim Rennen, Schwimmen oder Herumtollen mit anderen Vierbeinern abzulichten. Doch Actionfotografie erfordert auch ein wenig mehr Vorbereitung. Um sich diese besondere Art der Tierfotografie zu erleichtern, sollte die Kamera entsprechend den Bewegungen des Tieres eingestellt werden. Scharfe Fotos erfordern eine Belichtungszeit von mindestens 1/250 Sekunden, einen hohen ISO-Wert und möglichst kleine Blenden. Wer es sich noch einfacher machen möchte, der schaltet an seiner Kamera den kontinuierlichen Autofokus für Bewegungsfotografie ein. So bleibt der Fokus auf den Vierbeiner garantiert scharf, ohne dass eine permanente manuelle Nachjustierung erfolgen muss.

Tipps für das gewisse Extra

Neben der Ausrüstung, der Umgebung und dem Motiv entscheidet auch die Art der Aufnahme über die letztendliche Qualität des Bildes.

Auf den Blickwinkel kommt es an

Wer nach dem gewissen Extra sucht, kann ohne viel Mühe den konventionellen Blickwinkel auf Hund, Katze oder Maus gegen eine ungewöhnliche Sichtweise auf die Tiere eintauschen. Denn allein aufgrund deren Größe und Lebensraum sind zunächst bestimmte Perspektiven vorgegeben: Vögel werden auf Ästen oder in der Luft zumeist von unten fotografiert, Hamster und Meerschweinchen von oben oder der Seite, Pferde oder große Hunderassen auf Augenhöhe. Mit ein wenig Flexibilität lässt sich dies ändern. Wer sich auf den Boden legt, kann auch seinen Vierbeiner einmal von schräg unten ablichten, wer auf eine Leiter steigt, die Rotkehlchen im Vogelhaus von oben.

Die Perfektion liegt im Detail

In sämtlichen Lagen sollten den Tiermotiven stets genug Raum gegeben und Gliedmaßen nie abgeschnitten werden. In anderen Worten: Blickt der Hund gerade gebannt nach links, sollte er in der rechten Bildhälfte positioniert werden – inklusive gespitzter Ohren und aufgestellter Rute. Eine Ausnahme zur Ganzkörperfotografie bilden auch bei Tieren Porträtaufnahmen. Besonders viel Aufmerksamkeit sollte dabei der Augenpartie des Models gewidmet werden. Wie auch bei Menschen geben die Augen eines Tieres in der Regel Auskunft über den aktuellen Gemütszustand – mit dem treuherzigen Blick des Welpen, dem neugierigen Blick des jungen Hundes oder dem routinierten Ausdruck eines älteren Hundes gewinnt jedes Foto noch einmal mehr an persönlicher und individueller Aussagekraft.

Mit dem Unvorhergesehenen rechnen

Es gilt auch für den eigenen Hund: So gut erzogen er sein mag, er ist und bleibt ein Tier – und damit in bestimmten Situationen unberechenbar. Für Tierfotografen heißt dies, sich auch auf nicht erwartete Umstände einzustellen. Wer bereits ein Wunschbild im Kopf hat, wird dieses nur dann realisieren können, schießt er so viele Fotos wie möglich – je größer die Auswahl am Ende, desto eher ist das Erhoffte dabei. Für alle Tierfotografen mit Digitalkamera heißt dies, unbedingt auf ausreichend Speicherplatz zu achten. Denn nichts wäre ärgerlicher, als den perfekten Moment zu verpassen, weil zuvor bereits zu viele durchschnittliche Aufnahmen die Kapazität der Karte erschöpft haben.

Einfach mal ausprobieren

Klang dies nun doch alles komplizierter als erhofft, sollte die Flinte nicht ins Korn geworfen bzw. die Kamera in der Schublade gelassen werden. Gerade Hunde eignen sich als perfekte Einstiegsmotive für alle, die in fernerer Zukunft doch scheue Wildtiere oder fliegende Vögel auf ihre Speicherkarte bannen möchten. Schritt für Schritt können das Smartphone gegen die Profikamera, der schlafende Vierbeiner gegen fliegende Vögel eingetauscht werden. Wer die oben genannten Tipps beherzigt und den erforderlichen Willen und Geduld mitbringt, der wird am Ende das Foto seiner Träume schießen können.

Das könnte Sie auch interessieren: