Tierärzte: Macht die Rassezucht ­unsere Hunde krank? – Enttäuschende Reaktion des ­VDH-Präsidenten

Von Maren Heinrich

WUFF-Leserin Maren Heinrich studiert Tiermedizin und befasst sich besonders mit der Rasse­hundezucht und deren Folgen. Mit großem Interesse nahm die Studierende daher am ­diesjährigen Leipziger Tierärztekongress teil, über dessen Auftaktveranstaltung mit dem Titel „Macht die Rassezucht unsere Hunde und Katzen krank?" sie für WUFF berichtet. Der mit Spannung ­erwartete Vortrag des VDH-Präsidenten, von dem man Perspektiven für eine Wende in der ­Hundezucht erwartete, war dann allerdings für die angehende Tierärztin sehr enttäuschend.

In der Auftaktveranstaltung zum Kongress mit dem Titel „Macht die Rassezucht unsere Hunde und Katzen krank?" schilderte Prof. Dr. Gerhard Oechtering, Direktor der Kleintierklinik der Universität Leipzig, die oftmals verheerenden Auswirkungen von Qualzucht, welche die Lebensqualität und Lebenserwartung der Tiere drastisch mindere. Im Besonderen wurden die gesundheitlichen Probleme der brachycephalen (kurzköpfigen) Hunderassen (z.B. Französ. Bulldogge oder Mops) dargestellt und mit Röntgenbildern, CT-Aufnahmen und Endoskopie-Videos bewiesen. Die abnormen anatomischen Gegebenheiten z.B. des Atmungsstrakts dieser Hunde führen dazu, dass sie nicht frei atmen können, und auch die Thermoregulation ist deutlich vermindert. Kein Wunder also, dass bei einer Untersuchung der Universität Leipzig herauskam, dass brachycephale Hunde im Sommer größtenteils nur zwischen 10 und 30 Minuten Gassi gehen können. Anscheinend gehört es fast schon zur Tagesordnung, dass viele dieser Hunde bei sommerlichen Temperaturen ­kollabieren. Oechtering sprach sich daher für eine von Züchtern unabhängige Qualitäts­kontrolle aus. „Der Gesetz­geber muss die Qualzucht-Gesetzgebung schlag­kräftiger machen", ­forderte der Veterinär­mediziner.

Enttäuschung über VDH-Präsident

Auf den Vortrag des Präsidenten des Vereins für das deutsche Hundewesen (VDH), Prof. Dr. Peter Friedrich, zum Thema „Zeitgemäße Hundezucht – Wir brauchen Zuchtvereine" war ich besonders gespannt, da ich mir Ansätze zur deutlichen Verbesserung der Hundezucht in Deutschland erhoffte. Aber weit gefehlt. Neben einer – in meinen Augen – Selbstbeweih­räucherung (Friedrich züchtet selbst Greyhounds und Sloughis und brachte das in seinem Vortrag überdeutlich zum Ausdruck) beschränkte sich der VDH-Präsident in einigen wenigen Sätzen auf den Herzfehler der Greyhounds, der allerdings nach seiner Aussage fast komplett rausgezüchtet worden sei. Zum Ausstellungswesen, den dringend benötigten Veränderungen in der Rassehundezucht und den Problemen der brachycephalen Rassen machte Friedrich jedoch keine konkret greifbaren Aussagen. Kamen in der anschließenden Podiums­diskussion Themen wie der Mopsbelastungstest (siehe weiter unten) und die gesundheitlichen Probleme der brachycephalen Rassen auf den Tisch, dann tat der VDH-Präsident dies immer wieder mit den Worten ab, dass die Rassen im VDH gesund seien. Zum Mops­belastungstest meinte er selbst­bewusst, dass ihn über 90% der Möpse locker bestehen würden.

Geschönte VDH-Statistik?

Im Anschluss gab es den ­Themenkreis „Brachycephale". Prof. Oechtering zeigte reichlich erschreckendes Bildmaterial von „normalen" Hunden dieser Rassen, die mit Hilfe einer Operation mehr Lebensqualität bekommen sollen. Bilder von schlafenden brachycephalen Hunden mit einem Kau­knochen oder einem Stuhlbein im Maul, damit sie nicht ersticken, oder ein Mops, der nur mehr im Sitzen schlafen kann, weil er im Liegen zu ersticken droht, sind traurige Realität.

Wissenschaftler der ­Universität ­München referierten über den Mopsbelastungstest. Dabei werden Atem- und Herzfrequenz gemessen, dann muss eine Strecke von 1 km in maximal 11 Minuten gelaufen werden. Bei 50% der getesteten Möpse haben sich Atem- und Herzfrequenz nach 15 Minuten Ruhe noch immer nicht normalisiert – durchgefallen. Die Aussage des VDH-Präsidenten, dass im VDH angeblich über 90% der Hunde der Rasse Mops den Belastungs­test bestanden hätten, wirkt angesichts dieser Ergebnisse eher ­schönredend als seriös. Oder aber sie erklärt sich aus dem Umstand, dass, wie eine „Insiderin" aus dem Publikum be­richtete, der Besitzer eines Mopses nicht gezwungen sei, ein Testergebnis einzureichen. Das bedeutet dann, dass nicht jeder durchgefallene Hund in der Statistik auch auftaucht …

Kritisch bleiben!

Ich wünsche mir, dass WUFF weiterhin kritisch die Probleme der heutigen Rassezucht aufzeigt. Mir blutet das Herz, wenn ich diese Hunde sehe, die unter dem Schönheitswahn der ­Menschen leiden müssen. Es muss sich dringend etwas ändern!

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