Tauber Hund, na und? – Neue Plattform für Hunde mit Behinderung

Von Stefanie Quatember

Ben war acht Wochen alt, als er zu Stefanie Quatember kam. Er konnte ganz normal hören. Stolze dreizehn Jahre ist der liebevoll genannte „Senior" mittlerweile alt und bis auf ein paar ­Wehwehchen, die mit dem Alter kamen, war Ben völlig gesund. Aber seit nunmehr einem Jahr ist Ben taub. Im ­Folgenden erzählt Bens Frauchen, wie sich der Alltag dadurch ändert und die Beziehung ­intensiver wird. Und sie berichtet über eine neue Plattform für Halter von Hunden mit Behinderung.

Vor einem Jahr habe ich bemerkt, dass Ben immer schlechter hört. Er reagierte nicht mehr so schnell auf Geräusche, hörte die Türklingel nicht mehr, war scheinbar ein wenig orientierungslos. Pfeifen, Klatschen, sehr laute und schrille Geräusche nahm er damals allerdings noch wahr. Man kann es ungefähr so beschreiben, als wäre er in einen Wattebausch eingehüllt und hörte Geräusche nur noch sehr dumpf. Nach einem viertel Jahr allerdings reagierte unser Senior, wie wir Ben liebevoll nennen, auf gar keine Geräusche mehr. Die Diagnose des Tierarztes: (Alters-)Taubheit.

Alltag mit einem tauben Hund

Der Alltag mit einem tauben Hund ist zweifellos eine große Umstellung. Man muss sich daran gewöhnen, dass man dem Hund SICHTzeichen gibt, anstatt mit ihm zu reden. Ben orientiert sich nun viel stärker an mir, meiner Mimik und Gestik. Ganz besonders ­intensiv konzentriert er sich auf ­meine Augen. Er bemerkt das kleinste Augen­zwinkern. ­Geschlossene oder offene Augen mit verschiedenen Kopfbewegungen sind für ihn völlig ­verschiedene Aufforderungen. Nach dreizehn Jahren können Halter und Hund gegenseitig kleinste Veränderungen der Mimiken, Gestiken und Augenbewegungen zuordnen.

Sichtzeichen

Natürlich müssen wir die verschiedenen Kommandos neu lernen. Wir haben in seiner Jugend zwar schon Sichtzeichen trainiert, dies aber dann nicht mehr weiter geübt. Ben hat sich die Kommandos von damals aber gut gemerkt. Nun frischen wir diese Sichtzeichen wieder auf. Wir üben jetzt die wichtigsten Kommandos, Sitz, Platz, Bleib und Komm. Das sieht für einen Außenstehenden bestimmt sehr unterhaltsam aus, wenn man mich wie einen Hampelmann herumspringen sieht. Aber nachdem man seine Aufmerksamkeit ja nicht mehr durch die Stimme auf sich lenken kann, geht es nicht anders.

Alter Hund

Abgesehen von der Taubheit merkt man Ben das fortschreitende Alter schon an. Seine Schlafphasen sind viel länger und tiefer, Spaziergänge sind nun zeitlich begrenzt und gemütlicher. Senior sucht viel mehr meine Nähe als früher und wir verstehen uns auch aufgrund der Taubheit noch viel mehr ohne Worte.

Ich genieße die Zeit, die ich noch mit ihm habe, sehr intensiv. Natürlich hat sich mit der Taubheit einiges verändert, mir fallen aber ausschließlich positive Aspekte ein. Wenn man nach dreizehn Jahren mit seinem Hund noch inniger zusammenwächst, der Hund sich noch intensiver an einem orientiert, dann ist das ein ausgesprochen wunderschönes Gefühl.

Behinderter Hund – na und?

Meine Freundin Kathi Hengl hat damals einen ihrer Hunde aus einer Tötungsstation in Ungarn geholt. Antosz ist auf einem Auge blind und hat zusätzlich Krummbeine (Radius Curvus-Syndrom). Auf der Suche nach Informationen im Internet stieß Kathi nur auf deutsche Anlaufstellen. Im November vergangenen Jahres kam Kathi auf mich zu und fragte mich, was ich von der Idee hielte, eine Informationsplattform für Besitzer behinderter Hunde in Österreich aufzubauen. Ich war sofort Feuer und Flamme und wir starteten die Umsetzung.

www.behinderter-hund.at

Das Projekt „Behinderter Hund – na und?" ist bereits online. Unter
www.behinderter-hund.at können sich Besitzer besonderer Hunde über Tierärzte, Tierkliniken, Hundeschulen, Hundetrainer, Physiotherapeuten, Orthopädietechniker und Bezugsquellen für z.B. Rollstühle informieren. Auch die Krankheitsbilder der verschiedenen Behinderungen kann man auf der Seite einsehen. Zum Erfahrungsaustausch und Rat-Holen haben wir ein Forum eingerichtet. Auf facebook unter www.facebook.com/BehinderterHund verbreitet sich unser Projekt lauffeuerartig. Wir wollen damit Besitzer besonderer Hunde erreichen, die uns Erfahrungsberichte und Fotos zukommen lassen, damit sich andere Halter (oder die, die es noch werden wollen) gut informieren können. Auch für Besitzer gesunder Hunde ist die Seite interessant, da man sich vorab informieren kann, wenn beispielsweise ein tragischer Unfall passiert, oder wie zum Beispiel im meinem Fall, wenn die Alterstaubheit des Hundes einsetzt.

Paralympisches Turnier

Mirjam von www.tierschuh.at ist auf uns zugekommen und wir planen nun gemeinsam ein paralympisches Turnier für den Spätherbst 2012. Genauer Termin und Ort werden noch bekannt gegeben. Sicher ist, dass dort Besitzer behinderter ­Hunde zusammen­kommen und unter Gleichgesinnten sind. Das Leben mit einem behinderten Hund ist oft nicht einfach, und so wollen wir bei diesem Turnier aufklären, informieren und aufzeigen, dass ein behinderter Hund eben so viel Lebensqualität haben kann wie ein gesunder Hund.

Kontakt & Info

Zum ständigen Aufbau unserer Website suchen wir Kontakt­adressen, Informationen, Erfahrungs­berichte, Fotos, usw., idealerweise per Mail an
admin@behinderter-hund.at.
Unter dieser Adresse bekommt man auch die Infos zum anstehenden Turnier im Spätherbst dieses Jahres.

Wir bitten um eure Unterstützung, damit das Projekt wachsen kann und wir viele Hundebesitzer erreichen!

www.behinderter-hund.at

Das könnte Sie auch interessieren: