Support Dogs

Von Iris Strassmann

Gemma ist eine verläßliche Haushilfe und hilft auch am Waschtag mit. Sammy und Sally erfüllen zwar auch mit Freude die Arbeiten des Haushaltsalltags, ihre Spezialitäten sind aber eher medizinischer Natur. Es sind keine Aupair-Mädchen oder Babysitter, von denen hier die Rede ist, sondern drei der 86 Hunde von Support Dogs, einer von Val Strong gegründeten Charity-Organisation für Menschen mit einer körperlichen Behinderung.
Heather Swindell, eine behinderte Lehrerin, holte sich aus einem Tierheim den Mischling Gemma und bat Support Dogs, den Hund auszubilden. Die Organisation trainiert solche Hunde für spezielle Aufgaben, vorausgesetzt, der Vierbeiner erfüllt gewisse Voraussetzungen. Es geht dabei um Gehorsam, Vertrauen, Sozialisierung, Angepaßtheit und eine feste Beziehung zu seinem Besitzer.

Zumeist aus Tierheimen
Gemma mußte sich zuerst einem strengen Wesenstest und einer tierärztlichen Untersuchung unterziehen, bevor das intensive, etwa 3 – 6 Monate dauernde Ausbildungsprogramm beginnt. Diese hundlichen Helfer kommen zumeist aus Tierheimen, werden kastriert und müssen zwischen 6 Monate und 4 Jahre alt sein. Das Training wird von einem der sieben Ausbilder der Organisation zunächst in Sheffield, im nördlichen Englanda, durchgeführt. Dann kommen die Hunde in ihr Zuhause, wo sie die ganz speziellen Fertigkeiten erlernen, die auf die Bedürfnisse des behinderten Besitzers abgestimmt sind.
Die Hilfe der Hunde erlaubt ihren Besitzern ein unabhängigeres Leben. Alle Hunde werden zweimal jährlich tierärztlich untersucht und regelmäßig vom Trainer besucht, der ihnen, wenn nötig, neue Fertigkeiten beibringt. Sobald die Ausbildung beendet ist, werden die Hunde als „Assistance dog“ registriert und dürfen ihre Frauchen und Herrchen überall hin begleiten.

Hilfe am Waschtag
Gemma hilft beispielsweise beim Anziehen, bringt das Telefon, wenn es läutet, hebt hinuntergefallene Gegenstände auf, bringt die Post, schaltet das Licht ein oder aus und betätigt einen Alarm, wenn ihr Frauchen stürzt. „Sie ist eine unvorstellbare Hilfe, aber der Waschtag ist für Gemma die größte Freude“, sagt Heather. „Sie be- und entlädt die Waschmaschine mit großem Spaß. Ich fürchte mich auch nicht mehr davor, daß mir etwas zu Boden fällt, denn Gemma bringt es mir wieder. Sie hat mein Leben verändert, gibt mir ein neues Selbstvertrauen und macht mir vieles möglich, was ich ohne sie nicht konnte. Unsere Leben sind miteinander verbunden. Es ist einfach wunderbar.“

Anfallswächter
Support Dogs bildet drei spezifische Kategorien hundlicher Assistenten aus. Neben den Hunden für physisch Behinderte gibt es auch die „seizure alert“ Kategorie ( = Warnung bei Krampfanfällen) für Menschen mit Epilepsie und „medical assistance“ Hunde für Diabetiker und Patienten mit Morbus Meniere, einer Mittelohrerkrankung mit Schwindel, Erbrechen und gelegentlich auch Taubheit.
Sammy und Star kümmern sich um Menschen mit Epilepsie. Sammy, ein 5-jähriger Schnauzer, verhalf Jacqueline Evans, 45 Jahre alt, mit chronischer Epilepsie, zu einer neuen Selbstständigkeit und Kontrolle über ihr Leben. Der Hund entdeckt bereits die für Menschen noch nicht erkennbaren Zuckungen von Jacquelines Augen oder ihrer Muskulatur, meist etwa 20 Minuten bevor es zum Anfall mit Bewußtlosigkeit kommt. Durch Heulen oder Bellen warnt Sammy sein Frauchen und gibt keine Ruhe mehr, bis sie ihr Medikament nimmt, das den Anfall verhindert.
Auch Sally Burton, die schon lange an chronischer Epilepsie leidet, sagt, daß ihr einjähriger Mischlingshund Star ihr Leben zu 100% verändert habe: „Ich brauche jetzt keine Angst mehr vor einem Anfall zu haben. Wenn Star plötzlich zu bellen beginnt und an meinen Kleidern zu ziehen, weiß ich, was zu tun ist. Ich kann mir das Leben ohne sie nicht mehr vorstellen, und ich liebe Star unendlich.“

Lange Erfahrung
Val Strong gründete Support Dogs im Jahre 1992. Sie hatte immer schon Freude daran, Hunde auszubilden, und tat dies erfolgreich in ihrem Hundeverein. Die Anfrage, zwei Hunde behinderter Besitzer für spezielle Aufgaben zu trainieren, führte zur Gründung der Wohltätigkeitsorganisation. Als eine an Epilepsie leidende Hundebesitzerin sie bat, ihren Hund dazu auszubilden, daß er vor ihrem Anfall Decken auf dem Boden vorbereite, damit sie sich beim Sturz nicht verletze, erkannte Val Strong, daß der Hund der Frau den epileptischen Anfall schon lange vor seinem Eintreten registrierte. „Manche Hunde erkennen neurologische Veränderungen bei ihrem Besitzer bis zu 40 Minuten vor dem Anfall. Da ich Hunde für Menschen mit Epilepsie ausbildete, war es naheliegend, es auch mit Diabetes (Warnung vor Unterzuckerung mit folgender Ohnmacht) und seit kurzem auch Morbus Meniere (Warnung vor einem starken Schwindelanfall mit Sturz) zu versuchen.“

Wieviele Hunde sind im Einsatz?
Val Strong: „Wir trainieren derzeit 25 Hunde pro Jahr, aber auch der Hundehalter wird mehrere Monate lang ausgebildet“. Ein Klient, ein Mann in den Dreißigern, hat bereits große Diabetesschäden. Ihm wurde bereits ein Bein amputiert, und er leidet an Augen- und Nierenproblemen. Sein Hund Perry spürt, wenn Herrchen die Gefahr einer Unterzuckerung (Hypoglykämie) droht. Sofort beginnt er dann zu bellen und bringt ein Päckchen Zucker, Schokolade und Kekse und drängt sein Herrchen zur Einnahme derselben.
Es kostet 5.000 Pfund (entspricht ca. ATS 110.000 oder ca. DM 15.300), um einen Hund auszubilden. Dem Besitzer werden für die Ausbildung seines Hundes keine Kosten berechnet, auch die regelmäßigen tierärztlichen Untersuchungen sind eine Gratisleistung von Support Dogs. Die Organisation besteht aus einem kleinen professionellen Team sowie einer Zahl an Freiwilligen und hängt vollständig von öffentlichen Spenden ab.

Forschung über Hundeintelligenz
Support Dogs unterstützt Professor Stephen Brown, einen Neuropsychiater der Universität Plymouth in Südwestengland, bei seinem dreijährigen Forschungsprojekt über hundliches Verhalten. Forschungsgegenstand ist die Intelligenz des Hundes mit dem Ziel herauszufinden, wie weit der Vierbeiner auf die speziellen Bedürfnisse seines Besitzers eingehen kann.
„Ich habe zahlreiche Anfragen aus der ganzen Welt, um ähnliche Initiativen aufzubauen, aber so gerne wir dies täten, wir haben einfach nicht die finanziellen Möglichkeiten, das zu tun“, sagt Frau Strong. „Derzeit gibt es Support Dogs nur in England, aber seit der Aufhebung der Quarantäne ist es möglich, daß wir unseren Dienst auch auf den europäischen Kontinent ausweiten. Aber es würde dann schwierig werden, die Besitzer auszubilden, was ein wichtiger Teil unserer Arbeit ist. Ich bin sicher, wir können noch sehr viel mehr tun, um die natürliche Intelligenz des Hundes zu fördern und seine Fähigkeiten als Hilfe für behinderte Menschen.



>>> WUFF – INFORMATION


Support Dogs

Support Dogs, John Fisher Centre, Trianco House, Thorncliffe Park Estate, Chapeltown, Sheffield S35 2PH, England
Tel.: +44-114-257 7997
Fax: +44-114-240 2821
sptdogs@aol.com
www.support-dogs.org.uk



Das könnte Sie auch interessieren: