Im vorangegangenen Artikel zum Thema Stress ging es um die Definition des Begriffs und mögliche Auslöser. Im zweiten Teil gibt Hundeerziehungsberaterin Susanne Last Auskunft darüber, welche Beschäftigungsformen Stress auslösen können, ob zu viel Ruhe zu Unterforderung führen und wie man den individuellen Alltag im Sinne des Hundes gestalten kann.
Interview mit Susanne Last von Silke Richter
Fotos: Silke Richter
Welche Arten von Beschäftigungsmöglichkeiten können Stress auslösen?
Ich würde ungern pauschal darauf antworten, denn genauso wenig wie es gute/schlechte Beschäftigung gibt, gibt es »den Hund«. Wenn wir eine Wahrnehmungssensibilität zugrunde legen als genetische Disposition, die bei den meisten Hunden an ihrem Habitus, also an ihrem Erscheinungsbild zu erkennen ist, auch wenn man nicht viel über die Herkunft weiß und wir wissen, dass das neuronale System im jungen Alter ausgebildet wurde und der Hund hier sein Referenzsystem aufgebaut hat oder eben nicht, dann können wir individuell entscheiden, welche Beschäftigungen der Sache zuträglich sind oder auch nicht.
Meine Empfehlung lautet: Je wahrnehmungssensibler und impulsiver der Hund ist, umso weniger würde ich mit Bewegungsreizen dahingehend arbeiten, dass der Hund als Sichtjäger ins Hetzen kommt. Ich würde vielmehr auch mit Bewegungsreizen an der Impulskontrolle arbeiten und den Hund eher mit der Nase jagen lassen. Grundsätzlich erscheinen mir Beschäftigungen für den Hund nur dann adäquat, wenn sie sich mit dem Thema Jagd beschäftigen. Der Hund ist ein Beutegreifer und unsere hoch spezialisierten, auf einzelne Jagdsequenzen gezüchteten Hunde umso mehr. Zudem lebt er hochsozial mit uns Menschen zusammen, wir tragen hier also die Verantwortung, ihm eine Beschäftigung anzubieten, die ihm als Jäger gerecht wird. Alles andere kann man machen, es ist nur die Frage, ob es für den Hund sinnvoll erscheint. Mitmachen wird er in jedem Fall, er möchte den sozialen Anschluss nicht verlieren, ob er es deswegen lieber mag, bleibt dahingestellt.