Strahlentherapie für Mensch und Hund

Von dogodu-Redaktion

Das Gesundheitssystem in Großbritannien ist nicht gerade ein Vorbild für Europa. Ein jährlich fixes Nationalbudget, mit dem alles bezahlt werden muss, führt zur Rationierung der Gesundheitsleistungen für seine Bürger. Daher haben ältere Menschen in Großbritannien kaum mehr eine Chance, vom staatlichen Gesundheitssystem ein künstliches Hüftgelenk finanziert zu bekommen, auch wenn es medizinisch erforderlich ist. Um die Einnahmen zu steigern und die Schulden von 36 Mio. Euro abzubauen, hat sich das Ipswich Hospital in Suffolk etwas einfallen lassen.

Vorhandene, zum Wochenende nicht genützte Ressourcen im Krankenhaus sollen genutzt werden, so in der Abteilung für Strahlentherapie. 75.000 Euro pro Jahr sollen damit hereinkommen, Strahlentherapie für Haustiere anzubieten, hofft Jan Rowsell, die Sprecherin des Krankenhauses. Heftiger Widerspruch kommt aber sofort von Katherine Murphy, der Vorsitzenden der Patientenvereinigung von Ipswich: „Die Vorstellung ist schrecklich. Ich hoffe, dass diese Idee nicht verwirklicht wird!" Tatsächlich handelt es sich nämlich erst um eine von 700 Ideen der Mitarbeiter, wie das Krankenhaus seine Einnahmen steigern könnte.

„Die Idee ist, dass die Strahlentherapie über das Wochenende an Tierkliniken vermietet wird, die damit ihren vierbeinigen Patienten eine optimale Strahlentherapie anbieten können. Entweder bringen sich die Veterinäre das Personal mit, oder sie mieten das Krankenhauspersonal, das über den möglichen Zuverdienst nicht gerade unglücklich wäre", erklärt Jan Rowsell den Plan. „Natürlich werden die Räume vor und nach der Strahlentherapie der Haustiere desinfiziert."

„Krankenhäuser gehören dem Menschen, und so soll es bleiben", vertritt Katherine Murphy hingegen ihren Standpunkt. Doch Hunde sind im Ipswicher Krankenhaus schon nichts Ungewöhnliches. Einerseits wird im Haus schon länger mit Therapiehunden gearbeitet, und andererseits dürfen blinde Besucher ihre Blindenführhunde, wie überall in England, auch in Krankenhäuser mitnehmen.

Das englische Gesundheitsministerium will auf Anfrage von WUFF dazu keine Stellungnahme abgeben, weil es sich nicht um einen konkreten Plan, sondern lediglich um die Diskussion von Vorschlägen handele. Andrew Lansley, der „Schattenminister" der Konservativen, nützt hingegen die Diskussion, um die Fehler der Regierung von Tony Blair im englischen Gesundheitswesen anzuprangern: „Man sollte meinen, dass die Geräte für Patienten auch voll ausgelastet sein sollten, was offenbar nicht der Fall ist. Das ist ein Beispiel für die Folgen des Missmanagements der Regierung Blair im Gesundheitssystem."

Auch die Gewerkschaft stößt in dasselbe Horn und lässt ihren Sprecher ausrichten: „Erst letztes Jahr wurde das Ipswich Hospital mit dieser 2,7 Mio. Euro teuren Strahlentherapie ausgestattet. Das soll nun allen Patienten zugute kommen, nicht nur denen aus der Region. So könnten die Ressourcen weit besser genutzt werden." Dagegen hält das Krankenhaus, dass es überhaupt keine Wartezeiten für Strahlentherapie-Patienten gebe, wie dies etwa für computertomographische oder andere radiologische Untersuchungen gelte. Würde es Wartezeiten geben, hätten Menschen selbstverständlich Vorrang, so die Sprecherin des Ipswich Hospitals.

Unterstützung erhält das Krankenhaus hingegen von der Tierschutzorganisation RSPCA (The Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals), die den Vorschlag, ungenutzte Ressourcen für Tiere einzusetzen, für eine blendende Idee hält. Und die Vereinigung der britischen Kleintiermediziner (BSAVA, British Small Animal Veterinary Association) ist derselben Meinung. Der zunehmende Fortschritt der o­nkologischen Therapie bei Hunden und anderen Tieren stünde in eklatantem Missverhältnis zu den vorhandenen Möglichkeiten, konnte man schon im November des Vorjahres auf der Website der BSAVA lesen. Man könnte Hunde mit bestimmten Krebserkrankungen heute viel besser therapieren, aber Geräte für die Strahlentherapie seien einfach zu teuer. Daher sei die gemeinsame Nutzung durch Mensch und Tier zu befürworten, hieß es.

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