So geht’s! Gute Bindung statt Unsicherheit –

Von Yvonne Adler

 

Die Kolumne zum Thema ­„Alltags­probleme mit dem Hund“.
WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, ­akademisch geprüfte Kynologin und Hunde­trainerin, beantwortet Ihre ­Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltags­problem mit Ihrem Hund — kurz formuliert und mit 1 - 2 Fotos.
In dieser Ausgabe geht es um ein Problem mit einer ­falschen „Übung“ zum Bindungsaufbau, die das Gegenteil bewirkt hat. Schritt für Schritt erklärt Yvonne Adler, wie man das Problem lösen kann.

Liebe Frau Adler!
Wir haben eine 14 Monate alte Shar Pei Hündin namens Bella. Zum Bindungs­aufbau im Welpenalter haben wir uns bei Spaziergängen oftmals versteckt und sie musste uns dann suchen. Wir haben auf Anweisung unseres Trainers wirklich brav trainiert. Aber nun hat sich folgendes ­Problem daraus entwickelt: Egal, wo wir mit Bella spazieren gehen, sie bleibt immer ganz nah bei uns und traut sich meist nicht mal ein paar Schritte auf die Seite, um sich zu lösen. Selbst in sehr bekanntem Gebiet, wo wir oft mit ihr spazieren gehen. Sie spielt auch mit keinen anderen ­Hunden bei einem Spaziergang, obwohl sie andere Hunde bei uns zu Hause im Garten toll findet. Wissen Sie vielleicht einen Rat, wie wir die Spaziergänge für Bella verbessern könnten?
Liebe Grüße, Familie Kastner.

Liebe Familie Kastner!
Zum Bindungsaufbau beginnen ­einige Hundehalter damit, sich zu ver­stecken, wenn sich der Welpe oder Junghund zu einem tollen Reiz wegbewegt oder abgelenkt ist (was für Hunde in diesem Alter vollkommen normal ist). Das Problem bei dem plötzlichen und unangekündigten Verstecken ist jedoch, dass hier gleich in jungen Jahren das Vertrauen des Hundes in seine Umwelt geschmälert wird. Oft wird auch noch empfohlen, dass man als Mensch so lange im Versteck bleiben soll, bis der Hund wirklich stark und fast schon verzweifelt die Besitzer zu suchen beginnt. Dies hat dann zur Folge, dass Hunde sich bei Spaziergängen immer wieder nach den Besitzern umschauen. ­Diese Hunde haben ja in ihrer sensiblen Lebensphase, in der ein Welpe, der den Rudelanschluss verliert, nicht überlebensfähig ist, gelernt, dass sie sonst alleine gelassen werden. Für den Hund bedeutet das hohen Stress, und natürlich sind auch „Existenzängste“ damit verbunden. Daher ist es nur verständlich, dass Bella auch nicht mit anderen Hunden spielen mag, da sie anscheinend kein entspanntes Umfeld beim Spazierengehen hat.

Wenn die Hundebesitzer diese „Übung“ sehr ernst nehmen und dies sehr oft üben, wird der Welpe immer weiter verunsichert und traut sich im Endeffekt gar nicht mehr von den Haltern weg. Natürlich spielen bei dieser Entwicklung das Individuum Hund und dessen Persönlichkeit eine Rolle. Ein sehr selbstbewusster Hund wird bei dieser oben genannten „Übung“ wahrscheinlich weniger beeindruckt und nicht so schnell aus der Ruhe zu bringen sein.

Hier bleibt aber fraglich, warum man diese Variante überhaupt wählt. Es macht doch viel mehr Sinn, das Vertrauen des Welpen aufzubauen und positives Verhalten zu bestärken, also dem Hund zu vermitteln, dass es sich auszahlt, beim Menschen zu bleiben, anstatt dieses junge „Hündchen“ von Anbeginn an zu verunsichern und zu ängstigen.

Um das Vertrauen wieder aufzubauen, ist es sehr wichtig, dass Sie in einer vertrauensvollen Umgebung trainieren. Hier geht es gar nicht darum, für Verhalten „X“ ein Leckerchen zu zücken, da Sie ja später beim Spazierengehen wollen, dass sich Ihre Bella von Ihnen wegbewegt. Erhält sie nun Leckerchen von Ihnen, würde sie sich wieder nur an Ihnen orientieren.

Überlegen Sie sich ein Kommando, welches Bella „Entspanntheit und Vertrautheit“ vermitteln soll, z.B. „Alles ok, prima.“ Ist bei dem Kommando Ihre Stimme hektisch, nervös und unsicher, so überträgt sich das auf Bella. Sie wird dann nicht mehr entspannt sein und dies erschwert das Training. Sie geben das Kom­mando, wenn sich Bella z.B. im Garten von Ihnen weg bewegt und zu einer Pflanze schnüffeln geht. Oder Sie legen einen neuen Ast in den Garten, bestücken diesen mit Leckerchen, und wenn Bella sich interessiert und vertrauensvoll mit diesem beschäftigt, geben Sie ihr das neue Kommando. Nach einigen Übungen wird Bella sehr schnell mit dem Kommando die gewünschte angenehme Emo­tion verbinden. Zusätzlich verknüpft sie, dass sie sich auf Sie und das ­Kommando verlassen kann, was das Vertrauen wieder verstärkt. ­Darüber hinaus lernt Bella, dass sich vom Besitzer zu entfernen ebenfalls Lob und Sicherheit bringt und sie so auch entspannt abseits schnüffeln kann.

Wenn Sie dieses Training konsequent durchführen und die Vertrauens-Übung mit Kommando vom Garten aus weiter ausdehnen und bei positivem Erfolg immer wieder steigern, wird es für Ihre Bella bald weniger problematisch sein, sich auch mal entspannt beim Spaziergang zu lösen ohne Angst oder Unsicherheit zu verspüren, dass sie verlassen wird. Dieses „Mehr-Vertrauen“ in die Umwelt und in den Besitzer würde die Lebensqualität Ihrer Bella sicher ungemein steigern.

Eine echte Bindung benötigt ein Vertrauensverhältnis zwischen Hund und Halter, damit sie auch im Alltag bestehen kann. Viel zukünftiges Vertrauen wünsche ich Ihnen und Ihrer Bella!
Ihre Yvonne Adler

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