Sind Sie ein ­Leittier?

Von Pia Grubbauer

Oft sind es nur die winzigen Kleinigkeiten, die einem den Tag ­verschönern – voraus­gesetzt, man ist bereit, sie zu entdecken und ­aufzunehmen. ­Begleiten Sie unsere neue Kolumnistin Pia ­Grubbauer auf ihren gedank­lichen Reisen, bei Erlebnissen aus dem Alltag mit ihrem Hund, und teilen Sie ihre ­Reflexionen und Theorien.

Der Leithund unterbricht die Handlung eines Rudelmitgliedes, indem er sich diesem in den Weg stellt. Souverän, bestimmt und ruhig – wie es eben nur ein Leithund kann und tut.

In Trainings, bei denen der Mensch lernen soll, wie er eine Handlung unterbrechen kann, wird diese Souveränität von uns erwartet. Oder wir versuchen diese Souveränität zu erlernen. Souveränität und Bestimmtheit soll unser Handeln leiten, nur dann werden wir als Leithund akzeptiert, nur dann akzeptiert ein Hund, dass er sich in dieser Situation unterordnen muss.

Während ich also auf meiner allmorgendlichen Laufrunde bin, meine Hunde fröhlich im Feld um das Vielfache mehr laufen und doch immer mich im Auge behalten, frage ich mich Folgendes: Wie kann ich souverän und leitend handeln, wenn ich es gar nicht bin? Wie viele Menschen fühlen sich wirklich als „Leittier“? Werden wir im Tiertraining nicht total überfordert mit den Ansprüchen an uns selbst und an unsere Tiere?

Wie dieses Verhalten unseren ­Hunden glaubhaft vermitteln, wo doch der Hund seit der Entwicklung vom Wolf zum Hund darauf spezialisiert ist, die kleinste Mimik-Änderung zu erkennen? Begreift ein Hund nicht sofort, dass meine Souveränität und Bestimmtheit nur einstudiert ist, aber nicht selbst aus meinem Inneren kommt? Ganz abgesehen von der olfaktorischen Perfektion des Hundes, vor der nichts versteckt bleibt?

Liegt die Lösung vielleicht in der Akzeptanz, dass nicht jeder ein Leittier sein kann? Werden die Einen die wahren Hundeflüsterer sein, und die Anderen doch nur ein akzeptiertes Rudelmitglied? Was wir Menschen jedoch gar nicht erkennen – und uns nur wundern, dass manchmal doch nicht alles so läuft, wie es laufen soll.

Und führt nicht genau diese Akzeptanz zu einer harmonischen Hund-Menschbeziehung, in der zwar nicht immer alles so läuft wie geplant, aber sowohl Mensch als auch Hund bis zu einem gewissen Grad so bleiben können, wie sie wirklich sind, und sich dafür umso wohler fühlen?

Und was sind Sie? Sind Sie ein Leittier? Fragen wir uns selbst!

Mit tierischen Grüßen
Pia und Stoffl

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