Schottland mit Hund

Von Sonja Thiede

Abseits der klassischen Reiseziele

Sonja Thiede reist mit ihren zwei Malteser-­Rüden seit vielen Jahren nach Schottland und ist mittler­weile eine richtige Schottland-Kennerin, vor ­allem, wenn es um Reisen mit dem Hund geht. Es gibt zwar einige Einreisebestimmungen mit dem Hund zu beachten und eine lange Anreise, aber dafür wird man mit einsamen Stränden und ­abwechslungsreichen Landschaften belohnt.

Seit über 6 Jahren reise ich regelmäßig für mehrere Wochen nach Schottland und das nicht alleine. Meine zwei Malteser-Rüden, Diego und Balu, begleiten mich jedes Mal. Ohne sie wäre der Urlaub kein Urlaub. Diesen Juni verschlug es uns an die Westküste Schottlands. Die Fahrt mit der Übernachtfähre von Ijmuiden (NL) nach Newcastle (UK) war wie jedes Jahr sehr entspannt. Die Hunde übernachteten im vertrauten Umfeld des Autos, denn mit in die Kabine dürfen sie leider nicht. Am nächsten Morgen kamen wir in New­castle, der letzten größeren Stadt Englands vor der schottischen ­Grenze, erholt an. Es sind circa 5 Stunden ­Autofahrt bis nach Oban – unserem ersten Stopp. Oban nennt sich auch „das Tor zu den Inseln“. Die kleine verträumte Hafenstadt bietet Allerlei Tagesausflüge, Wildlife-Trips und andere Boots­touren zu den Inneren und Äußeren Hebriden – so nennt man die Inseln an der schottischen Westküste.

Die Inneren Hebriden:
Drei Inseln an einem Tag
Unser erster Tagesausflug war die Drei-Insel-Tour: Mull, Staffa und Iona. Diese Tour hat mich besonders gereizt, da ich schon immer „Fingal’s Cave“ einmal ­sehen wollte. Eine beeindruckend 85 Meter lange Höhle auf der Insel Staffa. Sie besteht zum größten Teil aus sechs­eckigen Basaltsäulen, die im Tertiär – also vor ungefähr 65 Millionen Jahren – entstanden sind. Sie hat viele Künstler und Musiker inspiriert, unter ­anderem den Autor Jules Verne, den Maler ­William Turner und den Komponisten Felix Mendelssohn, um nur einige zu nennen.

Gemeinsam mit den Hunden begann die Reise mit der Fähre von Oban nach Mull. Von dort fuhren wir circa eine Stunde mit dem Bus bis an den Hafen ­Fionnphort, wo wir ein kleines Boot bestiegen. Die Busfahrt über Mull war durch das graue Wetter etwas ­getrübt, jedoch die Unterhaltung mit den anderen Reisenden umso amüsanter. Wir ­lernten dort eine Reisegruppe von ­rüstigen Seniorinnen aus der Schweiz und eine fünfköpfige Familie aus den USA kennen. Wie so oft, waren die Hunde ein Eisbrecher und wir kamen schnell ins Gespräch.

Die Überfahrt nach Staffa war eine feuchte Angelegenheit, da es zu nieseln begann und auch die Wellen ab und an ins Boot schwappten. Da wir aber erprobte Schottlandreisende sind, ­schreckte uns das nicht ab, und so schlüpfte nicht nur ich schnell in die Regenkleidung, sondern auch die Hunde bekamen ihre Regenanzüge an. Das brachte viele an Board zum Schmunzeln. Dem Wetter trotzend näherten wir uns Staffa. Ich war kurz abgelenkt – da ich dachte, ich hätte in den Wellen eine Delfinflosse gesehen – als das Boot plötzlich beidrehte und ich mich umsah und sich der riesige Eingang der Höhle auftat. Ein „oh wow“ rutschte an dieser Stelle nicht nur mir heraus. Eine andächtige Stille umfing das Boot und alle zückten ihre Kameras. Nachdem das Boot angelegt hatte, konnten wir eine Stunde lang die Insel entdecken.

Die Höhle ist nicht das Einzige, was Staffa zu bieten hat. Sie ist auch Nistplatz der putzigen Papageientaucher. Diego und Balu gehorchen zwar sehr gut, jedoch war es zum Schutz der Vögel, dass sie an die Leine mussten. Nach dem Aufstieg über die steile Treppe vom Anlegesteg eröffnete sich uns eine weite grüne Landschaft, die durch einen kleinen Trampelpfad unterbrochen wurde. Hinter einem Hügel sammelten sich die Menschen und saßen zwar nahe der Klippe, jedoch weit genug weg, so dass die Papageientaucher landen konnten. Wir setzten uns etwas abseits der Gruppe an einen kleinen Vorsprung. Die Hunde waren dankbar für die kurze Rast und beobachteten gebannt die vielen umher flatternden Puffins – wie sie im Englischen genannt werden. Papageientaucher kommen bis auf wenige Zentimeter heran, sofern man sich ruhig verhält und wenig bewegt.

Die Tour führte uns danach auf die dritte Insel: Iona. Sie ist hauptsächlich bekannt durch das Kloster Iona Abbey, das im Jahr 563 von einem irischen Mönch und Missionar gegründet wurde. Von hier aus verbreitete sich das Christentum in Schottland.

Bed & Breakfast oder Zelt?
In Schottland ist es relativ mühselig, hundefreundliche Unterkünfte zu finden. Wenn man Glück hat und eine entdeckt, die auf der geplanten Strecke liegt, ist diese oft schon Monate im Voraus ausgebucht. Auf dieser Reise war es mir wichtig, ein bisschen Abwechslung reinzubringen, so auch im Bereich der Unterkünfte. Einige Nächte blieben wir in B&Bs, andere wiederum genossen wir naturnah im Zelt. Wer plant wild zu zelten, sollte sich mit dem „Scottish Outdoor Access Code“ – Schottischer Verhaltenskodex für Flora und Fauna – vertraut machen. Prinzipiell gilt, dass Camper keinerlei Spuren hinterlassen dürfen.

Isle of Skye
Unser nächster Halt war die Isle of Skye. Sie ist eine der beliebtesten Reiseziele und ein Paradies für Wanderer, Naturliebhaber und Hobbyfotografen. Wir verbrachten vier Tage auf der Insel, die man mit dem Auto gut über die Skye Bridge, die über Loch Alsh führt, erreichen kann. Da Wandern mit Hunden besonders viel Spaß macht und die Landschaft von Skye so wunderschön wie abwechslungsreich ist, haben wir uns ausschließlich darauf konzentriert und die Städte vernachlässigt.

Der erste Wandertag führte uns zum „Old Man of Storr“ – nordwestlich auf der Halbinsel Trotternish gelegen. Es gibt Parkplätze am Seitenstreifen der Straße, von dort führt der Weg durch ein Tor straff nach oben. Der Aufstieg ist streckenweise sehr steil, doch man hat die Felsennadel immer im Blick. Es lohnt sich jedoch, sich einmal umzudrehen und die sagenhafte Aussicht zu genießen. Parallel zum Weg verläuft ein kleiner Bach mit klarem Wasser, was nicht nur von den freilaufenden Schafen sondern auch von den Hunden sichtlich genossen wurde. Zu den Schafen muss ich hinzufügen, dass sie generell einen respektablen Abstand zu den vielen Besuchern halten, die sich durch ihre Weide in Richtung des „alten Mannes“ bewegen. In der Zeit von April bis Mai, wenn ihre Lämmer geboren werden, und die 3-4 Monate danach sollte man darauf achten, nicht zwischen Mutterschaf und Lamm zu geraten – zum Schutz der Tiere und auch zum eigenen Schutz. Hunde mit ausgeprägtem Jagdinstinkt sind in der Zeit strikt unter Kontrolle zu halten.
Wir übernachteten auf einem Zeltplatz in Staffin. So schön Wildcampen auch sein kann, im Juni ist es nachts kaum über 10 Grad warm und die Zeltplätze ver­fügen über heiße Duschen. Der Zeltplatz ist einfach gehalten, aber die Betreiber sind sehr bedacht auf Sauberkeit und sind sehr hilfsbereit.

Am nächsten Tag fuhren wir mit dem Auto entlang des Quiraing einer Bergkette, die dank eines massiven Erd­rutsches zu ihren bizarren Felsformationen kam. Dort gibt es einen der beliebtesten Aussichtspunkte der Insel. Es gibt einen Parkplatz und gegenüber davon erreicht man den Wanderweg, der in das Gebirge führt. Ein weiteres beliebtes Ausflugsziel sind die „Fairy Pools“. Es handelt sich dabei um einen Bach, der entlang des Glen Brittle verläuft und immer wieder durch unterschiedlich große Becken unterbrochen wird. Wasserfälle ergänzen diese märchenhafte Landschaft. Folgt man dem Fluss, wird einem immer mehr bewusst, warum er den verträumten ­Namen „Fairy Pools“ – wörtlich übersetzt Feen-Becken – trägt.

Die Äußeren Hebriden: Harris und Lewis
Von der kleinen Hafenstadt Uig im ­Westen von Skye setzten wir mit der Fähre zu den Inseln Harris und ­Lewis über. Es handelt sich hierbei um die größte der Äußeren Hebriden. Den nördlichen Teil dieser Insel bezeichnet man als Isle of Lewis und den südlichen Teil als Isle of Harris. Harris besticht durch seine gegensätzliche Landschaft. Im Westen sind atemberaubende Strände mit weißem Sand und türkisfarbenem Wasser. Im Osten zeigt sich die Insel von ihrer steinig kargen Seite, die an eine Mondlandschaft erinnert. Wir übernachteten in Leverburgh, am unteren Ende der Insel. Es gibt nicht viel in dem verträumten Städtchen aber eines der besten Sea-Food Restaurants in ganz UK: The Anchorage. Das Tolle an diesem Restaurant ist, neben der hervorragenden Küche und Aussicht auf das Meer, dass es einen Barbereich hat. Fast überall in Schottland gilt, wenn ein Restaurant einen separaten Barbereich hat, kann man das gleiche Essen zum selben Preis bekommen mit dem Unterschied: der Hund darf mit. Ansonsten sind die Vierbeiner in Restaurants nicht gestattet.

Auf den Äußeren Hebriden läuft die Zeit langsamer. Die Schlange im „Supermarkt“ (eher ein Tante-Emma-Laden) bewegt sich gemütlich und die Zeit nutzen die Einheimischen, um sich über den neuesten Klatsch und Tratsch auszutauschen, oftmals in Gälisch. Besonders auf diesen Inseln wird die Sprache noch gelebt. Wir tourten einige Tage über die Inseln Harris und Lewis. Besonders gut gefallen hat mir die „Anlage von Callanish“, insgesamt die größte heute bekannte Steinformation der Megalithkultur auf den britischen Inseln, die um 3000 v. Chr. erbaut wurde. Hunde dürfen übrigens mit hinein und zwischen den historischen Steinen schnüffeln.

„The Butt of Lewis“, der nördlichste Punkt der Insel mit seinem Leuchtturm, erinnert ein bisschen an das „Ende der Welt“. Ab hier heißt das nächste Land Färöer Inseln oder Island. Wer ein wenig Zeit, Geduld und ein Fernglas mitbringt, kann vorbeiziehende Delfine, Wale oder andere Meeressäuger beobachten. Die Hauptstadt Stornoway ist mit ihrem geschäftigen Treiben ein ­angemessenes Kontrastprogramm zu den sonst so ruhigen Landschaften und Dörfern. Von hier aus gibt es eine ­Fährverbindung nach Ullapool, und ähnlich wie in Oban werden Bootstouren zu kleineren unbewohnten Inseln angeboten. Wildlife und auch sportliche Aktivitäten wie Stand-up-Paddeling und Surfen stehen hoch im Kurs.

Für meine zwei Hunde ist es immer der größte Spaß, an den endlosen menschenleeren Stränden zu toben. Man sieht es ihnen regelrecht an, dass sie glücklich sind. Die wilden und abwechslungsreichen Landschaften Schottlands sind immer wieder eine Reise wert, vor allem mit Hund. Ich kann es jedem Hunde­halter nur ans Herz legen, sich nicht von Einreisebestimmungen und einer langen Anfahrt abschrecken zu lassen. Wer gerne wandert, sein Herz der Natur und rauen Schönheit des Landes öffnet, wird einen der schönsten Urlaube erleben, den Mensch und Hund gemeinsam erfahren können.

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