Schnüffeljournalist Meier – Namen sind nur Schall und Rauch?!

Von Sophie Strodtbeck

Wie praktisch: Wenn ein Zweibeiner auf der Hundewiese Kira ruft, kommen in der Regel mindestens zwei bis drei Vierbeiner angeschossen. Mit Luna, Lea und Mia funktioniert das auch. Bei den Rüden ist es hier in der Gegend Paul, da kommt sicherlich mindestens ein Labrador angelaufen. Ich selber heiße eigentlich „Nein!" oder „Lass das!", manchmal aber auch Meier, Herr Meier für die, die mich noch nicht so gut kennen. Aber wenn ich Meier ge­rufen werde, schaut mir immer garantiert jemand zwischen die Beine und fragt „Warum heißt der Rüde Maja?"…

Mein Frauchen hat einen Spleen: Sie steht auf Namen mit Bedeutung. Das Dönertier heißt ja eigentlich Günes (sprich Günesch), das ist türkisch und heißt Sonne. Tja, da war wohl der Wunsch Vater des Gedankens. Immerhin kommt keiner bis maximal einer, wenn man diesen Namen ruft. Neulich kam mal wieder keiner – akuter ­autistischer Anfall. Ein Kind mit dazugehöriger Mutter stand neben uns, als Frauchen mal wieder die Sonne anbetete und „Günes" rief. Das Kind fragte seine Mutter, warum der Hund Gulasch heißt – Frauchens Antwort, dass sie zu solchem verarbeitet wird, wenn sie nicht sofort ihr hübsches Popöchen hierher bewegt, stieß auf wenig Verständnis.

Andra und Piccolo
Die nächste im Bunde ist Andra, die Beagledame. Sie kam bereits mit diesem Namen aus dem Labor zu uns. Eigentlich sollte auch sie einen „andaren" Namen bekommen, einen mit Bedeutung. Aber Frauchen fiel so schnell nichts Passendes ein. Erst viel später stellte sich heraus, dass Andra auf schwedisch „die Zweite" heißt, was ja passt, und auf katalanisch „die Tapfere", was ja noch viel besser passt, wenn man mit gerade mal drei Wochen einen Brand und die nachfolgende Therapie klaglos hinnimmt. Immerhin war hier der Name eine selbster­füllende Prophezeiung.

Zu Piccolo muss man wohl nicht viel erklären, obwohl mir persönlich „Killer" für einen 3 kg-Zwerg besser getaugt hätte. Man muss ja Eindruck ­schinden! Beim Sohn einer Nachbarin heißt er aber bis heute nur Pikolaus, weil dieser Piccolo das erste Mal gesehen hat, als er bewusst seinen ersten ­Nikolaustag erlebte. Der Name ist in dem Fall geblieben, auch wenn Pikolaus bis heute weder Bart noch Rute trägt und nicht einmal was im Sack hat.

Ich bin der Meier …
Und nun zu meiner Wenigkeit. Wie treue Wuff-Leser wissen, stand ich mit einem halben Jahr bei meinem ­jetzigen Frauchen mit gepackten ­Köfferchen auf der Matte, fünf ­Vorbesitzer hatte ich bis dato verschlissen. Die letzten waren die Meiers. Die Meiers kamen und erzählten erst mal, dass sie den Beagle, also mich, mit dem Namen Bobby übernommen hätten – aber das sei ja kein Name für einen Beagle, meinten sie entrüstet und nannten mich fortan Timmy. Der Unterschied erschließt sich mir bis heute nicht wirklich. Gerufen wurde ich ganz bayrisch Timmerl, ich kam ja vom Tegernsee. Herkunft verpflichtet. Vielleicht war man der Meinung, dass sich ­Bobberl doof anhört. Eigentlich war das auch alles egal und tangierte mich nur peripher, denn Namen waren Schall und Rauch, sie kamen und ­gingen und hatten keine Bedeutung für mich.

Inzwischen ist das natürlich anders! Ich habe ja nun meine Berufstätig­keit aufgenommen und mich als Schnüffelj­ournalist ­selbstständig gemacht. Da ist ein Name mit ­Wiedererkennungswert unbezahlbar. Gut, Meier mag nicht der ­seltenste aller Namen sein, aber den Herrn ­Meier gibt es nur einmal. Um ­Verwechslungen vorzubeugen habe ich mir aber sicherheitshalber noch einen Adelstitel dazu gekauft: ­Meier vom Scheißeck. Denn auch die ­Felder ­hinter unserem Haus haben ganz ­offiziell einen tollen Namen: Das Scheißeck findet man tatsächlich hochamtlich in Landkarten eingezeichnet. Ob man bei der Namensgebung schon wusste, dass das mal meine Ländereien werden würden?

Wiedererkennungswert
So, aber nun zu den Geschichten, die das Beagleleben schrieb, und zu der Erklärung, warum mein Frauchen inzwischen keinem Hund mehr einen Menschennamen verpassen würde. Das kann nämlich manchmal ganz schön peinlich werden. Zum Beispiel folgende Begebenheit, als ich, noch relativ neu im Scheißeck, und mein Frauchen noch ganz neu in ihrer damaligen Stelle als Rindertierärztin war. Ein unbeschriebenes Blatt – bis ich in ihr Berufsleben trat. Ich war als Dr. Meier (den Titel verpassten mir die Bauern) natürlich immer mit auf Praxisfahrt dabei, also auch beim sogenannten „Samen-tanken". Das war das Auffüllen des Samenkübels mit Stickstoff und Bullensperma für künstliche Besamungen. Hierzu kam alle 2 Wochen das große Auto von der Besamungsstation, das „Spermamobil", angefahren, und man traf am Dorfplatz alle Kollegen, die ja schließlich auch für Nachschub sorgen mussten. Während Frauchen den schweren Kübel alleine über den Parkplatz schleppte, wurde mir auf dem Bei­fahrersitz langweilig und ich brachte das Auto zum Bellen. Mein Frauchen fand das nicht so lustig wie ich, drehte sich um und brüllte: „Meier, halt die Klappe!". Mir war das erwartungsgemäß ziemlich Schnuppe, aber der Mann, der hinter Frauchen stand, lief rot an und fragte „wie reden Sie denn mit mir, wer sind Sie überhaupt?". Auf die Rückfrage „Und wer sind Sie?" stellte sich heraus, dass das der Tierarztkollege Meier aus dem Nachbarort war. Tja, der hat uns so schnell nicht mehr vergessen! Aber ich sage ja: ein gewisser Wiedererkennungswert schadet sicherlich nicht …

Meiers missliche Lage
Und weil ich als Beagle der Meinung bin, dass viel viel hilft, und bereit bin, für mein Frauchen alles zu tun, habe ich gleich für noch bleibenderen Eindruck gesorgt. Ich will ja schließlich nur ihr Bestes! Klar scheue ich dafür keine Mühen, und so habe ich mich des­wegen nachmittags beim Spazieren­gehen in eiskalte Fluten gestürzt, was abends einen Hammelschwanz – auch als Wasserrute bekannt – zur Folge hatte. Konkret, das ist eine schlaffe Lähmung der Schwanzwurzel, und besonders Beagles und Labradore sind anfällig dafür. Man geht davon aus, dass es nach einem Bad in kaltem Wasser oder bei intensiver jagdlicher Betätigung auf einer Fährte mit entsprechendem Ruten-Wedel-Dauereinsatz zu einer Minderdurchblutung der Schwanzwurzel und in Folge dessen zu einer (meist vorübergehenden) schlaffen Lähmung kommt. Ein Prachtbeagle wie ich, der normalerweise seine Rute stolz bis fast zur Nase nach vorne gebogen trägt, fällt natürlich sofort unangenehm auf, wenn das auf einmal nicht mehr so ist und alles nur noch traurig hängt. Ich bot ein Bild des Elends! Lacht nur, wer den Schaden hat, braucht ja für den Spott bekanntlich nicht mehr zu sorgen. Jedenfalls war an dem Abend auch noch eine damalige Arbeitskollegin meines ­Frauchens zu Besuch, der meine ­missliche Lage auch nicht entging.

Peinliches Missverständnis
Zwei Wochen später stand mein Frauchen bei dieser Kollegin im Büro, eigentlich sollte es ein harmloser Besuch werden. Nicht geplant waren drei Männer, die gerade auch in ­diesem Büro herumstanden und bei den Worten der Kollegin „Wie geht’s denn dem Herrn Meier, was macht sein Schwanz?" peinlich betreten dreinschauten. Als dann mein ­Frauchen antwortete „Ihm geht’s wieder super, er kriegt ihn wieder hoch, der steht wieder wie eine Eins" war es um die Fassung der Männer geschehen. Die Erklärung, dass es sich bei Herrn ­Meier um einen Hund handelt, konnte auch nichts mehr retten, der Zug war ab­gefahren …

Frauchen Herr Meier?
Einmal habe ich Frauchen auch auf dem Hundeplatz in Bedrängnis gebracht, hehe. Wir gingen an einem Gehege vorbei, in dem gerade der Welpentreff stattfand. Eine der Trainerinnen unterhielt sich mit dem Frauchen eines Beagles, der noch gar kein richtiger Beagle war (weil viel zu klein und viel zu brav). In dem Gespräch ging es um mich, um die angeblichen Flausen in meinem Beaglekopf und was die Halterin dieses Jungspundes daher noch alles zu erwarten habe. Als wir dann des Weges kamen, vernahmen wir ein „das ist er, der Herr Meier!". Eine andere Frau, die sich schon länger zu meinem Fanclub zählt, warf mir ein fröhliches „Servus, Herr Meier!" zu, wie sich das gehört. Und dann ging alles ganz schnell, man hörte nur noch schallendes Gelächter, denn ein Kind, das zwischen meinen Fanclub-Mit­gliedern stand aber mich offenbar noch nicht kannte, hatte seine Mutter mit Blick auf mein Frauchen gefragt, ob denn der vermeintliche Herr ­Meier, der ja sehr weiblich aussieht, nun schon umoperiert sei, aber den Namen noch nicht gewechselt habe … Tja, Beagles und Kinder sagen eben, was sie denken.

Das sind also ein paar Gründe, warum man sich mit Menschennamen bei Hunden zurückhalten sollte – weitere werden sicherlich folgen! Bei „Paul" weiß man inzwischen wenigstens, dass man es in der Regel mit einem Labbi zu tun hat.

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