Berlin (APA/dpa) – Seit vielen tausend Jahren leben Menschen und Hunde zusammen. Die Tiere sind an den menschlichen Lebensstil angepasst. Auch was die Ernährung angeht – so futtern nun auch Hunde zunehmend fleischfrei. Ist das tiergerecht?
Wie das Herrchen, so der Hund. Der menschliche Verzicht auf tierische Produkte wirkt sich auch auf die Ernährung der Haustiere aus, vor allem der Hunde. Diese Entwicklung wirft Fragen auf: Kann man Hunde fleischlos ernähren? Sind es nicht vom Wolf abstammende Tiere mit Reißzähnen – also qua biologischer Ausstattung Fleischfresser? Anders als Katzen, die als strikt carnivore Beutetierfresser mit einem extrem an diese Nahrung angepassten Stoffwechsel gelten, werden Hunde als „carni-omnivor“ (Fleisch- und Allesfresser) eingestuft. „Es besteht grundsätzlich kein Zwang, Fleisch auf den Speiseplan eines Hundes zu setzen“, sagt der Veterinär Jürgen Zentek.
Hunde benötigen ein relativ breites Spektrum an Nährstoffen, darunter Proteine und Aminosäuren, essenzielle Fettsäuren, Kalzium und eine Reihe von Spurenelementen wie zum Beispiel Zink.
Könnten wir Hunde fragen, ob sie Fleisch oder Fenchel bevorzugen, würde der Hund das Fleisch wählen, vermutet Zentek: „Fleisch ist ein Proteinträger, es zeichnet sich durch eine hohe Wertigkeit und ein günstiges Aminosäurespektrum sowie eine hohe Verdaulichkeit aus.“ Ein gesunder Hund kann aber auch pflanzliches Eiweiß verwerten.
Halter müssen dann darauf achten, dass die Versorgung mit essenziellen Aminosäuren gewährleistet ist. Wissenschaftlich gesehen gibt es noch kein abschließendes Urteil darüber, ob man Hunde auf Dauer vegetarisch ernähren sollte.
Die Tierärztin Ellen Kienzle differenziert zwischen vegetarischer und veganer Ernährungsweise: „Wir unterscheiden zwischen lacto-, ovo-, lacto-ovo-vegetarischer und veganer Ernährung. Das heißt, es werden entweder Milch und/oder Eiprodukte verzehrt oder aber nur Lebensmittel pflanzlicher Herkunft.“
Bei erwachsenen, gesunden Tieren, denen keine erheblichen körperlichen Leistungen abverlangt werden, ist in der Regel gegen eine lacto-ovo-vegetarische Ernährung nichts einzuwenden.
Vorausgesetzt, die Nährstoffbilanz der Ration ist ausgeglichen. Oft weisen hausgemachte vegetarische Rationen zum Beispiel einen Kalziummangel auf. Die vegane Ernährung schadet Hunden nach bisherigen Erkenntnissen ebenfalls nicht.
Kienzle sieht die Kombination von vegetarischer Ernährung mit Rohkost bei erwachsenen Hunden allerdings kritisch: „Dann ist kaum vermeidbar, dass große Mengen nicht aufgeschlossener Kohlenhydrate aufgenommen werden, die zu Verdauungsstörungen führen können.“ Auch für tragende und laktierende (milchgebende) Hündinnen sowie für Welpen geben die Experten grundsätzlich grünes Licht für die ausgewogene lacto-ovo-vegetarische Ration. Bei laktierenden Hündinnen mit einem großen Wurf sollte man besonders darauf achten, dass die Energiedichte sowie die Proteinqualität des Futters hoch ist. Vegan sollten Welpen sowie tragende und laktierende Hündinnen aber nicht ernährt werden, sagt die Tierärztin Heidi Bernauer-Münz.
Sie empfiehlt, die Fütterung ohne Fleisch unbedingt mit Experten abzustimmen: „Belastungen durch Alter, Krankheit oder Stress können den Energie- und Nährstoffbedarf von Hunden erheblich verändern.“ Vor allem vegane Ernährung wird Tieren in solchen Fällen nicht gerecht.
Wer also sorgfältig das Futter abgestimmt auf die Bedürfnisse des Tieres mischt, schadet dem Tier mutmaßlich nicht, wenn es auf Fleisch verzichten muss. Bleibt die Frage, ob es fair ist, wenn Hundehalter ihren Lebensstil und ihre Werte auf das Tier übertragen.
Die Tierethikerin Friederike Schmitz, leidenschaftliche Veganerin, sieht es so: „Als Tier, das bei Menschen lebt, wird der Hund in so gut wie allen Aspekten seines Lebens fremdbestimmt. Nicht nur, was er isst, sondern wo er lebt, wann er drinnen, wann er draußen ist, wird für ihn entschieden. Das finde ich viel problematischer als die Auswahl des Futters.“