Sam auf Kneipentour – Alltagsgeschichten

Von Karen Schub

„Wenn es Geschichten aus dem ­Alltag noch und nöcher gibt, wenn man so ­verrückt ist, sein Zuhause gleich mit zwei Beagles zu teilen" (Zitat: Sophie ­Strodtbeck) – dann kann ich mit ­Anekdoten im 4-stelligen ­Bereich aufwarten. Doch ­Rückschlüsse auf meinen Geisteszustand verbitte ich mir dann tunlichst! Denn zu meinem ­Rudel ­gehören drei Beagles: Sam, fast 11, aus einer Jagdzucht, Scarlett, 7, ein ­Tier­versuchshund, und last but not least Murphy, 4, ebenfalls Pensionär aus der Forschung.

Wir waren auf Besuch bei meinen Eltern im ­Bayerischen Wald, die haben da ein ­schönes Haus auf einer Anhöhe in Waldnähe – ein Beagletraum par excellence. Da aber, wie in dieser Gegend üblich, kein Zaun vorhanden ist, ist es ein Beaglebesitzeralbtraum par excellence. Sam hat sich zwar noch nie in den Wald abgesetzt zum Halali, aber er hat durchaus ausgedehnte Komposthaufen Touren hinter sich.

Das letzte Mal hat er seinen Trip im Dunkeln angetreten und die Nachbarn sind auf ihn aufmerksam geworden, weil der Bewegungsmelder immer anging, als er wie eine Wildsau im Kompost gewühlt hat. Das hat ihn aber null gestört, genausowenig wie sein „Eau de Komposté" und die Kratzer an den Pfoten – mich schon …

Seitdem darf er eben nur noch mit Bodyguard raus. Wie dem auch sei, mein Paps wollte abends noch kurz ins Dorf runter zum Wirtshaus auf ein Bierchen. Sam hatte sofort spitz gekriegt, dass er sich ausgehfertig machte, und lief schon erwartungsfreudig hinter ihm her. Sam liebt meinen Vater sehr – mein Papa sagt, das läge daran, dass bei uns der Mann im Haus fehlt …

Ich passte also höllisch auf, dass Sam nicht heimlich mit rauswischte, und ignorierte sein klägliches Gewinsel mit renitentem Unterton. Wir gingen dann kurze Zeit später in die Küche und ich schaute in den Kühlschrank zwecks Abendessen. Normalerweise reißt dieses Quietschen der Kühlschranktür Sam aus dem Tiefschlaf, und das noch kilometerweit, aber diesmal keine Sam-Schnauze zwischen mir und dem Wurstfach. Da sagte mein Sohn feixend: „Ist der Sam doch mit Opa mit?" Ich verneinte vehement und hatte aber trotzdem ein mulmiges Gefühl. Also rief ich sicherheitshalber mal nach ihm. Nichts, kein Trippeln, kein Grunzen. Wir suchten überall – kein Sam! Fast überall, denn plötzlich schoss mir das Blut in den Kopf und ich lief im Stechschritt zu meinem Zimmer. Ich hatte dort das Fenster zum Lüften geöffnet und einen Stuhl davorgestellt, damit es nicht zufallen konnte. Ich steckte meinen hochroten Kopf hinaus und pfiff energisch. Ein Nachbar fragte hilfsbereit, wen ich denn suche, und ich erklärte es ihm. Daraufhin erzählte er mir seelenruhig, dass „der ­Tiefergelegte" vor kurzem den Berg runter geschossen sei mit einem Affenzahn.

Meine Gesichtsfarbe wurde beunruhigend lila und ich wollte mich gerade in meine Schuhe werfen, um im Dorf nach dem Abtrünnigen zu fahnden, einige nicht jugendfreie Verwünschungen auf meinen Lippen, als mein Papa mit Sam im Schlepptau und einem dicken Grinsen den Berg hochkam. Sam war ihm nach und hatte seine Spur bis zum Wirtshaus verfolgt. Da die Tür aber geschlossen war, hatte er sich davor gesetzt und wie ein ganzes Rudel Wölfe geheult. Die Leute liefen lachend zusammen und holten meinen Vater aus der Kneipe (Sam ist dorfbekannt).

Und da sag mal einer, dass ein Beagle nicht lösungsorientiert agiert. Oder, wie meine Mutter es ausdrückte: „Der Hund wollte nur verhindern, dass die ganze Rente verpichelt wird."

Sam hat übrigens keine Mantrailling-Ausbildung, aber vielleicht sollte ich ihn darauf trainieren, abtrünnige ­Männer in Kneipen ausfindig zu machen – wäre bestimmt ein einträgliches Geschäft in Großstädten. Und sollte das ­floppen, dann bewerbe ich mich für den ­zweiten Teil von „Frauen am Rande des ­Nervenzusammenbruchs" – Beagle sei Dank …!

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