Salzburg (APA): Der Wolf ist zurück in Österreich, und die Population wird in den kommenden Jahren laut Experten eher zu- als abnehmen. „Wir werden lernen müssen, wieder mit dem Wolf zu leben“, sagte Christian Pichler vom WWF am Rande einer maßgeblich von der Naturschutzorganisation mitorganisierten internationalen Tagung in Salzburg, die sich mit dem Schutz von Nutztierherden beschäftigt. „Leider hat die Politik das Thema lange Zeit verschlafen“, betonte Pichler. Während in Salzburg die Entscheidung der Behörden über einen Antrag auf Abschuss eines Wolfs noch aussteht (laut Land ist voraussichtlich Ende Jänner damit zu rechnen) beschäftigten sich die rund 200 Tagungsteilnehmer mit Alternativen zur Tötung. „Es gibt Möglichkeiten, seine Schafs-, Ziegen- und Rinderherden anders zu schützen“, so Pichler. Allerdings hinke Österreich hier Ländern wie der Schweiz, Frankreich oder Slowenien um Jahre hinterher.
Eine Studie der University of Wisconsin zufolge, die in den USA und in Europa durchgeführt wurde, seien Abschüsse von Wölfen eine wenig effektive Maßnahme, um Risse zu verhindern. In mehr als 70 Prozent der untersuchten Fälle brachten Tötungen keine Verbesserung oder führten sogar zu mehr Schäden an Nutztieren. Im Gegenzug konnten Herdenschutzmaßnahmen in 80 Prozent der Fälle erfolgreich vor Übergriffen schützen.
Landwirte würden sich nach Abschüssen in falscher Sicherheit wiegen und keine weiteren Schutzmaßnahmen ergreifen, erklärte Studienautor Adrian Treves, „Nachziehende Wölfe finden mit ungeschützten Herden einen gedeckten Tisch vor.“ Die Tötung von Wölfen bringe zudem das soziale Gefüge in den Rudeln durcheinander. Der Abschuss eines Elterntieres könne beispielsweise dazu führen, dass Wölfe ihr Jagdverhalten ändern und wegen der fehlenden Erfahrung auf leichter zu erbeutende Tiere wie ungeschützte Schafe ausweichen.
Schutzmaßnahmen
Der WWF fordert darum für Herdenschutz mehr finanzielle und praktische Unterstützung durch die Politik. Neben Elektrozäunen, Nachtpferchen oder dem Einsatz von Schäfern, standen besonders Schutzhunde im Fokus der dreitägigen Tagung in Salzburg. „Herdenschutzhunde sind eines der besten Werkzeuge zum Schutz der Schafe. Aber es ist viel an Wissen verloren gegangen, weil die Raubtiere vielerorts lange verschwunden waren“, sagte etwa der französische Wolfsforscher Jean-Marc Landry.
Da die Ausbildung der Tiere ein bis zwei Jahre dauere, müsse man schnellstmöglich damit beginnen, forderte auch WWF-Wolfsexperte Pichler. Zudem müssten rechtliche Rahmenbedingungen geändert werden. „Laut Tierschutzgesetz brauchen Hunde eine Hundehütte oder einen Unterstand – die Herdenschutzhunde leben und schlafen aber mit der Herde.“
Neben Hunden könnten in Zukunft übrigens auch verstärkt Lamas beim Schutz von Schafsherden zum Einsatz kommen. Diese zeichnen sich durch eine natürliche Abneigung gegen Hundeartige und Kleinraubtiere aus. In den USA und Australien schützen sie etwa Schafherden vor Kojoten, Dingos oder streunenden Hunden. Lamas können zu einer Herde eine soziale Bindung aufbauen und verteidigen die Schafe dann mit Bissen, Ausschlagen, Spucken und Wegdrücken gegen Angreifer.
Erfahrungen im Umgang mit Wölfen sind derzeit aber noch selten – Beobachtungen aus der Schweiz legen aber nahe, dass gewisse Lamas Herden besonders gegen Einzelwölfe schützen können.