Rote Karte für Weiße Boxer?

Von dogodu-Redaktion

Im Vorjahr hat sich Dolly Buster in WUFF mit ihren klaren Aussagen zur Hundehysterie bemerkbar gemacht, was ihr viele Sympathien unter WUFF-Leserinnen und -Lesern eingebracht hat. Dass das Engagement von Dolly Buster keine Eintagsfliege war, beweist sie durch ihren neuerlichen Einsatz für weiße Boxerwelpen. Das Thema war ja schon vor mehreren Jahren in WUFF akut, als wir die Praxis vieler Züchter aufdeckten, die gesunde weiße Boxerwelpen wegen dieser „Fehlfarbe" sofort töteten.

Welpentöten verboten
Mittlerweile dürfen nach den meisten Tierschutzverordnungen in Österreich und Deutschland Welpen ohne medizinischen Grund nicht mehr getötet werden, und so lassen auch die Boxerklubs weiße Welpen leben. Dennoch werden Besitzer weißer Boxer, wenn sie auf Hundeausstellungen (bei welchen die Weißen nicht zugelassen sind, da mit ihnen nicht gezüchtet werden soll) auftauchen, nicht selten mit scheelen Blicken gemustert. Dabei ist die ganze Angelegenheit so völlig normal, bedenkt man, dass am Beginn dieser Hunderasse die (weiße) englische Bulldogge stand.

Erschlagen wegen der Farbe
Obwohl also gesetzlich das Töten weißer Boxerwelpen verboten ist und es die zuständigen Vereine auch nicht mehr verlangen, wird die Praxis noch vielerorts beibehalten. Was in Stall oder im Hinterhof erschlagen wird, nur weil es weiß ist, dringt an keine Öffentlichkeit. Da in vielen Würfen immer wieder weiße Boxer vorkommen, muss jedenfalls auffallen, wenn es Boxerzüchter gibt, die jahrelang nicht einen einzigen weißen Boxer im Wurf haben.

Dolly Busters weißer Boxer
Und hier schließt sich der Kreis zur eingangs erwähnten Dolly Buster. Die im Fernsehen und Videogeschäft tätige Powerfrau hat 2 Boxer, einer davon ist weiß. Sie hat ihn vor dem Erschlagen gerettet. Dass weiße Boxer krank, taub oder nicht lebensfähig wären, bezeichnet Dolly als „eine seit Jahrzehnten verbreitete Lüge." Die prominente Geschäftsfrau zu WUFF: „Ein Boxer würde nicht aussehen wie ein Boxer, wenn er nicht von der englischen Bulldogge abstammen würde. Und die war nun mal weiß. Alle ersten Boxer waren weiß mit Schecken, aber davon wollte man später nichts mehr wissen." Tatsächlich, Boxerexpertin Zahlfeld sagt, dass von der Entstehung der Rasse im Jahre 1895 an mit weißen und Scheckenboxern gezüchtet wurde. Erst seit 1927 wurden keine weißen, und auch keine schwarzen Boxer mehr in das Zuchtbuch eingetragen. Nur noch gelbe und gestromte Boxer, deren Weißzeichnung nicht mehr als ein Drittel des Körpers betrug, waren zur Zucht zugelassen. Dass es bei dieser Farbkonstellation aus genetischen Gründen immer wieder ganz weiße Boxer geben müsse, war klar, wurde aber durch die systematische Tötung der weißen Welpen durch die Züchter stets der Öffentlichkeit verborgen gehalten.

Züchter gegen Welpentöten
Aber es gab sie schon immer, die Hundeliebhaber, die keinen Grund sahen, ihre gesunden weißen krabbelnden Welpen aus Gründen des Rassestandards zu töten. Einer davon ist Heinz Rosenberger. Der Boxerzüchter aus Wien schreibt auf der Titelseite seiner Homepage http://web.utanet.at/ rosenbox/, dass es nicht so sei, dass er weiße Boxer besonders liebe, sondern dass er sie AUCH liebe. Und er findet, dass den Weißen in fast hundert Jahren soviel Unrecht geschah, dass es nun an der Zeit sei, sich für sie einzusetzen. Was für ihn zählt ist nicht die Farbe, sondern dass es Boxer sind. Und Heinz Rosenberger weiß, wovon er spricht, hat er doch Boxer bereits seit 1962. Derzeit sind es vier Boxer, die mit ihm das Leben teilen: Mutter Aquila und Herr Schöberl, sowie die beiden weißen Boxer Schani und Schimanski.

Die Mär vom kranken weißen Boxer
Dolly Buster jedenfalls kann nicht verstehen, dass es noch immer Züchter gibt, die ihre weißen Welpen töten. Sie schämen sich offenbar vor ihren Züchterkollegen dafür. Dabei sollte sich heute schämen, wer gesunde Tiere tötet: „Meine Versuche, manche Züchter zu überzeugen, ihre weißen Boxerwelpen nicht zu töten, sind fehlgeschlagen. Es ist endlich an der Zeit damit aufzuhören, gesunde Hunde zu töten und sich dabei noch wie der Schöpfer zu fühlen". Zum Glück aber gibt es schon einige Züchter, die sich auch über ihre Boxer freuen, wenn sie weiß sind. Frau Zahlfeld züchtet Boxer seit 1994 und hat bis heute 8 Würfe aufgezogen, darunter waren 12 weisse Boxer (Schecken). Sie sagt „In meinen Würfen waren weiße Boxer immer die kräftigsten Tiere und sind auch heute noch kerngesund." Bestätigt wird diese Aussage vom Wiener Boxerzüchter Heinz Rosenberger: „Erfahrene Züchter werden bestätigen, dass weiße Boxer sehr typische Köpfe haben und meistens einen stärkeren Knochenbau. Außerdem kann jeder bestätigen, dass gerade die weißen Welpen in einem Wurf die kräftigsten sind." Die Mär vom kranken weißen Boxer gehört damit tatsächlich in das Reich der Märchen.

Schreiendes Unrecht!
Boxerexperte Heinz Rosenberger: „Ich lebe nun fast fünf Jahre mit zwei weißen Boxern zusammen und habe mich in dieser Zeit sehr für die Weißen interessiert. Von allen Besitzern weißer Boxer, mit denen ich gesprochen habe, konnte mir keiner von irgendwelchen Anomalien erzählen. Als ich meine Weißen aufzog, habe ich sie sehr kritisch beobachtet und war von meinem Handeln gar nicht so überzeugt. Heute weiß ich, dass meine Skepsis unbegründet war und dass man den weißen Boxern ein schreiendes Unrecht zufügt!

Im Zwinger „Ben Satan" der Doktores Menzel und im italienischen Zwinger „Virmar" hat man seinerzeit versucht, die weiße Farbe aus dem Boxer herauszuzüchten, was aber wieder eingestellt wurde (Sabine Bauer, Die Zucht des Dt. Boxers unter bes. Berücksichtigung der Weißscheckung, Bonn 2001). Der Grund waren Qualitätsverluste bei Vitalität, Typ, Knochenbau und Farbe. Dass das Märchen vom Letalfaktor beim weißen Boxer auch in der Praxis der Boxerzucht widerlegt ist, ist trotzdem in Boxerkreisen noch immer nicht ausreichend bekannt.

Aber es gibt mittlerweile auch das andere Extrem. In manchen Kreisen gilt es plötzlich als schick, einen weißen Boxer zu haben, und neuerdings bieten einige Tierhändler die weißen Boxer für teures Geld als Besonderheit an, auch manchmal sogar als eigene Hunderasse. Tatsächlich aber werden weiße Boxer vom seriösen Züchter günstiger abgegeben, weil man mit ihnen ja nicht züchten darf. Hier also wieder einmal der Hinweis: Hände weg von Tierhändlern!

Weiterhin illegale Welpentötungen
Und wie ist nun die derzeitige Situation für die Weißen? Boxermann Heinz Rosenberger: „Heute ist es zwar erlaubt, weiße Boxer aufzuziehen, aber nicht aus eigenem guten Willen und Toleranz, sondern weil das Gesetz verbietet, gesunde Tiere zu töten. Aber sie gelten weiterhin als „Schandfleck" in der Zucht. Die Dunkelziffer der illegal getöteten weißen Welpen ist sicher noch sehr hoch". Was sagen die Boxerklubs dazu? Das Ergebnis unserer Recherche zu diesem Thema in Österreich und Deutschland lesen Sie im Kasten. So wie es aussieht, spricht jedenfalls alles für das Lebensrecht des weißen Boxers und alles gegen das Welpentöten – wenn schon nicht Vernunft und Tierliebe, dann wenigstens die Tierschutzgesetze in Österreich und Deutschland.

>>> WUFF – RECHERCHE

Weiße Boxer: Was sagen die Rasseclubs?

In Österreich diskutiert der Boxerklub bereits seit längerem über die Vorlage einer Neufassung seiner Zucht- und Eintragungsordnung, die jedoch noch der Zustimmung des Gesamtvorstandes bedarf. Hauptzuchtwartin Ingrid Khayll hat aber bereits erreicht, dass weiße Boxer nicht als „Outlaws" gelten, sondern schon heute zuchtbuchmäßig erfasst werden. Ingrid Khayll zu WUFF: „Weiße Boxer erhalten wie die standardgerechten Welpen Ahnentafeln, allerdings mit dem Vermerk ,Zucht- und Ausstellungsverbot’." Wirkliche Freude hat die österreichische Boxerzuchtchefin mit den Weißen aber nicht, „Immerhin haben ,die Alten’ seinerzeit doch gewusst, weshalb sie die weiße Farbe vom Standard ausnahmen. Leider machten sie aber den Fehler, dieses Problem nicht züchterisch zu bekämpfen." Als Tierfreundin aber ist Frau Khayll natürlich der Meinung, dass gesunde Boxerwelpen nicht getötet werden sollen, nur weil sie weiß sind.

Der deutsche Boxerclub trägt seit der Änderung des deutschen Tierschutzgesetzes mit dem Verbot des Tötens gesunder Welpen die weißen Boxer wieder ins Zuchtbuch ein, die Hunde bekommen – so wie in Österreich – auch eine Ahnentafel, ebenso mit dem Vermerk, nicht zur Zucht zugelassen zu sein. Man kann mit einem weißen Boxer Clubmitglied werden, Hundesport betreiben und auch an Bundessiegerprüfungen teilnehmen. An Zuchtshows kann man aber nicht teilnehmen, weil man ja mit weißen Boxern nicht züchten darf.

 

>>> WUFF – INFORMATION

Weißscheckung in der Boxerzucht

Aus dem Beethoven-Gymnasium der Stadt Bonn stammt eine mittlerweile vielbeachtete Seminararbeit von Sabine Bauer mit dem Thema „Die Zucht des deutschen Boxers unter besonderer Berücksichtigung der Weißscheckung" (April 2001).

In der Boxerzucht nimmt die Zahl der zuchtfähigen Tiere immer mehr ab. Dies zeigt sich auch im Rückgang der Zuchttauglichkeitsprüfungen (1998: 663, 1999: 528, 2000: 467 – Daten aus Zuchtbuch 1998 und Boxer-Blätter 2/2001, S.89). Dies schränkt den Genpool, der durch einen verhältnismäßig hohen Inzuchtgrad sowieso schon sehr klein ist, noch mehr ein. Es wäre daher überlegenswert, die Zuchtpopulation des Deutschen Boxers zu vergrößern, indem man gesunde weiße oder gescheckte (= mehr als ein Drittel Weiß) Boxer mit in die Zucht nimmt. Mit wissenschaftlicher Akribie beleuchtet Sabine Bauer in ihrer Arbeit Herkunft und Historie des weißen Boxers, erläutert die Genetik der weißen Farbe beim Boxer und den vermeintlichen Zusammenhang zwischen dem Weißscheckungs-Gen und gesundheitlichen Problemen, insbesondere der häufig zitierten Taubheit.

Die Autorin kommt zu dem Schluss, dass nichts dagegen spricht, die weißen Boxer zur Erweiterung der Zuchtbasis und damit auch des Genpools in die Zucht zu nehmen. Sie empfiehlt auch, dieses Vorhaben unter wissenschaftlicher Begleitung anzugehen, so dass von kompetenter Seite geklärt wird, welche positiven oder negativen Einflüsse der weiße Boxer auf die Zucht hat.

In dieser Arbeit wird gründlich mit dem Vorurteil aufgeräumt, dass weiße Boxer häufiger taub und blind seien oder kränker als ihre farbigen Kollegen. Die einzigen Hunde, die wahrscheinlich eher taub sind und Augenanomalien haben, sind die weißen Boxer mit blauen Augen. Diese Tiere sollte man auch weiterhin von der Zucht ausschließen. Zum Schluss empfiehlt die Autorin etwas, das heute in der Zucht eigentlich bereits Standard sein sollte, nämlich die Nachzuchtkontrolle!

Das könnte Sie auch interessieren: