Auch wenn man sich für Rassehunde nicht besonders interessiert und eher Mischlingshunde bevorzugt, ist es dennoch interessant, ein wenig über Rassekunde zu wissen. Denn auch ein Mischling besteht letztlich aus (mindestens zwei) Rassehunden, die übrigens in Gruppen eingeteilt sind. Oft ist einem Laien gar nicht bewusst, zu welcher Rassegruppe ein Hund überhaupt gehört. Lesen Sie in diesem Artikel mehr darüber.
Hunderassen sind aus der Kreuzung verschiedener Hundetypen bzw. auch der Einkreuzung von verschiedenen Rassen entstanden. Im weitesten Sinn könnte man einen Rassehund also auch als eine »standardisierte Mischrasse« bezeichnen, die im Laufe der Rasse-Entwicklung immer mehr dem gewünschten Typ entsprechen sollte. Genau an diesem Punkt liegt auch der Grundstein der sogenannten Qualzüchtungen. Es wird versucht, erwünschte Merkmale so sehr hervorzuheben, dass sie irgendwann völlig übertrieben erscheinen. Man denke an die Kehlhaut beim Mastino Napoletano, die überkurzen Beine beim Dackel oder die kurzen – oder teilweise gar nicht mehr vorhandenen – Fänge bei den brachyzephalen Rassen (Mops, Französische Bulldogge etc.).
Im Showring bei den Ausstellungen werden keine Hunde als Ganzes mehr bewertet, sondern nur mehr Rasse-Merkmale und -Fehler. Der Hund als Gesamtes wird meiner Meinung nach aus den Augen verloren. Nur ein gesunder Hund mit einer guten Bewegung ist ein schöner Hund. So sehe ich das jedenfalls. Wer das »Grunzen« eines Mopses süß findet und für einen solchen Hund viel Geld ausgibt, der sollte sich bewusst sein, dass er damit Tierleid verursacht. Ich will an dieser Stelle nicht näher auf das Thema Qualzuchten eingehen, aber es gehört in einem Themenspecial »Welcher Hund passt zu mir?« jedenfalls erwähnt.
Die Rasse-Dachverbände
Es gibt mehrere weltweit agierende Dachverbände für Rassehunde. Neben der Fédération Cynologique Internationale (FCI) sind der Britische Kennel Club (KC), der American Kennel Club (AKC) sowie der Canadian Kennel Club (CKC) für die Hundezucht maßgeblich. Hier widmen wir uns dem in Europa bedeutendsten Verband, der FCI. Die FCI dient gemäß ihren Statuten dem Zweck, die Zucht und Verwendung von Rassehunden sowie die Kynologie und das Wohlergehen der Hunde weltweit zu fördern. Der FCI unterstehen die Landesverbände, wie z.B. der ÖKV (Österreichischer Kynologenverband), der VDH (Verband für das Deutsche Hundewesen) oder die SKG (Schweizerische Kynologische Gesellschaft).
Rassegruppen
Die einzelnen Rassen sind in sogenannte »FCI-Gruppen« und darunter in Sektionen unterteilt. Man spricht von der »Rassennomenklatur der FCI«. Falls Sie schon einmal einen Blick in einen Ausstellungskalender bei einer Hundeausstellung geworfen haben, ist Ihnen sicher aufgefallen, dass die Rassen in ebendiese Gruppen eingeteilt sind. Bei manchen Ausstellungen werden alle Rassen an allen Tagen bewertet, bei manchen Ausstellungen werden die Rassen nach FCI-Gruppen und Tagen aufgeteilt. Es macht daher Sinn, sich vor einer Hundeausstellung beim Veranstalter zu informieren, an welchem Tag welche Rassen präsentiert werden. Im anschließenden Text finden Sie eine Übersicht der FCI-Gruppen.
Die FCI-Gruppen im Detail
Gruppe 1: Hütehunde und Treibhunde (ausgenommen Schweizer Sennenhunde)
Sektion 1: Schäferhunde
Sektion 2: Treibhunde (ausgenommen Schweizer Sennenhunde)
Bei den Schäferhunden sind ganz klar der Deutsche und die Belgischen Schäferhunde am bekanntesten. In diese Gruppe fallen aber auch die Collies, Corgis und der Sheltie (Shetland Sheepdog). Auch der Australian Kelpie zählt zu den Schäferhunden, im Gegensatz zum Australian Cattle Dog. Dieser zählt zur Sektion Treibhunde. Hier gibt es nur zwei weitere Rassen: Den belgischen Bouvier des Ardennes und den Bouvier des Flandres.
Gruppe 2: Pinscher und Schnauzer – Molosser – Schweizer Sennenhunde
Sektion 1: Pinscher und Schnauzer
Sektion 2: Molossoide
Sektion 3: Schweizer Sennenhunde
Beim Pinscher denkt man als Erstes an den bekannten Zwergpinscher. Was viele nicht wissen ist, dass auch der Dobermann ein Pinscher ist. Und zwischen dem Zwergpinscher und dem Dobermann ist größenmäßig der eher unbekannte Deutsche Pinscher angesiedelt. Ein ganz anderer Typ und dennoch ein Pinscher ist der Österreichische Pinscher. Früher wurden Pinscher gerne zur Vertilgung von Raubzeug sowie Ratten und Mäusen gehalten und waren als Stallhunde auf fast jedem Hof anzutreffen. Die ebenfalls in dieser Gruppe angesiedelten Schnauzer sind rauhaarige Haushunde mit einem kräftigen Schnauzbart und dichten Augenbrauen. Es gibt drei verschieden große Typen: den Riesenschnauzer, den Mittelschnauzer und den Zwergschnauzer. Schnauzer und Pinscher sind im Grunde der gleiche Rassentyp. Sie unterscheiden sich lediglich in der Fellstruktur.
Molossoide Rassen
In die zweite Sektion der Gruppe 2 fallen die doggenartigen Hunde, wie z.B. der Dogo Argentino oder die Deutsche Dogge. Aber auch Deutscher Boxer und Rottweiler fallen in diese Gruppe, obwohl man bei molossoiden Rassen eher an Bullmastiff, Bordeaux-Dogge oder Cane Corso denkt. Unter der Kategorie »Berghunde« finden sich Rassen wie Bernhardiner, Hovawart, Neufundländer oder auch der Kangal.
Schweizer Sennenhunde
Die dritte Sektion in dieser FCI-Gruppe sind die Schweizer Sennenhunde, das sind Appenzeller, Berner, Entlebucher und Großer Schweizer Sennenhund.
Gruppe 3: Terrier
Sektion 1: Hochläufige Terrier
Sektion 2: Niederläufige Terrier
Sektion 3: Bullartige Terrier
Sektion 4: Zwerg-Terrier
Unter den hochläufigen Terriern sind Foxterrier, Airedale Terrier und Jagdterrier die wohl bekanntesten Vertreter. Auch der Parson Russell Terrier zählt zu den hochläufigen, wobei der Jack Russell zu den niederläufigen zählt. Ein weiterer bekannter Geselle unter den niederläufigen ist der West Highland White Terrier, auch »Westie« genannt.
Die »Bullartigen Terrier« haben durch Rassengesetze und daraus entstandene »Listen« eine traurige Bekanntheit erlangt. Der Bull Terrier und sein kleines Pendant, der Miniature Bull Terrier, sind ebenso bekannt wie der American Staffordshire Terrier und der Staffordshire Bull Terrier. Obwohl diese Rassen für ihr friedliches und freundliches Wesen Menschen gegenüber bekannt sind, werden sie verfolgt, diskriminiert und weggesperrt (die Tierheime sind voll davon). Unter den Zwerg-Terriern finden sich nur drei Rassen, darunter der Yorkshire Terrier als verbreitetster Vertreter.
Gruppe 4: Dachshunde
Beim Dachshund, umgangssprachlich als Dackel bekannt, gibt es drei größenmäßige Variationen: Standard, Zwerg und Kaninchen, die sich dann auch noch jeweils in Kurzhaar, Rauhaar und Langhaar gliedern.
Gruppe 5: Spitze und Hunde vom Urtyp
Sektion 1: Nordische Schlittenhunde
Sektion 2: Nordische Jagdhunde
Sektion 3: Nordische Wach- und Hütehunde
Sektion 4: Europäische Spitze
Sektion 5: Asiatische Spitze und verwandte Rassen
Sektion 6: Urtyp
Sektion 7: Urtyp – Hunde zur jagdlichen Verwendung
Die Gruppe 5 ist eine sehr spannende FCI-Gruppe, denn hier befinden sich einige sehr ursprüngliche und unbekannte Rassen. Die nordischen Schlittenhunde sind noch recht bekannt. Einen Siberian Husky oder Alaskan Malamute kennt fast jeder, aber bei den nordischen Jagdhunden wird es schon schwieriger. Vom Karelischen Bärenhund haben Sie vielleicht schon einmal gehört, aber kennen Sie den Norrbottenspitz aus Schweden oder den Norwegischen Elchhund? Zu den nordischen Wach- und Hütehunden zählen der Finnische Lapphund oder der Islandhund.
Die Deutschen Spitze sind uns wiederum bekannter. Darunter fallen der Wolfspitz, Großspitz, Mittelspitz, Kleinspitz und Zwergspitz. Bei den Asiatischen Spitzen sind der Akita, Chow Chow und Shiba am bekanntesten.
In der Sektion 6 dieser Gruppe, dem Urtyp, finden sich der beeindruckende Pharaonenhund oder der unaussprechliche Xoloitzcuintle (Mexikanischer Nackthund). Obwohl der Pharaonenhund optisch wie ein Windhund aussieht, ist er dennoch in der Urtyp-Gruppe. Auch der Peruanische Nackthund und der Basenji gehören in diese Gruppe.
In der Sektion 6, »Urtyp – Hunde zur jagdlichen Verwendung«, befinden sich die diversen Podencos (Spanien) bzw. Podengos (Portugal), sowie auch der Thailand Ridgeback.
Gruppe 6: Laufhunde, Schweißhunde und verwandte Rassen
Sektion 1: Laufhunde
Sektion 2: Schweißhunde
Sektion 3: Verwandte Rassen
Die Gruppe der Laufhunde ist riesig und hier finden sich Rassen, von denen Sie bestimmt noch nie etwas gehört haben. Noch am bekanntesten sind der Foxhound oder die heimischen Bracken, wie die Brandlbracke, Tiroler Bracke oder Steirische Rauhaarbracke. Auch der Basset Hound ist ein Laufhund, wobei man sich fragen muss, wie diese armen qualgezüchteten Exemplare mit ihren kurzen verkrümmten Beinen laufen sollen. Aber das ist eine andere Geschichte …
Bei den Schweißhunden gibt es nur drei Rassen: Den Bayerischen Gebirgsschweißhund, den Hannoverschen Schweißhund und die Alpenländische Dachsbracke. In die »verwandten Rassen« hat man wohl die platziert, die sonst nirgendwo so richtig dazu passen: Dalmatiner und Rhodesian Ridgeback.
Gruppe 7: Vorstehhunde
Sektion 1: Kontinentale Vorstehhunde
Sektion 2: Britische und Irische Vorstehhunde
Bei den Kontinentalen Vorstehhunden finden sich einige alte Bekannte, wie der Weimaraner, Deutsch Drahthaar und Kurzhaar oder die Münsterländer. So wartet fast jedes Land mit mehreren Vorstehhunderassen auf. Aus Großbritannien kommt der bekannteste Vertreter, der English Pointer. Auch die englischen und irischen Setter kennen Sie bestimmt.
Gruppe 8: Apportierhunde, Stöberhunde, Wasserhunde
Sektion 1: Apportierhunde
Sektion 2: Stöberhunde
Sektion 3: Wasserhunde
Zu den Apportierhunden zählen die beliebtesten Rassen unserer Zeit. Labrador und Golden Retriever kennen Sie, Curly Coated oder Flat Coated Retriever sind schon etwas seltener, Nova Scotia Duck Tolling Retriever (Toller) und Chesapeake Bay Retriever kennen Sie vielleicht nur aus Büchern.
Die Stöberhunde sind in Nichtjäger-Hand eher unbekanntere Hunde. Vom Deutschen Wachtelhund haben Sie bestimmt schon mal etwas gehört, aber wissen Sie, wie er aussieht? Die englischen und amerikanischen Spaniels befinden sich ebenfalls in der Kategorie Stöberhunde, ebenso wie auch der unaussprechliche Kooikerhondje aus den Niederlanden. Der bekannteste Wasserhund ist der Lagotto Romagnolo, der aber häufig zur Trüffelsuche eingesetzt wird.
Gruppe 9: Gesellschafts- und Begleithunde
Die elf Sektionen in dieser Gruppe zähle ich nicht detailliert auf, da es den Rahmen sprengen würde. In dieser Gruppe befinden sich hauptsächlich kleine bis mittelgroße Begleithunde. Die bekanntesten Vertreter sind sicher Pudel und Chihuahua, aber auch Bichons, Havaneser, Malteser oder Shih-Tzus. Die englischen Gesellschaftsspaniels, wie der Cavalier und der King Charles Spaniel gehören ebenfalls dazu. Nicht zu vergessen der Pekingese, Papillon oder Kromfohrländer. Zu guter Letzt sind auch der Mops und die gerade sehr moderne Französische Bulldogge hier vertreten. Warum der Boston Terrier zu den Begleithunden und nicht zu den Terriern gehört, entzieht sich meiner Kenntnis.
Gruppe 10: Windhunde
Sektion 1: Langhaarige oder befederte Windhunde
Sektion 2: Rauhaarige Windhunde
Sektion 3: Kurzhaarige Windhunde
Eines vorweg: befederte Windhunde haben keine Federn. 🙂 Wikipedia sagt zur Befederung in Bezug auf Hunde: »Langes Haar an Ohren, Brust, Läufen und Rute.« Dazu fällt mir sofort der Saluki mit seinem sanftmütigen Wesen ein oder der Afghanische Windhund.
Bei den rauhaarigen Windhunden gibt es nur zwei Vertreter, den Irish Wolfhound und Deerhound (Schottischer Hirschhund).
Die kurzhaarigen Windhunde stellen die größte Kategorie dar. Greyhound, Whippet und Italienisches Windspiel sind wohl die bekanntesten. Auch Azawakh und Sloughi gehören dazu. Der Galgo Español hat in der Tierschutzszene traurige Bekanntheit erlangt. In seiner Heimat werden nach wie vor für die Jagd untaugliche Hunde an Bäumen aufgehängt oder »im besten Fall« ausgesetzt. Über Tierschutz-Organisationen landen diese traumatisierten Hunde dann oft in heimischen Tierheimen. Den Abschluss bildet der ungarische Magyar Agar, ein wirklich temperamentvoller Windhund, der mit windhundartiger Zurückhaltung aber nicht viel am Hut hat. Sehr beeindruckende, aber bei uns eher unbekannte Hunde.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesem Artikel einen kleinen Einblick in die Hunderassen-Gruppierungen geben, damit Sie bei der nächsten Hundeausstellung nicht wie ein Anfänger da stehen. Außerdem ist es für die Entscheidung und Auswahl eines neuen Hundes durchaus von Vorteil zu wissen, in welche »Aufgabengruppe« die Rasse gehört. Denn nicht jeder Mensch ist zum Beispiel für einen Weimaraner geeignet, auch wenn diese Hunde todschick aussehen.
Pdf zu diesem Artikel: rassekunde