In Großbritannien wurde mit Obedience bereits im Jahr 1919 der Grundstein für Rally Obedience gelegt. War Obedience damals noch eine reine Leistungsprüfung (working trials) im BKC (British Kennel Club), vor allem für die im Club gezüchteten Deutschen Schäferhunde, wurde Obedience 1951, nach einer Vorführung auf der Crufts (größte Hundeshow der Welt), als offizielle Sportart für jeden Hund anerkannt. Ende der 1990er-Jahre entwickelte Charles »Bud« Kramer, diesmal in den USA, eine sportlichere, abwechslungsreichere Variante von Obedience. Rally Obedience oder Rally O., wie es von den Fans dieser Sportart liebevoll genannt wird, wurde geboren. Etwa 10 Jahre später wurde diese Trendsportart auch in Deutschland immer bekannter und erfreut sich in den letzten Jahren immer größerer Beliebtheit. Ein Hundesport, den jedes Mensch-Hunde-Gespann ausüben kann.
Rally Obedience kommt nach Europa. In den frühen 2000er-Jahren entdeckten immer mehr Hundesportler diese vielfältige Beschäftigung für sich und ihren vierbeinigen Partner. 2002 wurden erste Regeln entwickelt und kleine Turniere mit noch sehr wenigen Teilnehmern veranstaltet. Im Jahr 2012 wurde das erste Reglement für Deutschland ausgearbeitet, welches 2013 mit der Anerkennung dieser Sportart durch den VDH in Kraft trat.
Der Unterschied zwischen Obedience und Rally Obedience besteht grundlegend darin, dass das Mensch-Hunde-Team einen durch Schilder markierten Parcours selbstständig abarbeitet und dabei nicht auf Anweisungen eines Richters warten oder diese Anweisungen ausführen muss. Im Parcours darf der Halter mit dem Hund sprechen, ihn anspornen und bis in Startklasse 1 loben und sogar belohnen. Grundsätzlich geht es beim Rally Obedience, wie auch im Obedience Sport, um saubere Fußarbeit, Gehorsams- und Unterordnungsarbeit, Bleib- und Abrufaufgaben in Verbindung mit Sprüngen, Slalom um Pylonen oder Futterverweigerungsprüfung.
Die Schilder für den Parcours
Aus einem Grundstock von zurzeit 102 Schildern wird vom Leistungsrichter ein Parcours gestellt. Die Gesamtgröße der Parcoursfläche für alle Starterklassen beträgt 20 x 30 Meter. Die Schilder bilden ab, welche Übung das Sportlerteam Mensch-Hund ausführen muss. Pfeile zeigen die Richtung an, in die es weiter geht. Ein Parcours besteht aus 15 für Beginner, bis 24 Aufgabenposten für die Profis der Startklasse 3.
Es gibt Basis-Schilder mit Einzelübungen, die alleine stehen können und Basis-Schilder, die ein sogenanntes Zusatzschild benötigen, um im Parcours weiter zu kommen. Eine Einzelübung wäre z.B. das Schild »Halt«, welches immer bedeutet, dass das Team in der Grundstellung stehen bleiben soll. Grundstellung heißt, der Hund setzt sich auf der linken Seite des Halters ab. Der Pfeil signalisiert dem Halter, dass es aus der Fuß-Sitz-Position gerade aus weiter geht. Auch die Schilder »Anhalten Platz«, »Anhalten Steh« oder »Anhalten Steh um Hund herum«, können einzeln gestellt werden.
Ein Zusatzschild benötigt z.B. die Übung »Vorsitz«, da es auf diesem Schild keinen Pfeil gibt, der die weiter zu laufende Richtung angibt. Das Schild »Vorsitz« muss also z.B. mit einem »Hund rechts rum – vorwärts« kombiniert werden, sonst gehts im Parcours nicht weiter. Bei den »Mehr-Schild-Übungen« können auch bis zu drei Schilder nebeneinander aufgestellt werden, die Aufgaben werden nacheinander abgearbeitet.
Schilder mit Tempo-Angaben geben an, wie schnell Halter und Hund von Schild zu Schild gehen oder laufen sollen. Wie beim Agility sind die Schilder im Parcours fortlaufend nummeriert, vor dem Start haben die Teilnehmer für eine Parcoursbegehung 10 Minuten Zeit. Um Richtungswechsel einzubauen, werden Schilder, auf denen nur ein Pfeil zu sehen ist, z.B. »nach rechts« und »nach links« gestellt. Zu den Richtungswechseln gehören auch Wendungen wie »270° nach links« oder »360° nach rechts«. Konzentration und Kopfarbeit ist hier also nicht nur vom Hund gefordert.
Dann gibt es noch die Schilder, die die »Würze« in diesen Sport bringen. In der Regel werden 3-4 Pylonen gestellt, an denen die Sportler Slalom-Übungen oder das Umrunden einzelner Pylonen bewältigen sollen. Da gibt es den »Slalom einfach« durch vier Pylonen für die Beginner, den »Slalom hin und zurück« für Fortgeschrittene (dazu wieder ein Zusatzschild, weil man ja wieder am Ausgangspunkt ankommt) und »Slalom einfach mit Ablenkung« z.B. Futterschalen, die der Hund ignorieren muss. Für die fortgeschrittenen Sportler gibt es noch die Schilder, bei denen Hund und Halter Spiralen um die Pylone laufen müssen. Das Schild »Kreis-Spirale Hund innen« z.B. verlangt dem Team eine perfekte, harmonische Zusammenarbeit ab.
Zusätzlich zu den Schildern können Aufgabenstellungen wie »Futterverleitungen« in die Rally eingebaut werden. Dazu sollten 8 Futterschalen oder Schüsselchen vorhanden sein, die mit Leckerchen oder Spielzeug bestückt, eine Verleitung für den Hund darstellen. Wie schon erwähnt können Pylonen integriert werden und auch zwei Sprünge den Parcours vervollständigen.
Bewertung und Punktesystem
Hauptaugenmerk legt der Wertungsrichter bei der Beurteilung auf sauberes Fußlaufen des Hundes und die exakte Ausführung der Übungen, die die Abbildung auf den Schildern verlangt. Im VDH startet das Sportteam mit 100 Punkten auf dem Konto, es gibt jedoch auch Turniere, bei denen mit einem 200 Punkte Kontostand gestartet wird. Die endgültige Punktezahl im Ziel des Parcours ergibt sich im Rally Obedience durch Punkteabzug von der am Startbeginn vollen Punktzahl. Bei leichten Fehlern wie z.B. unsauberes Fuß laufen, umgeworfene Schilder oder nicht einhalten der Sitzposition werden in der Regel 1-3 Punkte abgezogen. Den Verlust von bis zu 9 Punkten gibt es bei schweren Fehlern wie nicht Reagieren des Hundes auf Hör- oder Sichtzeichen und/oder an der Leine ziehen.
10 Punkte Abzug bedeutet, das Team hat die Übung nicht bestanden. Die »Höchststrafe« gibt es, wenn der Hund den Parcours verlässt oder eine Übung vorwegnimmt, bzw. eine Übung ausführt, die nicht gefordert war. Auch der Halter wird bestraft, wenn er zu grob mit dem Hund umgeht. Die Aufstiegskriterien, das heißt, das Team muss mindestens ein Mal 90 Punkte oder drei Mal 70 Punkte erreichen, um in der nächst höheren Klasse starten zu können, müssen erfüllt werden. Dies gilt für alle Klassen von Beginner bis Startklasse 3. Startet ein Team das erste Mal in der Senioren-Klasse, kann nicht wieder in einer anderen Starterklasse angetreten werden. Ein Abstieg in eine untere Klasse kann vom Obi-Sportler selbst beantragt werden. Zum Wiederaufstieg in die nächst höhere Klasse müssen jedoch von Neuem alle Aufstiegskriterien erfüllt werden.
Die Starterklassen
Insgesamt kann bei Wettbewerben in 5 sogenannten Starterklassen gemeldet werden:
Beginner
Der Hund muss bei einem Start mindestens 15 Monate alt sein. Die Parcours werden noch relativ einfach gestellt, dieser besteht aus 15 bis maximal 18 Schildern. Noch sind es relativ einfache Übungen wie Richtungswechsel, Sitz, Platz und Vorsitzen. Der Halter darf seinen Sportskameraden an bestimmten Posten, die mit einem Smiley auf dem Schild gekennzeichnet sind, mit einem Leckerchen belohnen. Um den Parcours abzuarbeiten, hat das Sportteam 4 Minuten Zeit.
Klasse 1
Parcours der Klasse 1 bestehen aus 18-20 Schildern, die Anforderungen werden langsam erhöht. Wie in der Beginner-Klasse kann der Parcours mit oder ohne Leine durchlaufen werden und Futterbelohnungen sind noch erlaubt.
Klasse 2
In dieser Klasse müssen schon 20-22 Schilder in maximal 4 Minuten abgearbeitet werden. Die Aufgaben werden komplexer, der Hund darf nur noch ohne Leine geführt werden. Der Belohnungskeks darf jetzt nicht mehr eingesetzt werden.
Klasse 3
Gestellt werden Parcours, die 22-24 Aufgaben abverlangen, der Schwierigkeitsgrad ist hier schon sehr anspruchsvoll, die Zeitvorgabe weiterhin auf 4 Minuten begrenzt. Reagiert der Hund nicht sofort auf das gegebene Hör- oder Sichtzeichen, kann es hohe Punktabzüge geben.
Klasse Senior
Der Hund muss bei einer Größe von über 55 cm Schulterhöhe beim Start mindestens 6 Jahre alt sein, Hunde kleiner als 55 cm Schulterhöhe mindestens 8 Jahre. Der Parcours besteht aus 12 Übungsschildern, angelehnt an die Parcours der Klasse 1, es gibt keine Zeitbegrenzung mehr und ein Belohnungskeks ist immer und überall erlaubt.
Wettkampftermine finden Sie im Internet z.B. auf der Seite des VDH oder auf den Seiten vieler Hundesportvereine.
Gewinnen ist schön aber dabei sein ist alles – Sieger sind wir alle
Auch wenn Gewinnen schön ist, sollte der Ehrgeiz vor allem beim Sport mit Tieren nicht an erster Stelle stehen. Denke ich an unsere aktive Agilityzeit mit meinen Mädels zurück, bin ich froh, dass wir alle nie zu ehrgeizig waren. Vor allem mit meiner Collie-Hündin Queen hatte ich mir das »dis« auch schon mal bei der ersten Hürde »erlaufen«. Sei‘s drum, Spaß hatten wir.
Am Ende des Wettbewerbs erhalten alle Teilnehmer eine nach Farben und Punkten abgestufte Teilnehmerschleife bzw. eine sogenannte Ehrengabe. Die rote Schleife, Bewertung »vorzüglich« erhalten Teilnehmer mit 90-100 Punkten. Eine blaue Schleife »sehr gut« gibt es für 80-89 Punkte, eine gelbe mit Bewertung »gut« bei 70-79 Punkte. Die Bewertung »bestanden« mit 60-69 Punkten bringt eine grüne Schleife. Unter 60 Punkte wird mit »teilgenommen« bewertet, sollte ein Team tatsächlich einmal 0 Punkte erreichen, wird der Parcourslauf als »nicht bewertet« eingetragen. Alle Teilnahmen an Wettkämpfen an vom VDH organisierten Prüfungen werden in sogenannte Leistungskarten eingetragen.
Für jeden Hund und alle Menschen
Immer wieder möchte ich mit meinen Artikeln Halter von behinderten Hunden ermutigen, auch mit dem Handicaphund Sport zu betreiben. Daher freut es mich außerordentlich, dass im Rally Obedience Reglement des VDH ausdrücklich dazu aufgerufen wird, Hunde mit Handicap in diesem Sport zu führen. Da es keine festgelegten Hör- oder Sichtzeichen gibt, können auch blinde und taube Hunde auf Wettkämpfen starten und dadurch individuell an das Handicap angepasst geführt werden.
Ebenso schafft jeder Mensch, auch Menschen, die nicht über einen Agilityplatz rennen können, einen Rally-Parcours. Es geht nicht um Geschwindigkeit, die Zeitvorgabe von 4 Minuten ist gut bemessen. Das VDH-Reglement spricht ausdrücklich Menschen mit Einschränkungen an, aktiv zu werden und mit dem Hund an Prüfungen teilzunehmen. Im Rally Obedience Parcours sind sogar Rollstühle und Rollatoren erlaubt, falls ein Hundeführer auf diese angewiesen ist.
Ganz bewusst wollte ich Ihnen mit den Bildern zeigen, dass dieser spannende Hundesport für jeden Hund leistbar ist. Egal ob junge Hunde wie Dala, das Tibet Terrier Mädchen, 5 Monate alt, oder Senioren wie die 12-jährige Ruba. Die Aufgabenstellungen können an jedes Alter und jede körperliche Verfassung angepasst werden. Darf der Hund aus Altersgründen noch nicht oder nicht mehr springen, wird eben keine Hürde eingebaut. Mit über 100 Schildern und etlichen Zusatzaufgaben können die Parcours immer abwechslungsreich gestellt werden. Probieren Sie es aus, Sie und Ihr Hund werden begeistert sein.