Pubertärer Hunde-Rüpel: – Wie übe ich sanftes Spielen?

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund“. WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und  Hundetrainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund , kurz formuliert und mit 1 bis 2 Bildern. In dieser Ausgabe geht es um pubertäres Verhalten und wie Sie richtig damit umgehen.

Liebe Frau Adler!
Ich schreibe Ihnen heute, weil ich einen Rat brauche: mein Großpudelrüde Noodles (12 Monate, unkastriert) liebt andere Hunde und spielt sehr gerne mit ihnen. In letzter Zeit wird dieses Spiel jedoch immer wilder. Er beginnt nun, andere Hunde sehr rüpelhaft zu behandeln. Noodles rempelt andere Hunde, wirft sie um und lässt auch dann nicht locker, wenn der Spiel­partner bereits am Boden liegt. Deshalb sind wir in der Hundezone mittlerweile nicht mehr gerne gesehen. Haben Sie eine Lösung für mein Problem?
Beste Grüße, Sigrid Schwarz

Hallo Frau Schwarz,
Ihre Schilderungen bringen mich zu der Annahme, dass Noodles sich ­gerade mitten in der Pubertät befindet. Diese startet (bei großen Rassen wie dem Königspudel) zumeist später als bei kleinen Rassen, ca. im neunten Lebensmonat, und kann je nach Individuum auch länger anhalten. In dieser Zeit entwickeln sich viele – vormals ­brave und gut sozialisierte – Welpen zu rüpelhaften Junghunden. Warum das so ist, ist mittlerweile genau belegt: die Hormone spielen in dieser Zeit „verrückt“ und das Gehirn befindet sich „im Umbau“. Dieser Vorgang, der beim Hund stattfindet, ist dem der pubertierenden Menschen sehr ­ähnlich – Teenies und Junghunde ­laufen mit stolzgeschwellter Brust herum, stellen alles und jeden in Frage und sind dabei noch launenhaft. Dies kann sich bei unseren Vierbeinern natürlich auch besonders stark im Umgang mit Art­genossen zeigen!

Das Verhalten, das Noodles in Spielgruppen an den Tag legt, ist also bis zu einem gewissen Grad normal und je nach Hundetypus mehr oder weniger ausgeprägt. Er testet seine Grenzen aus und „eckt“ deshalb bei anderen Hunden öfter an. Wichtig ist jetzt, dass verhindert wird, dass er dieses rüpelhafte Verhalten perfektioniert und einübt, denn dann hätte es auch im späteren Erwachsenenleben (obwohl die Hormone dann wieder anders sind und der Hund bereits älter) Bestand. Aus Hundesicht logisch: Alles, was ich eingeübt habe, beherrsche ich gut und werde es daher öfters anwenden. Zusätzlich hat Noodles laut Ihren Schilderungen auch noch Erfolg mit dem „Umrempeln“, was dieses Verhalten noch bestärkt. Außerdem birgt das beschriebene Verhalten von Noodles auch Gefahrenquellen, denn es wird Hunde geben, die dieses Verhalten von Noodles nicht tolerieren – es kann also durchaus auch zur Eskalation kommen.

Außerdem ist es aber definitiv keine gute und langfristige Lösung, Noodles in dieser Zeit nicht mehr spielen zu lassen. Soziale Isolation ist nicht der richtige Weg, da der Kontakt mit Artgenossen auch in der Pubertät wichtig ist.

Es bietet sich folgender Trainingsweg an: Sie gehen weiterhin mit Noodles in die Hundezone und lassen ihn spielen. Jedoch sollten Sie sich vorab überlegen, mit welchem Hundetyp oder Hundefreund Noodles am liebsten und am „sanftesten“ spielt. Es soll ein Spiel sein, in dem das Umrempeln eher nicht vorkommt und in dem Ihr Rüde nicht „hochgepusht“ ist. Diese Spielfreunde sollten Sie in nächster Zeit forcieren, damit Noodles keinerlei Chance hat, das rüpelhafte Verhalten zu perfektionieren und einzutrainieren. Beobachten Sie dazu, bei welchen Hunden er dieses rüpelhafte Verhalten zeigt. Eckt Noodles mit Hündinnen ebenso an wie mit Rüden? Hängt es von einem Rassetypus oder von etwas anderem ab? Wenn Sie dies herausgefunden haben, kann man gut vorab erkennen, bei welchem Hundetypus eher nett gespielt werden wird.

Wenn Sie den richtigen Spielpartner gefunden haben, kann das Spiel losgehen! Richten Sie während der Interaktion den Fokus die ganze Zeit auf Ihren Hund und seinen/seine derzeitigen Spiel­partner. Immer wenn er ganz freundlich, nett und vorsichtig mit dem Artgenossen spielt, sagen Sie ihm ein Kommando wie zum Beispiel „fein – schön lieb sein“. Durch Ihre entspannte Stimmungslage und Freude, wenn Noodles nett spielt, verstärken Sie dieses „nette Verhalten“ noch mehr. Hier sollten Sie sich wirklich viel Zeit für diese „Spiel-Übung“ nehmen und im Trainingszeitraum nur „nette Freunde“ treffen.

Wird das Spiel jedoch wilder, versuchen Sie Ihren Hund zu sich zu nehmen und behalten ihn zur „Abkühlung“ ein paar Minuten bei sich. Vielleicht gehen Sie dann kurz raus aus der Hundezone, ­lassen ihn abseits schnüffeln, und danach darf er wieder zu seinen Freunden. Immer, wenn Noodles dann das „nette Verhalten“ zeigt, kommt Ihr Kommando: „fein – schön lieb sein“. So bestärken Sie das Verhalten, was Sie im Spiel gerne von Noodles hätten.

Wenn das Spiel erneut zu wild wird, sollten Sie die Einheit komplett beenden. So lernt Noodles, dass der Spaß abgebrochen wird, sobald er über­steigert und überdreht wird! Verlassen Sie sich auf Ihre Intuition – das Gefühl zeigt einem sehr gut, ob es sich noch um ein lustiges Spiel handelt oder ob es der Spielgruppe mit Noodles zu viel wird.

Der Jungrüde wird so schnell lernen, dass nur nettes Verhalten zum Erfolg führt. Erst wenn sich dies in ihm gefestigt hat, können Sie mit Ihm wieder alle Hunde treffen – auch die, mit denen vormals sehr wild gespielt wurde.

Ich wünsche Ihnen ein erfolgreiches Training und bald wieder entspannte Stunden in der Hundezone!

Ihre Yvonne Adler

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