Der Prozess um einen im April tot in einem Brunnenschacht in Altlengbach (NÖ) entdeckten gefesselten Hund hat am 19. Oktober 2022 am Landesgericht St. Pölten mit einem Schuldspruch wegen Tierquälerei geendet. Für die 48-jährige Lebensgefährtin des Hundebesitzers setzte es sieben Monate bedingte Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Beschuldigte hatte die Vorwürfe im Rahmen der Einzelrichterverhandlung bestritten.
Der laut Strafantrag acht Jahre alte Border-Collie-Rüde „Liam“ ist am 21. April auf einem nicht abgesperrten Grundstück des Tierbesitzers vom Hundehalter selbst in dem sieben Meter tiefen und mit Wasser befüllten Brunnenschacht entdeckt worden. Vorder- und Hinterbeine sowie die Schnauze des Hundes waren mit einer Paketschnur und einem Band gefesselt. Zuvor war das Tier als abgängig gemeldet worden.
Ergebnisse der veterinärmedizinischen Untersuchung zeichneten ein grausames Bild. Polizeiangaben zufolge ließ Flüssigkeit in der Lunge des Vierbeiners darauf schließen, dass er nach einem Überlebenskampf in dem Brunnen ertrunken ist. Zuvor war das Tier verletzt worden. Im Strafantrag war die Rede davon, dass „Liam“ durch das „Anstoßen an Kanten subkutane Blutungen erlitt“.
Die Tat soll im Zeitraum von 19. bis 20. April begangen worden sein. Vom Tierhalter wurde am Mittwoch gemutmaßt, dass „Liam“ damals über die Umzäunung gesprungen und von einer fremden Person aufgegriffen worden sei. Danach sei der Vierbeiner von jemandem gefesselt und in den mit einem Betondeckel verschlossenen Brunnenschacht geworfen worden – „auch wenn es absurd klingt“.
Die Angeklagte selbst beschrieb die letzten Stunden mit dem Tier als „völlig normal“. Sie will den Hund am 19. April auch – wie immer – ausgiebig gefüttert haben. Im Verdauungstrakt des Tieres wurde jedoch laut einem Sachverständigengutachten kein Inhalt entdeckt. Dass sie Paketschnur und -band in ihrem Haushalt gehabt habe, bejahte die gebürtige Wienerin. Sie habe diese Utensilien aufgrund eines bevorstehenden Umzugs verwendet.
„Es ist alles eigenartig in dem Fall“, räumte der Lebensgefährte und Tierhalter weiters ein. „In der Verzweiflung“ sei er nach langer Suche auf die Idee gekommen, auch in dem mit einem Betondeckel verschlossenen Brunnenschacht nachzusehen. Dort wurde „Liam“ letztlich entdeckt. Er habe sich eingebildet, dass sich auf dem Deckel Kratzspuren befinden würden, gab der Mann zu Protokoll.
Verteidigerin Astrid Wagner sprach von einem „besonderen Akt“. Was passiert sei, sei „sehr abscheulich“. Die Beschuldigte habe immer Hunde gehabt, aber „nie einen Tierhass“ gezeigt. Vielmehr habe es Probleme mit Nachbarn und dem Vermieter gegeben. Der 48-Jährigen fehle zudem das Motiv, gefordert wurde ein Freispruch im Zweifel.
Auch für den Richter war die „Motivationslage nicht erklärbar für diese Tat“. Dies sei aber auch nicht notwendig. Die Beweislage sei eindeutig, vor allem wegen des Gutachtens, das der Tierhalter selbst eingeholt habe. Der Vierbeiner habe in der Obhut der 48-Jährigen definitiv keine Nahrung erhalten. Bemängelt wurde vom Richter zudem der geschilderte Ablauf, die Version eines dritten Täters sei nicht plausibel. Es sei eine „Kurzschlusshandlung, aus welchem Grund auch immer“ gewesen. „Für mich gibt es hier keine andere Erklärung.“
Die Verhängung einer Geldstrafe sei in dem Fall aus spezial- und generalpräventiven Gründen „nicht möglich“ gewesen. Eine Bewährungsstrafe für die bisher gerichtlich unbescholtene 48-Jährige werde „ausreichen, dass so ein Vorfall nicht mehr vorkommt“. Seitens der Verteidigung wurde Bedenkzeit erbeten, der Staatsanwalt gab keine Erklärung ab. Das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. (Quelle: APA | Foto © AdobeStock)