Problem Bellen am Zaun

Von Yvonne Adler

Die Kolumne zum Thema „Alltagsprobleme mit dem Hund“. WUFF-Autorin Yvonne Adler, Tierpsychologin, akademisch geprüfte Kynologin und  Hundetrainerin, beantwortet Ihre Fragen. Schicken Sie uns Ihr Alltagsproblem mit Ihrem Hund , kurz formu­liert und mit 1 bis 2 Bildern. In dieser Ausgabe geht es ­darum, wie man das Problem des übermäßigen Bellens am Zaun durch ­Änderung der Verhaltenskette lösen kann.

Liebe Frau Adler!
Gibt es eine Möglichkeit, einem sehr ­lieben süßen Norwich Terrier namens Maxl, 3-jährig, das übermäßige Bellen am Zaun abzugewöhnen? Ausgelöst werden diese „Bell-Orgien“ immer, wenn jemand an unserem Zaun vorbeigeht. Maxl ist den ganzen Tag über im Garten und nur nachts bei uns im Haus. Wir haben nun schon als Tipp bekommen, dass wir ihn vermehrt rufen sollen und wenn er kommt, dann erhält er ein Leckerchen. Mir kommt nun vor, dass er jetzt sogar noch mehr bellt und sich immer nach uns umsieht, ob wir ihn dann auch gleich rufen. Kann das sein? Gibt es eine Methode, ihm diese Eigenschaft auf liebenswürdige Weise abzugewöhnen? Da wir pensioniert sind, haben wir auch viel Zeit zum Trainieren.
Mit freundliche Grüßen
Familie Gruber

Liebe Familie Gruber!
Bellen zählt bei Hunden zum normalen Verhaltens- und Ausdrucksrepertoire. In vielen Fällen lernen Hunde dieses ­Verhalten schon in jungen Jahren und versuchen damit die Aufmerksamkeit der Besitzer auf sich zu ziehen – zum Beispiel, wenn sie hinaus müssen, um „ihr Geschäft“ zu verrichten. ­Meistens ist es so, dass die Halter es sehr praktisch finden, wenn der Hund sich selbständig meldet und man nicht mehr genau auf ihn achten muss. Frei nach dem Motto „Der meldet sich schon.“
Aus dieser menschlichen Sichtweise ergibt sich, dass der Hund im Alltag oftmals keine oder zu wenig Beachtung erfährt, solange er nicht bellt. Scheinbar hat Ihr Maxl dies ebenfalls schon heraus­gefunden – er dreht sich nach dem Bellen am Zaun sogar um und achtet darauf, ob jemand rufen wird. Aus Hundesicht ist das vollkommen logisch: „Ich muss bellen, damit ich Beachtung erhalte bzw. damit ich gerufen werde, denn dann erhalte ich ja ein Leckerchen.“ Ihr Rüde hat hier also eine so genannte Verhaltenskette perfektioniert.

Bevor Sie mit dem Training starten, sollten Sie deshalb überlegen, warum Maxl so oft bellt. Was möchte der Hund wohl damit erreichen? Oftmals sind Hunde einfach gelangweilt, wenn sie den ganzen Tag alleine im Garten verbringen, und suchen sich durch das Gebell eine Beschäftigung. Für Maxl wäre es zum Beispiel schön, wenn er mehr gemeinsame Aktivitäten mit Ihnen im Garten haben könnte – dann sind die Menschen am Zaun oftmals gar nicht mehr so wichtig. Es bieten sich dafür zum Beispiel gemeinsame Leckerli-Suchspiele an. Die Beschäftigung und geistige Auslastung Ihres Hundes ist ein einfacher erster Schritt, der oftmals Wunder wirken kann.

Das Zaunbellen hat jedoch – abgesehen von Langweile – oft den Hintergrund „Meldung“ zu erstatten. Es erscheint also ein Spaziergänger in Sichtweite und der Hund startet mit dem Gebell. Der ­Spaziergänger verschwindet ja gleich wieder, deshalb fühlt sich der Hund in seiner Tätigkeit bestätigt – er hat ja immerhin den Menschen durch das Gebell sozusagen „verjagt“. Ihr Maxl weiß ja nicht, dass der Mensch sowieso ­weitergegangen wäre.

Ihr Hund hat dieses Verhalten schon oft geübt, weshalb es einige Zeit dauern wird, bis sich dies mit dem Training ändern wird. Dies erfordert tägliches Üben. Das Bellen nur zu ignorieren wäre in diesem Fall ein wenig geeigneter Ansatz, da es für Hunde ein sogenanntes „selbstbelohnendes Verhalten“ ist und dabei unter anderem Endorphine (Glückshormone) ausgeschüttet werden. Aufgrund dieses ­belohnenden Neben­effektes würde ein reines ­Ignorieren hier nicht zum gewünschten Erfolg führen.

Starten Sie deshalb mit folgendem Training: lassen Sie Maxl zu Beginn nur dann in den Garten, wenn Sie dabei sein können. Dann versuchen Sie, Ihren Maxl ab sofort für alles zu belohnen, was er leise – also ohne Gebell – tut. ­Probieren Sie auch, Ihren Hund genau zu beobachten: welche Signale zeigt er, BEVOR er zu bellen beginnt? Stellt er vielleicht die Ohren auf? Ändert sich seine Körperspannung? Immer wenn Sie diese Anzeichen sehen, sollten Sie ihn sofort zu sich rufen, so dass er gar nicht auf die Idee kommt, einen Fußgänger anzubellen. Sie ändern damit die Verhaltenskette: während früher Maxl die Interaktion mit Ihnen durch sein Gebell gestartet hat, kommen Sie ihm nun zuvor. Wenn Ihr Hund nun brav bei Ihnen bleibt, obwohl Menschen am Zaun vorbeigehen, sollten Sie ihn ausgiebig loben und mit Leckerchen unterstützen. Er lernt dadurch: „Wenn Menschen vorbeigehen, kann ich entspannt und leise sein – dies zahlt sich für mich mehr aus.“

Sie kennen Ihren Hund am besten! Versuchen Sie daher, das richtige Maß an gemeinsamer Beschäftigung und Training zu finden, um ihn ausreichend auszulasten und ihm das vermehrte „Melden“ abzutrainieren. Bei jeder ­Problemlösung sollte immer das vertrauens-, verständnis- und respektvolle Miteinander in Ihrem Familien­verband im Vordergrund stehen.
Dies wünsche ich Ihnen gemeinsam.
Ihre Yvonne Adler

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