Physiotherapie für Haustiere

Diverse Erkrankungen, ob angeboren (wie z.B. vererbliche Kniescheibenluxationen) oder traumatisch (z.B. unfallbedingte Kreuzbandrisse), sowie auch verschiedenste Operationen führen bei den Tieren zu unterschiedlich stark ausgeprägtem Verlust bestimmter Muskelpartien, man spricht von sog. Muskelatrophie. Die physiotherapeutische Behandlung dieser Tiere beinhaltet u. a. zielgerichtetes Muskelaufbautraining, um erneut aktive Muskelmasse kontrolliert aufzubauen.

Das Bandmaß
Ein Bandmaß, wie es aus dem Schneidereibedarf bekannt ist, dient der einfachsten Methode der Überprüfung dieser physiotherapeutischen Maßnahmen, indem der Muskelumfang gemessen wird. An definierten Gliedmaßenabschnitten werden die jeweiligen Muskelumfänge zu Beginn der Behandlung, während der Behandlungsreihe und zum Abschluss gemessen. Auch der Tierbesitzer wird zum Zwecke der Kontrolle der (von ihm durchzuführenden) weiterführenden Therapie in die Handhabung des Bandmaßes am Tier eingewiesen. Er besitzt damit eine einfache Kontrollmethode bis zum Erreichen optimaler Verhältnisse. Diese Methode ist nicht ausschließlich als Verlaufskontrolle der Behandlung erkrankter Tiere sinnvoll, sondern kann auch als Entscheidungshilfe für anstehende Operationen hinzugezogen werden. Auch eine Überprüfung der Trainingseffekte von Sporthunden (Schlittenhunde, Rennhunde) ist hierdurch möglich.

Der Gelenkswinkel
Eine Maßangabe für die Beweglichkeit der Gelenke wird über die Messung der Gelenkswinkel ermöglicht. Hierfür wird ein sog. Goniometer an das jeweilige Gelenk angelegt und gibt dabei Auskunft über den Winkel in der Normalstellung des Gelenkes (normale Haltung am stehenden Tier), sowie über das individuelle Ausmaß des betroffenen Gelenkes in der Beugung und Streckung. Bei den bislang beschriebenen Methoden ist es unabdingbar, jeweils rechts und links vergleichende Messungen durchzuführen.

Röntgen
Neben der Labordiagnostik ist diese Methode, welche bereits 1895 von Wilhelm Conrad Röntgen entdeckt wurde, wohl das häufigste Verfahren zur Absicherung einer bestehenden (Verdachts-) Diagnose. Auf dem an sich schwarzen Röntgenfilm stellen sich knöcherne Strukturen hell dar, man spricht in der Fachsprache von sog. „Schatten". Durch die Anwendung verschiedener Aufnahmetechniken und insbesondere die häufig notwendige Ablichtung der Knochenstrukturen von zwei Seiten lassen sich oftmals kleinste Veränderungen darstellen. Hierfür werden die Röntgenaufnahmen entweder von der Seite (laterolateral = ll) oder von oben nach unten (dorsoventral = dv) durchgeführt. Zu den genannten kleinsten Veränderungen mit großen Auswirkungen gehören z. B. die „Gelenksmäuse", bei denen es sich um z. T. nur winzige Knorpel- und/oder Knochenabsprengungen innerhalb eines Gelenkes handelt, die neben möglichen mechanischen Beeinträchtigungen Schmerz erzeugen können.

Eine sehr häufig durchgeführte und weit bekannte Röntgenaufnahme dient zur Abklärung einer etwaigen Hüftgelenksdysplasie (HD). Für diese Aufnahme ist im Gegensatz zu vielen anderen röntgenologischen Abklärungen eine Narkose des Tieres unabdingbar, denn die Aufnahme erfolgt in Rückenlage, die Hintergliedmaßen werden gut gestreckt und nach innen rotiert gelagert. Lagerungsfehler können zu Fehlinterpretationen zu Gunsten oder zu Ungunsten der reellen Hüftsituation führen. Als HD wird z. B. eine ungenügende Ausbildung der Hüftgelenkspfanne bezeichnet mit der möglichen Folge übermäßiger Drehbewegungen des Oberschenkelkopfes in der Pfanne. Hierbei schleift der Pfannenrand weiter ab, es kann letztendlich im Extremfall zum Herausrotieren des Oberschenkelkopfes (Luxation) aus der Pfanne kommen. Dieses schmerzhafte Geschehen lässt sich röntgenologisch in den meisten Fällen bereits sehr früh erkennen und ist einer der Gründe für einen verantwortungsbewussten Zuchtausschluss der betroffenen Tiere. Des Weiteren ermöglichen physiotherapeutische und operative Methoden bei früher HD–Erkennung eine individuelle Schmerzlinderung, Gangbildverbesserung und vermehrte Lebensqualität der Tiere.

Ergänzt durch die Verabreichung von Kontrastmitteln lässt sich die Röntgendiagnostik auch zur Abbildung von Hohlräumen benutzen. Z. B. wird zur Darstellung des Wirbelkanals auf der Suche nach etwaigen Verengungen darin eine Myelographie durchgeführt. Da diese Untersuchung ausschließlich unter Narkose möglich ist, ist die Narkosefähigkeit des Patienten eine Grundvoraussetzung und somit oftmals limitierend in der Durchführbarkeit. Zur Durchführung der röntgenologischen Untersuchungen sind bestimmte Vorsichtsmaßnahmen für den Anwender zu treffen, u. a. gehören hierzu die Verwendung von Bleischürzen und die vorgeschriebene Infrastruktur.

Diagnostischer Ultraschall
Bei dieser Diagnostikmethode werden insbesondere Weichteile (z.B. innere Organe) beurteilt. Hierfür werden Schallwellen in das Gewebe abgegeben, welche durch die Weichteile unterschiedlich reflektiert werden und somit ein differenziertes Bild auf einen Monitor abbilden. Voraussetzung für aussagekräftige Ultraschallbilder ist eine optimale Kontaktaufnahme zwischen dem Schallkopf des Gerätes und der Haut des Tieres, dieses ist nur zu erreichen, indem das Tier an der Untersuchungsstelle rasiert wird und ein Kontaktgel aufgetragen werden kann. Die Auswertung eines Ultraschallbildes ist deutlich anspruchsvoller als z. B. eine Röntgenbildauswertung, sie bedarf spezieller Kenntnisse des untersuchenden Tierarztes und die entsprechende apparative Ausstattung.

Die folgenden Verfahren erfordern einen hohen apparativen und somit auch finanziellen Anschaffungsaufwand und sind somit an den Universitätskliniken sowie wenigen Spezialpraxen anzutreffen.

Computertomographie (CT)
Diese Weiterentwicklung der Röntgentechnik ermöglicht quasi die Tiere „in Scheiben geschnitten" darzustellen. Hierfür ist wiederum eine Narkose unverzichtbar, da jegliche Bewegung der Tiere die Bildqualität negativ beeinflusst und dadurch die Auswertbarkeit der Bilder deutlich einschränkt. Da die Aufnahmen innerhalb einer Röhre durchgeführt werden, ist es, im Gegensatz zum Menschen, vom Tier nicht zu verlangen, ruhig und unbeweglich da zu liegen. Diese Technik geht weit über die Aussagen einzelner Röntgenbilder hinaus, da sie in der Lage ist, feinste Strukturen darzustellen, die der Röntgentechnik verborgen bleiben, und es können darüber hinaus knochenharte Strukturen genauso gut wie Weichteile dargestellt und beurteilt werden.

Magnetresonanztomographie (MRT)
Dieses Verfahren hat unterschiedliche Bezeichnungen, es wird auch als Kernspintomographie und MRI (Magnetic resonance image) bezeichnet. Hierbei handelt es sich nicht wie bei den röntgenologischen Methoden um radioaktive Strahlungen, die zur Diagnostik verwandt werden, sondern um ein starkes magnetisches Feld. Auch hierfür müssen die Tiere aufgrund des zeitaufwändigen Verfahrens in Narkose gelegt werden. Die Methode ermöglicht eine exzellente Darstellung von Knorpel – und anderen Weichstrukturen. Da es hierbei zu längs ausgerichteten Bildabschnitten kommt, ist diese Methode bei der Diagnostik von Bandscheibenvorfällen bestechend, da ein sofortiger Überblick über den gesamten Wirbelkanal ermöglicht wird.

Computergestützte Ganganalyse
Diese Methodik bleibt meist aufgrund der Anschaffungskosten Universitätskliniken vorbehalten. Dieses System dient der erweiterten Lahmheitsdiagnostik und der therapeutischen Verlaufskontrolle. Zu diesem Zwecke werden den Tieren an verschiedenen definierten Gelenkpunkten Leuchtmarken aufgeklebt, welche mit Hilfe spezifischer Kameras die graphische Darstellung des Bewegungsablaufes ermöglichen. Kleinste Veränderungen im Bewegungszyklus (Stützbein-, Hangbein-, Schwebe- und Schwungphase) werden hierbei sichtbar. Ergänzt werden kann diese Methodik noch durch die Kraftmessung der Extremitäten, gemessen über den ausgeübten Druck der Extremität auf der Unterlage.

Elektrodiagnostik
Die erste Methodik der sog. Myographie soll Auskunft geben, inwieweit erkrankte Muskulatur überhaupt noch in der Lage ist Aktivität aufzubringen. Diese Aussage ist insbesondere für den weiteren Werdegang bestimmter Therapien und letztendlich auch für die Therapierbarkeit des Tieres in manchen Fällen wichtig. Da hierbei Nadelelektroden in die betroffene Muskulatur gestochen werden müssen, ist diese Untersuchung nur am sedierten Tier möglich. Eine zweite Methode soll Aufschluss geben über die Aktivität vorhandener Nervenstrukturen. Zu diesem Zwecke wird die sog. Nervenleitgeschwindigkeit gemessen. Insbesondere bei Verletzungen der Nerven im Bereich der Vordergliedmaßen (sog. „Plexusabriss", eine Verletzung des Nervengeflechtes, welches sich in der Achselhöhle befindet) ist eine solche Untersuchung angeraten, um entscheiden zu können, ob eine physiotherapeutische Behandlung der daraus resultierenden Lähmungserscheinungen sinnvoll/erfolgsversprechend ist.

Doggy, Rottweiler, Muskelumfangsmessungen vor und nach Hüftgelenks-Endoprothesen-OP Verlauf 1997-2000:

Oberschenkel

über dem Knie

Muskelumfang vor OP
Enoprothese rechts

rechts
-cm-

links
-cm-

rechts
-cm-

links
-cm-

30.08.97

44

44

25

25

30.11.97

45

45

31

31

30.03.98

45

45

31

31

30.06.98

43

46

30

32

Geringerer Muskelumfang rechts begründete chirurgische Erstversorgung der rechten Hüfte.Muskelumfang nach OP 17.07.98
HG-Endoprothese rechts29.08.98

41

45

30

31

13.09.98

44

45

32

32

20.10.98

46

43

32

31

26.10.98

48

44

33

31

01.12.98

48

42

34

31

31.01.99

50

42

34

31

Physiotherapeutische Nachsorge bewirkte den deutlichen Muskelzuwachs rechts. Die große Differenz zwischen rechts und links zeigte die Notwendigkeit der OP für die linke Seite auf.Muskelumfang nach OP 11.02.99
HG-Endoprothese links
29.03.99

49

40

32

30

01.05.99

49

43

33

31

10.06.99

47

45

32

31

26.09.99

49

48

33

33

15.01.00

52

52

33

33

23.03.00

54

54

34

34



WUFF-GEWINNSPIEL


Das große Physio-Gewinnspiel

Ein Gewinnspiel des Vierbeiner Reha-Zentrums zusammen mit dem Berggasthof Johannishögl in Piding für WUFF-Leser.

In dieser und den nächsten 9 Ausgaben des Hundemagazins WUFF wird über die einzelnen Methoden der Physikalischen Medizin bzw. Physiotherapie berichtet. Zu jedem Artikel wird eine Frage gestellt. Von drei angebotenen Antworten (A, B oder C) ist nur eine richtig. Am Ende der WUFF-Serie werden alle 12 Lösungen an das Hundemagazin WUFF eingesandt.

Frage Nr. 3:

Was misst ein Goniometer?

A Den Muskelumfang
B Den Abstand zwischen zwei Gelenken
C Den Gelenkswinkel

Die Antwort (Buchstabe A, B oder C) notieren Sie bitte auf dem Kupon aus Heft 11/06, Seite 26, oder zum Downloaden unter www.wuff.at im Menü Service > Tipps & Infos (zum Ausschneiden und Aufbewahren).

Erst wenn Sie alle 12 Lösungen gefunden haben, senden Sie den Kupon an WUFF, Kennwort Physio, Adresse siehe auf dem Kupon.

Einsendeschluss ist der 31.1.2008

Die Preise

• 1. Preis: 7-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund im Berggasthof Johannishögl, Piding, inkl. Frühstück. Plus: Eine 7-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund.

• 2. Preis: 4-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund (s.o.) und eine 4-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund (s.o.).

• 3. Preis: 2-tägiger Aufenthalt für zwei Personen und einen Hund (s.o.) und eine 2-tägige ambulante Vorsorge für den vierbeinigen Freund (s.o.).

Der Rechtsweg ist ausgeschlossen! Die Teilnahme an dem Gewinnspiel ist nicht an den Kauf von WUFF gebunden.



WUFF STELLT VOR


Die Autoren


• Dr. med. vet. Cordula Gieren
c/o Vierbeiner Reha-Zentrum GmbH, Salzburger Str. 30, D-83451 Piding
Tel.: +49 (0)8651/76 27 00

• Dr. med. vet. Susanne Hartmann
c/o Vierbeiner Reha-Zentrum GmbH, Dr.-Marc-Str. 4, D-34537 Bad Wildungen
Tel.: +49 (0)5621/80 28 80

www.vierbeiner-rehazentrum.de


Das könnte Sie auch interessieren: