Fußarbeit ist in vielen Hundesportarten die Basis bzw. sogar ein Prüfungs-Hauptbestandteil. »Perfect Heelwork«, von der Hundetrainerin und Working Kelpie-Züchterin Mareike Doll entwickelt, bedeutet nichts anderes als »Perfekte Fußarbeit«. Doch in der Fußarbeit steckt so viel mehr als die meisten Hundehalter wissen. Sogar so viel, dass man mehrtägige Seminare damit füllen kann. Gerald Pötz war mit WUFF-Redaktionshund Pauli für Sie bei einem solchen dabei.
Fußgehen oder »Bei-Fuß-Gehen« heißt, dass der Hund – mit wenigen Ausnahmen – auf der linken Seite des Hundeführers geht. Die rechte Schulter des Hundes soll hierbei konstant auf Höhe des linken Knies des Hundeführers sein. Der Hund soll zwar so eng wie möglich am Bein des Hundeführers gehen, ihn aber nicht bedrängen oder in seiner Bewegungsfreiheit einschränken. Dabei soll der Hund den Hundeführer aufmerksam ansehen, was in den vergangenen Jahren dazu geführt hat, dass dies oft übertrieben trainiert wurde und dadurch die sogenannten »Sternengucker« entstanden sind. Hunde, die mit unnatürlich überstrecktem Hals bzw. Nacken nach oben starren. Mittlerweile ist diese übertriebene Haltung wieder unmodern geworden und sogar bei manchen Prüfern unerwünscht. Sie sehen, Übertreibungen gibt es also nicht nur bei Hundeausstellungen, sondern genauso im Hundesport.
Perfect Heelwork
Um die anatomischen, physiologischen und auch physikalischen Grundlagen des Hundes in der Situation des Bei-Fuß-Gehens zu verstehen, muss man erst einmal mit der Theorie beginnen. Vielen Hundehaltern ist es gar nicht bewusst oder es wird schlicht nicht darauf geachtet, dass auch Hunde verschiedene Gangarten haben. Schritt, Pass, Trab, Galopp haben Hunde drauf, wobei dem Trab in der Fußarbeit die größte Bedeutung zukommt. Reiter haben hier eindeutig einen Vorsprung, was die Beurteilung der Gangarten betrifft.
Traben
Ein sehr wesentlicher Beitrag, um den Hund in die gewünschte – und für ihn natürliche – Gangart, den Trab, zu bringen, liegt im Gangtempo und beginnt bereits beim Tempo des Losgehens. Die ersten praktischen Übungen beginnen mit einem Außenkreis. Das bedeutet, man geht einen großen Kreis rechtsrum, der Hund an der linken Seite. Das hat den Vorteil, dass man sich erst einmal auf das Gehen konzentrieren kann und der Bewegungsfluss nicht durch Winkel oder Wendungen abgelenkt wird. Erstmals kommt eine richtige »Gangdynamik« auf, die sowohl Hund als auch Hundeführer gut tut. Auch als Zuseher (oder Richter) ist es eine Augenweide, wenn ein Hund in raumgreifendem Gang trabt. Im Passgang hingegen sieht es so aus, als würde er permanent bremsen und stehen bleiben wollen. Das große – und ganz simple – Geheimnis ist, dass bei Perfect Heelwork der Hundeführer sein Tempo dem Hund anpasst und nicht umgekehrt, bzw. er es dem Hund ermöglicht, in einem für ihn angenehmen Tempo zu gehen.
Das Niveau steigt
Das Niveau der Fußarbeit hat in den letzten Jahren zugenommen und die Anforderungen an die Mensch-Hund-Teams sind gewachsen. Natürlich nicht bei einer BH-Prüfung, aber im Turnierhundesport. Wurde über das Ausscheren der Hinterhand nach links seinerzeit noch hinweggeschaut, wird heute ein Gang »mit geradem Rücken« verlangt. Auch eine Arbeit »mit aktiver Hinterhand« wird im Turnierhundesport gefordert. Damit ist u.a. gemeint, dass der Hund z.B. bei Links-Winkeln seine Hinterhand an das Bein des Hundeführers heransetzen soll. Es wird also von den Hunden ganz schön viel verlangt, was mit einfachem Klick und Futter nicht immer erreicht werden kann. Es erfordert Wissen und Technik des Hundehalters.
Die bereits erwähnten »Sternengucker«, die über den Hals nach vorne überstreckt permanent nach oben gucken, machen dabei automatisch ein Hohlkreuz. Das geht anatomisch bedingt gar nicht anders. Dieses Hohlkreuz schränkt den Hund aber wiederum in seinem freien Gang ein. Viel besser und nicht minder aufmerksam wirkend ist es, wenn der Hund den Hundeführer mit einem leicht nach rechts gedrehten und gehobenem Kopf ansieht. Diese Art des Heraufschauens macht ihn frei in seiner Gangbewegung. All das ist etwas schwierig in Worte zu fassen, daher macht es in meinen Augen für jeden Hundesportler Sinn, einmal so ein Perfect Heelwork-Seminar zu besuchen. Aha-Effekte am laufenden Band sind dabei garantiert.
Perfekt um die Ecke
Fußgehen besteht ja nicht nur aus Geradeausgehen, sondern auch aus Winkeln und Wendungen, Absetzen usw. Speziell den Links-Winkeln wird große Aufmerksamkeit geschenkt, weil gerade hier viele Fehler passieren. Häufig lassen Hundeführer ihre Hunde ungebremst in sie hineinlaufen. Der Hund muss sich unvermittelt abbremsen und wird dann oft »um die Ecke gerempelt«. So etwas ist für die Beziehung nicht gerade förderlich.
Beim Perfect Heelwork-Seminar für Einsteiger gibt es erst mal Rollenspiele ohne Hund. Drei Hundeführer bilden ein Team, wobei einer den Hund spielt, einer den Hundeführer und einer den Richter, der die Kommandos gibt. Dazu kommt, dass »der Hund« Kopfhörer mit lauter Musik trägt, die Kommandos des Richters also nicht hören kann. Nun geht‘s los: Tempowechsel, Wendungen, Winkel usw. Schnell wird »dem Hund« klar, wie schwierig es ist, dem Hundeführer zu folgen. Eine lehrreiche Übung, die uns in die Lage des Hundes versetzen lässt, was uns z.B. vor Augen führt, dass der Hund bei einem Rechts-Winkel ordentlich beschleunigen muss, um mitzukommen, weil er einen größeren Kurvenradius hat als der Hundeführer.
Perfect Heelwork versteht sich als Bausteinsystem, bei dem die Übungen einzeln gelernt werden. Die einzelnen Bausteine – die Grundstellung, das Angehen, das Stehenbleiben, der Langsamschritt, der Laufschritt, der Winkel nach links usw. – ergeben im Gesamtbild die perfekte Fußarbeit. So wird, wie bereits erwähnt, der Links-Winkel ausgiebig als eigene Übung trainiert, also ein Schritt, Winkeltechnik, Grundstellung – ohne Fußgehen. Die Links-Winkel-Technik nach Perfect Heelwork ist simpel, aber, wie schon erwähnt, in Worten nicht zu erklären. Mareike Doll, die Erfinderin von Perfect Heelwork, hält regelmäßig Seminare und kann diese Technik eindrucksvoll – und humorvoll (sie krabbelt dafür schon mal auf dem Fußboden herum) – vorzeigen. Sehr praktisch ist, dass man den Links-Winkel auch einfach zu Hause im Wohnzimmer üben kann, weil man nicht mehr als ein paar Quadratmeter dafür benötigt.
Auf die Details kommt es an
Es gibt viele praktische Übungen und Tricks für die perfekte Fußarbeit, wie z.B. das Gehen einer nach rechts gedrehten Spirale für Hunde, die gerne mal zurückfallen bzw. immer einen halben Schritt zu weit hinten gehen. Bei dieser Übung muss der Hund schneller gehen, um mit dem Hundeführer mithalten zu können. Umgekehrt, bei Hunden, die gerne vorprallen oder bedrängen, kann man eine nach links gedrehte Spirale gehen. Dabei muss der Hund sich im Tempo zurücknehmen, weil er durch die immer enger werdende Spirale vom Hundeführer automatisch eingebremst wird.
Nicht zuletzt lernt man auch, warum das Belohnungsfutter in der falschen Hand massive Auswirkungen auf das Gangbild und den gesamten Bewegungsablauf des Hundes haben kann. Auch der Klicker spielt nach wie vor eine wichtige Rolle in der Fußarbeit, aber die wenigsten Hundeführer wissen genau, für was und wann sie konkret klicken müssen, oder haben Sie schon einmal die gewünschte Gangart geklickt?
Wer noch weiter in die Tiefe gehen will, beschäftigt sich mit der Gewichtsverlagerung beim Hund. Beispielsweise eine verstärkte Gewichtsaufnahme mit der Hinterhand – das bedeutet, dass der Hund einen Teil seines Körpergewichtes auf die Hinterhand verlagert, so, dass die Hinterhand vermehrt das Gewicht des Hundes trägt. In erster Linie betrifft dies Hunde mit einer starken Hinterhand-Winkelung. Der Sinn von der Gewichtsverlagerung nach hinten ist unter Anderem, dass es die Vorhand leichter hat, da sie um einen Teil des Gewichtes entlastet wird. Damit wird der Hund vorne beweglicher, kann schneller reagieren und dieser Zeit- und Raum-Gewinn ermöglicht dem Hund einen perfekten Trab und ein raumgreifendes Gangbild. Übungen in diese Richtung setzen natürlich eine entsprechende Bemuskelung und Winkelung der Hinterhand voraus.
Für alle, nicht nur für Hundesportler, die ihrem Hund ein schönes, freudiges und tierschutzgerechtes Bei-Fuß-Gehen beibringen möchten, ist Perfect Heelwork die ideale Basis. Obwohl ich mit Pauli noch nicht weiß, ob und wenn ja, welche Hundesportart ich machen werde, war das Perfect Heelwork-Seminar für uns sehr aufschlussreich, und das erlangte Wissen kann immer und überall eingesetzt werden, nicht nur im Spitzenhundesport. Mehr über Perfect Heelwork und alle Termine erfahren Sie unter www.perfect-heelwork.de.
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