Oldies but Goldies: Mèmore-Favor, der Obedience-Star

Von Martina Bartl

Hunde-Omas und -Opas sind etwas ganz Besonderes. Wir holen die grauen Schnauzen vor den Vorhang und stellen jeden Monat einen Hunde-Oldie vor. Den zweiten Teil widmen wir Mèmore-Favor, einem 13-jährigen Braunen Großpudel.

Mèmore-Favor wurde am 26. Juli 2007 bei seiner Züchterin Verena Leuenberger in Romagny sous Rougemont (Frankreich) geboren. Dass dieser Pudel etwas ganz Besonderes ist, war Verena Leuenberger sehr bald klar: »Schon im Alter von fünf Wochen, gab er mir zu verstehen, dass er mein Pudel werden will. Eigentlich hatte ich für mich seinen Bruder Maipo ausgesucht. Als Mèmore etwa sieben Wochen alt war, entschloss ich mich zu respektieren, was mir dieser starke kleine Kerl vermittelte. Wie sehr Mèmore schon als Welpe an mir hing, zeigte sich, wenn ich etwa kurz im Haus war, dann wartete Mèmore fast immer vor der Veranda auf mich, während sich seine Geschwister im Welpenpark oder irgendwo auf dem Grundstück vergnügten. Wenn ich dann rauskam, begleitete er mich eine Weile auf Schritt und Tritt, bis er sich dann wieder zu seinen Geschwistern gesellte. Es war rührend und eindrücklich«, erzählt Verena Leuenberger wie es dazu kam, dass Mèmore bei ihr bleiben durfte. Dass dies eine gute Entscheidung war, zeigte sich in den folgenden Jahren, in denen sich der charismatische Pudelrüde nicht nur zu einem ausgezeichneten Zuchtrüden entwickelte, sondern auch bei Obedience-Wettkämpfen an der Seite seiner Halterin glänzte und zum »Quell der Freude« für Verena Leuenberger wurde. »Aus ihm wurde ein großartiger, aufmerksamer, liebevoller Großpudelrüde, ein Begleiter mit großem Herzen, der große und kleine Menschen und Hunde mag, der mich bei Obedience-Wettkämpfen nie enttäuschte und immer ganz vorne mitmischte«, schwärmt die Großpudel-Züchterin von ihrem Mèmore.

Der Obedience-Star

Mèmore absolvierte an der Seite seiner Züchterin insgesamt 19 Obedience-Wettkämpfe, die meisten in der Stufe 3, der höchsten Klasse. Über die Jahre gewannen Mèmore und Verena Leuenberger insgesamt sieben Mal, und nur ein einziges Mal war das Duo nicht auf dem Podium. »An einen der Wettkämpfe erinnere ich mich besonders gerne. Es war im September 2011 in Guebwiller (Frankreich), Obedience-Stufe 2. Zwei Drittel der Übungen waren absolviert, als er auf eine Hornisse trat, die ihn in die rechte Vorderpfote stach. Er lief nur noch auf drei Beinen und legte sich dann nieder. Jemand hatte zum Glück Apis-Mellifica-Globuli dabei, die ich ihm sofort verabreichte. Wettkampfrichter Alfred Rieth erlaubte mir, aus dem Auto die Bachblüten-Notfalltropfen zu holen, während Mèmore der Stachel aus der Pfote entfernt wurde. Alle waren sehr hilfsbereit und geduldig. Der Richter riet mir, den Wettkampf abzubrechen. Wir waren aber vorzüglich unterwegs, und Globuli und Bachblüten wirkten schnell, so dass ich mich entschied, die folgende Übung mit ihm zu versuchen – kannte ich doch meinen kämpferischen Pudel! Es war ausgerechnet der Sprung über die Hürde mit Apportieren. Mèmore war der Hammer! Er sprang, holte das Apport, sprang zurück und setzte sich leicht schräg bei Fuß – die rechte Pfote in der Luft. Es gab noch 8 von 10 Punkten. Ein Raunen ging durch die Zuschauer. Auch die zwei letzten Übungen absolvierte er vorzüglich, dieser großartige, willensstarke Rüde! Der Applaus am Ende galt allein ihm. Bravo Mèmore! Am Ausgang wartete schon jemand mit Eiswürfeln für seine Pfote, aber natürlich wollte er zuerst seinen so sehr verdienten Jackpot! Ich kann kaum beschreiben, wie stolz, glücklich und bereichert ich über seine Leistung war! In diesem Wettkampf holte er den 2. Rang bei sieben Teilnehmern in dieser Klasse«, beschreibt Verena Leuenberger ein besonders eindrückliches Erlebnis mit ihrem Hund.

Zuchtrüde und Helfer

Mèmore hat von fünf Hündinnen aus sechs Würfen in Deutschland, der Schweiz und in Frankreich insgesamt 53 Söhne und Töchter, die in ganz Europa, Amerika und Thailand leben. Bei seiner Züchterin hat er Welpen, zuletzt auch seine eigenen, aufwachsen sehen und war ein sehr liebevoller Babysitter, später ging er den lebhaften Welpen eher aus dem Weg. Mittlerweile lebt Mèmore zusammen mit seiner um fünf Jahre jüngeren Nichte Papri-Polaris bei Verena Leuenberger. Die Beiden sind ein unzertrennliches fantastisches Team: »Wobei eher sie die Hosen anhat und ihren Onkel ganz schön auf Trab hält«, verrät ­Verena Leuenberger.

Das eingespielte Hunde-Team unterstützt seine Halterin auch im Alltag: »Mèmore war lange mein Service-Hund, brachte mir unaufgefordert alles, was auf den Boden fiel. Papri hat ihn inzwischen für die leichteren Dinge abgelöst. Mèmore ist als Service-Hund einzigartig – seine Methode, mir z. B. die Socken auszuziehen ist einmalig: Er knabbert ganz vorsichtig zuvorderst an den Socken, um mir ja nicht weh zu tun, bis er sie von den Zehenspitzen entfernt hat, damit er dann richtig ziehen kann. Er bringt die Fernbedienung und das Telefon, hilft mir eifrig auf meinem großen Grundstück abgesägte Äste aufzuräumen und und und … Schmunzeln muss ich immer, wenn mir die Beiden an einem Regentag aus der Regenhose helfen – Mèmore am linken Hosenbein ziehend, Papri am rechten!«

Gemeinsam im (Un)Ruhestand

Mèmore ist mittlerweile 13 Jahre alt, Verena Leuenberger feierte dieses Jahr ihren 80. Geburtstag. »Nun sind wir zusammen alt geworden. Aber was sage ich da! Mèmore und alt? Er doch nicht! Immer noch macht er mit Begeisterung und Schwung auf dem Hundeplatz und überall sonst mit und will überall dabei sein. Nach wie vor ist er extrem aufmerksam, und immer noch hat er sein wunderschönes, federndes Pudelgangwerk«, berichtet Verena Leuenberger von ihrem Großpudel-Senior.

Ein paar Anzeichen, dass Mèmore nicht mehr der Jüngste ist, gibt es aber doch: »Er ermüdet früher, das heißt, er hechelt eher, und es ist mir nicht entgangen, dass sich über seinen Augen ein schwacher, leicht grau/bläulicher Schleier entwickelt hat. Doch seine Sehkraft ist immer noch sehr gut. Früher als ich sieht er während des täglichen Spaziergangs, wenn sich etwas in der Ferne bewegt! Sein Gehör hingegen ist noch tadellos. Wenn ich diesem einmaligen Pudel in die Augen schaue, geht mir das Herz auf und ich bin unendlich dankbar, dass er bei mir ist!«

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