Ohne Maulkorb! Meier, der Schüsseljournalist zur Blechnapfaffäre

Von Sophie Strodtbeck

Inzwischen haben sich die Wogen, bzw. die Schüsseln wieder etwas geglättet, aber das Jahr 2012 wird als das Jahr der Blechnapfaffäre in die Geschichte eingehen. Was war passiert? Ein Video, das der Schüsselreiz für einen tobenden Mob war, machte die Welle durch Facebook, auf dem man den Hundetrainer Michael Grewe, bzw. dessen Azubi recht unsanft mit einem Hund umgehen sah.

Wer vorher dachte, dass diese schüsselnde Persönlichkeit sich bis dato durch besondere Treffsicherheit im Wattebäuschchenzielweitwurf ausgezeichnet hat, lebt in einer anderen Welt als ich. Was also so plötzlich den Napf zum Überlaufen brachte, ist mir nicht so ganz klar. Auf Facebook wurde ja schon so ziemlich alles gefühlte 100.000 Mal gesagt, begonnen mit einer Welle der Entrüstung, die Tsunami- Ausmaße annahm, über einen Shitstorm vom Feinsten, der selbst Beagleohren steil nach oben wehen ließ und einen ehrenwerten Beagle wie mich zum fremdschämen brachte, Morddrohungen nicht nur gegen die Akteure des Videos, sondern gleich in Sippenhaft-Manier auch an all jene, die bei Canis ihre Ausbildung gemacht haben, Hatz gegen alle, die vorsichtig anmerkten, dass das alles zu weit ginge, bis hin zu einer Flut von Stellungnahmen. Inzwischen sind wir im Stadium der Stellungnahmen zu den Stellungnahmen zu den Stellungnahmen …

 
Sehr interessant bei vielen dieser Stellungnahmen ist aber, dass man sofort sehen kann, wer nun versucht, seinen persönlichen Profit aus dieser Affäre zu ziehen. Im Süden der Republik wurden sofort Vergleiche mit Guantanamo und sogar dem Naziregime gezogen – bejubelt von Vielen, die nun endlich eine Zielscheibe für ihren Hass gefunden hatten. Und das alles aus der ach so gewaltfreien Ecke des Hundeuniversums. Andernorts gab es gleich Gewinnspiele: das schönste Foto eines Napfes im Mülleimer wurde prämiert. Als Gewinn gab es ein sehr fragwürdiges Skript einer „Problemhundeberater in drei Tagen“ – Trainerecke (wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Schüsseln werfen!).

Was soll man dazu sagen?
Auch ein Meier frisst lieber aus einem Napf, als dass er diesen gegen sein hübsches Mäulchen bekommt, die gezeigten Szenen sind nicht schön, und auch nicht schön zu reden. Das kann nicht der Schüssel zum Erfolg sein! Genauso wenig schön ist es aber zu sehen, welche Macht das Internet hat und wie schnell man mit Hilfe dessen einen Menschen und seine Existenz ruinieren kann. Natürlich habe ich sofort überlegt, welche Szenen zwischen meinem Frauchen und mir man zusammenschneiden könnte – vermutlich würde es für einen weiteren kleinen Shitstorm reichen. Denn: wer frei von Schuld ist, werfe den ersten Napf!

Ich bin überzeugt davon, dass es nicht einmal ein Video brauchen würde, vermutlich würde auch eine haltlose Behauptung ausreichen, wenn sie auf entsprechend fruchtbaren Boden trifft – und das ist bei Facebook immer der Fall. Und das macht mir fast noch mehr Angst, als es Schüsseln tun! Wo sind denn die Wellen der Empörung, wenn es um wirklich tierschutzrelevante Themen geht? In der gleichen Woche wurde z.B. beschlossen, dass Ferkel in Deutschland bis 2019 weiterhin ohne Betäubung kastriert werden dürfen – auf Facebook ist diese Meldung allerdings nicht aufgetaucht. Dass man ein Unrecht nicht mit einem anderen verharmlosen kann, weiß auch ich, aber mich verwundert diese Diskrepanz zwischen Nutz- und Haustieren dennoch. Was anderes wäre es wohl, wenn man die Ferkel vor der Kastration mit Hilfe von Blechnäpfen betäubt, dann könnten sie mit der Unterstützung der breiten Masse rechnen …

Nein, das hier ist keine Stellungnahme zu einer Stellungnahme, das sind nur die Gedanken eines Herrn Meier, der solche Dinge lieber unter vier Augen klärt, als sich an der ganz großen, z.T. anonymen, vor allem aber konsequenzlosen Hatz auf Facebook zu beteiligen. Natürlich sollte jeder, der auf Tierleid aufmerksam wird, etwas dagegen unternehmen, aber bitte mit etwas mehr Verstand, und einem Herz, dass sich auch dann einsetzt, wenn etwas mehr als nur Empörung und Entrüstung auf der heimischen, gemütlichen Couch gefordert ist, und man eventuell seine eigene bequeme Haltung dafür überdenken und ändern muss. Alles andere ist ja so einfach …

Herr Meier reicht nun versöhnlich einen Strauß Schüsselblumen in die Runde, stellt sich auf einen gemütlichen Jahreswechsel mit „3 Schüsseln für Aschenbrödel“ und einem Martini – geschüsselt, nicht gerührt – ein, und ist gespannt, was nächstes Jahr passiert und wer betroffen ist, wenn es wieder heißt: „Alle Jahre wieder, kommt der Schüsselmann, auf die Erde nieder, kurbelt Facebook an“ …

Prost,

Euer Herr Meier

https://www.facebook.com/MeierDerSchnuffeljournalist

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