Ohne Maulkorb: Jäger unter sich …

Von Sophie Strodtbeck

Hallo erst mal! Jetzt ist mir doch zu Schlappohren gekommen, dass eine solch wichtige und alte WUFF-Rubrik wie „Ohne Maulkorb“ zu verwaisen droht, das geht natürlich gar nicht! Was liegt näher, als mich der Sache anzunehmen, da ich mir als Beagle ja sowieso die Schnauze nicht verbieten ­lasse und auch gerne immer das ­letzte Wort habe.
Meier vor Ort, ein Schnüffeljournalist deckt auf, jawohl! Denn mein feines Näschen lasse ich mir ­genauso wenig ­verbieten wie die Schnauze …

Apropos Näschen: das nutze ich als Jagdhund ja auch gerne mal für die gemütliche Ver­folgung einer frischen Fährte bzw. habe ich gerne mal genutzt, denn seit ich bei meinem neuen Frauchen lebe, ist ­dieses Vergnügen leider ­passé. Nichtsdestotrotz hatten wir vor ­kurzem mal wieder eine unangenehme Begegnung mit einem Mann in Grün, den ich sofort als Nahrungskonkurrenten ­ausgemacht habe. Ich glaube Jäger nannte er sich, also eigentlich ein ­Kollege von mir.

Dieser offensichtlich ­ungebildete Mann weiß aber über mich und ­meinesgleichen nichts weiter als dass wir für die selbständige Jagd gezüchtet wurden. Dass auch Beagles durchaus erzogen werden können, hat sich hingegen zu ihm noch nicht durchgesprochen. Ehe ich mich versah, wurde ich genauso pauschal in einen Topf geworfen wie meine Freunde, die von vielen Menschen als ­Kampfhunde beschimpft werden. Es hieß, dass solche Hunde nicht das Recht ­hätten, „offline“ zu laufen, selbst wenn kein Wald und kein Wild in Sicht sind, denn wir seien unberechenbar und unkon­trollierbar. Damit ­unterstellte er ja nicht nur mir, dass ich keine ­Manieren habe, sondern auch meinem ­Frauchen, dass sie verant­wortungslos ist – naja, ein bisschen verantwortungs­loser ­könnte sie ­meiner Meinung nach in dieser ­Hinsicht ruhig ab und zu sein, aber dafür darf ich meine Nase ja ander­weitig einsetzen und habe ­trotzdem Spaß! Dass viele ­meiner ­Artgenossen ihrer eigentlichen Bestimmung nicht nachgehen dürfen, ist ein anderes Thema und wird in ­dieser Rubrik bestimmt auch einmal zur Sprache kommen.

Zurück zum Grünkittel: er sagte tatsächlich, dass, wenn er mich und/oder meine Frau Meier mal außer Sicht­weite des Frauchens im Wald antreffen würde, es ihm ein Vergnügen sei, uns abzuballern! Das war leider nicht der erste Durchgeknallte seiner Art, dem wir begegnet sind. Hat denn von denen keiner die Jagdgesetze gelesen? Darin steht klar und deutlich, dass das „zur Ausübung des ­Jagdschutzes berufene Organ“ seine Befugnis zur Tötung missbraucht, wenn er einen Hund tötet, der aufgrund ­seiner Rasse, ­Größe oder Schnelligkeit ­„erkennbar nicht geeignet ist“ für das Wild eine Gefahr darzustellen. D.h. der Jäger müsste mich also „in fla­granti“ er­wischen. Und dann müsste er die gegenwärtige Gefahr erst mal nachweisen. Selbst wenn er mich also vorher mal beim Jagen gesehen ­hätte (was er nicht hat, weil ich ja nicht darf), wäre das kein Grund. Und dann stehen in den verschiedenen Landes­jagdgesetzen weitere Punkte, die erfüllt sein müssen, die kumulativ, also zusammen mit den schon genannten erfüllt sein müssen, um tatsächlich das Recht zu haben zu schießen: Ich müsste mich der Einwirkung meines Halters entzogen haben und müsste außerhalb seiner Rufweite sein. Erst wenn er ­diese „Liste“ komplett abgearbeitet hat, dürfte er auch nur im Entferntesten über eine Hinrichtung nachdenken.

Und in unserem speziellen Falle – ich bin ja in Bayern ansässig – dürfte er es nicht einmal dann, denn ein ­schlaues deutsches Gericht (kann man das essen?) hat beschlossen, dass ein Abschuss ohne vorherige Abmahnung, also quasi ein Schnellschuss, unverhältnismäßig ist, wenn der Eigentürmer des Hundes bekannt ist. Und dieser Grünkittel ist mir und meinem Frauchen leider schon länger durch unqualifizierte Aussagen bekannt, ohne dass wir ihm je Anlass zu Beschwerden gegeben haben. Wohingegen seine eigene Hündin … okay, lassen wir das. Das Alles sollte er sich also nochmal genau durchlesen, bevor er derartige Drohungen ausspricht! Und wenn er es nicht beim bloßen Durchlesen belässt, sondern sich eventuell sogar daran hält, dann bin ich zufrieden.

Schließlich, oder sollte man hier sagen schießlich, habe ich mich auch durch die ganzen Gesetzestexte geackert, obwohl man als Beagle ja wahrlich Besseres zu tun hat. Allerdings bin ich ja in Bayern ansässig und dadurch mit den Gesetzen in anderen deutschen Bundesländern und in Österreich nicht so bewandert, aber das mögen mir meine Kollegen verzeihen.

Fakt ist, dass der Wald in Österreich genauso wie in Deutschland zum Zwecke der Erholung von Jedermann betreten und beschnüffelt werden darf, außer es besteht ein behörd­liches Verbot. Und Erholung hat sich ein vielbeschäftigter Journalist wie ich wahrlich verdient!

Aber zum Schutz des Wildes sollte man nach Möglichkeit auf den Wegen bleiben, denn auch Meister Lampe hat Erholung verdient, wer weiß, was der alles noch für Nebenjobs hat. Außerdem sollte man sich (auch wenn’s schwer fällt, ich weiß wovon ich rede!) im Einwirkungsbereich seines Menschen aufhalten, der aber wiederum von Bundesland zu Bundesland anders definiert ist – der Einwirkungsbereich und nicht der Mensch. Menschen sind kompliziert, Gesetze auch …

Und bevor es jetzt zu Missverständnissen kommt: das heißt jetzt natürlich nicht, dass ich kein Herz für Rehe und anderes Getier habe, denn Tierschutz hört natürlich nicht bei uns Couchwölfen auf, wie mein Frauchen immer sagt. Aber ich habe definitiv in ­meinem ansonsten ­riesigen ­Beagleherz keinen Platz für kaltschnäuzige Jäger, die haltlose Drohungen aussprechen und ihre grüne Macht schamlos aus­nutzen. Denn auch wenn alles per Gesetz geregelt ist, sitzt man ja letztendlich als Hund am kürzeren Hebel und wird im ­Zweifelsfall nichts nachweisen ­können – ich dann sowieso nicht mehr, denn ich würde dann ja schon längst in den ewigen Jagdgründen verweilen.

Aber um nicht ebenso alle in einen Napf zu werfen und genauso ­pauschal zu urteilen, wie ich es anderen ­vorwerfe, muss hier fairerweise noch gesagt werden, dass es gerüchte­weise auch nette Jäger geben soll, die nicht „über das Ziel hinaus schießen“.

In diesem Sinne sollten sich einfach mal alle an das eigene Näschen fassen und mehr gegenseitige ­Toleranz ­walten lassen: Toleranz gegen Hunde­halter, Rehe, Hasen, Jäger und natürlich auch gegen uns Beagles und unsere Kollegen! Aber warum sollten ausgerechnet Jäger toleranter sein als der Rest der Gesellschaft? Wenn es um uns Hunde geht, scheinen auf jeder Ebene die Fronten verhärtet zu sein …
Aber nur durch ein Miteinander wird man auf Dauer gut auskommen und das Leben für alle Beteiligten ein bisschen einfacher und angenehmer machen können. Und ich könnte mich im Wald erholen, anstatt Gesetzestexte zu pauken!

Waidmannsheil,
Ihr Herr Meier

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