Österreichische Hunderassen

Von Liane Rauch

Die aus Österreich stammenden Rassen sind allesamt Jagdhunde, ausgenommen der Österreichische Pinscher, der wiederum ist – vor allem in nichtjagdlichen Kreisen – die bekannteste Rasse. Der Österreichische Pinscher ist ein Bewacher von Haus und Hof par excellence. Sehr beeindruckend sind aber auch die Spezialgebiete der verschiedenen österreichischen Bracken.

Genau wie bei den ungarischen Rassen muss man auch bei der Entstehung der österreichischen Rassen den großen Einfluss der vielen unterschiedlichen Kulturen, die dieses Land geprägt haben, be­achten: Römer, Franzosen und Türken formten die Entwicklung Österreichs über Jahrhunderte und legten schon in frühester Antike den Grundstein der heutigen Rassehunde.
Aus dem römischen Reich kamen vor allem schwerere, molosserartige Hunde, die Franzosen brachten ihre schnellen und wendigen ­Hütehunde mit und aus der Türkei kamen die damals vor allem rothaarigen Jagdhunde ins Land. Mit den ältesten Grundstock für die ­Österreichischen Bracken haben, wie bei vielen anderen Jagdhunderassen, die alten Kelten mit ihrem „Segusier“ bereits etwa 800 v. Chr. gelegt, von dem alle ­heutigen europäischen Bracken­schläge abstammen.

Österreichischer Pinscher
Die Entwicklung des Österreichischen Pinschers dürfte ähnlich verlaufen sein wie die des Deutschen Spitzes. In der Domestikationsgeschichte des Wolfes sollten die etwa ab der Jungsteinzeit den Menschen begleitenden ersten vierbeinigen Helfer einen Nutzen für die menschlichen Siedlungen haben. Entweder als Jagdhelfer (wohl die älteste Aufgabe unserer Hunde) oder als Wächter, Beschützer und Hüter der Höfe und Viehherden. Für einen Jagdhund nicht spursicher genug und für einen Hütehund doch etwas zu schwerfällig, besetzten die soge­nannten „Bauernhunde“ die ökologische Nische Hofwächter, ­Mäusefänger, lebendige Alarmanlage und/oder einfach Gesellschafter mit wenig Jagdtrieb, aber ­ausgeprägter Hoftreue. Der Österreichische ­Pinscher ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich über Jahrhunderte eine Rasse sozusagen „von allein“ entwickelte, ohne dass in der Anfangszeit der Entstehung jemals gezielt ein anderer Rassehund eingezüchtet wurde oder eine Durchkreuzung stattfand.

Eher Hütehund als Pinscher
„Ich würde ihn denn auch eher unter die kleinen Hütehunde als unter die Pinscher einreihen“, schreibt Hans Räber, einer der angesehensten ­Kynologen. Der Hütehundtyp kommt dem ÖPi, wie er von Liebhabern der Rasse liebevoll genannt wird, letztendlich auch wirklich näher als der Pinschertyp. Wie und warum er als Pinscher klassifiziert wurde, wird ein Rätsel bleiben. Diese Hunde sind immer Bauernhunde gewesen, ­variabel einsetzbare Allrounder und somit einer der ältesten Hundeschläge, der heute noch so aussieht wie schon vor Tausenden von Jahren.

Retter der Rasse war Dr. Emil Hauck: „Seit 4000 Jahren gibt es im Gebiet des alten Österreich eine ­Rasse, die sich ohne jede künstliche ­Selektion und ohne ­begünstigende ­Einmischungen erhalten hat … in den letzten Jahrzehnten aber wurde sie von anderen Rassen, vor allem von Schäferhunden verdrängt“, so Hauck. Sein Hauptziel war es, den ­Österreichischen Bauernhund zu erhalten und eine Ein­mischung ­anderer Rassen zu verhindern. 1882 gab es erste Versuche, einen Rassestandard aufzustellen. Ein Problem waren hier die großen optischen Unterschiede und die vielfältigen ­Variationen, in denen sich die ­Hunde zeigten. Auch Ludwig Beckmann kannte diesen kleinen Bauernhunde­schlag und beschrieb ihn 1895 in den unterschiedlichsten Fellfarben, ­Größen und mit einem Gewicht von 5 bis 10 kg. Wie bei allen alten Bauern­hunden war das Aussehen zweitrangig, und miteinander verpaart wurden diejenigen Hunde, die ihren Job am besten machten. Die ­optische Ähnlichkeit war, wie so oft, eher ein Nebeneffekt der Selektion auf Arbeitstauglichkeit.

Über drei Jahre lang (1911-1914) bereiste Hauck ganz Österreich und machte Aufzeichnungen über Vorkommen, Form, Farbe und die Verbreitungsgebiete der damals noch auf Höfen gehaltenen Hunde. Ein kontrollierter Reinzuchtversuch begann 1921, und 1923 wurde der „Verein zur Förderung der Reinzucht des Österreichischen ­kurzhaarigen Pinschers“ gegründet. Dr. Emil Hauck erstellte dann 1927 den ersten Standard und erreichte bereits am 16. Oktober 1928 die ­Anerkennung dieser bodenständigen Rasse beim „Österreichischen Kynologen Verband“ (ÖKV) . Aus diesem Jahr existiert auch das älteste Bild, das wir vom ÖPi ­finden konnten. Es zeigt den, wie Hauck sagte, vollendet schön gestromten Rüden „Brunner Tigris“, der eine der Säulen am Anfang der Zucht wurde. Dank Emil Hauck haben wir exakte Aufzeichnungen darüber, welche Hunde ab den späten 1920er und frühen 1930er Jahren in die Zucht kamen. Da Hauck selbst als Zucht­richter ­fungierte, können wir hier davon ausgehen, dass er streng nach seinen eigenen Vorgaben richtete.

Gerade mal 55 Welpen fielen in den Jahren 1948 – 1955, der zweite Weltkrieg kostete wertvolles Zuchtpotenzial, wie bei vielen anderen ­Rassen auch. Und in den darauf ­folgenden 18 Jahren wurden sogar nur noch 43 Welpen eingetragen. Auf den absoluten Tiefpunkt gelangte die Zucht im Jahr 1971, nach dem nur noch ein einziger Zuchtrüde, ­Diokles von Angern aus der Hauckschen Zucht, übrig war. Die Familie Mangold nahm sich unter dem Zwingernamen „vom Schildbach“ der aussterbenden Rasse an und musste aus der Not heraus auf andere, ähnliche Rassehunde zurückgreifen. Haucks Traum, den Österreichischen Pinscher „blutrein“ zu erhalten, war zu Ende.

Nach Holland und Dänemark ex­portierte Zuchttiere wurden mit Entlebucher Sennenhunden, Zwergpinschern und Deutschen Pinschern genetisch aufgefrischt und kamen nach Österreich zurück. Der Inzuchtkoeffizient stieg aber weiter stark an, da es in den 1980er Jahren nur noch zwei, eng miteinander verwandte Zuchtlinien gab. Der Versuch, dem weiter ansteigenden Inzuchtkoeffizienten in einem Verein entgegen­zuwirken, scheiterte an internen Vereinsquerelen, und erst im Jahr 2002 wurde der „Klub für Österreichische Pinscher“ gegründet. Nun galt nicht mehr nur der optische Standard als Zuchtkriterium, der Klub hat sich das Ziel gesetzt, vor allem das Wesen und die Arbeitstauglichkeit als Hofhund zu erhalten. Es ist zu hoffen, dass dieses Ansinnen gelingt. 2010 wurden im Klub nur 19 Welpen eingetragen. Es wird weiterhin eine große Aufgabe für engagierte, verantwortungsbewusste Züchter sein, den Bestand der ­heutigen Österreichischen kurzhaarigen Pinscher gesund zu erhalten.

Die Österreichischen Bracken
Eine lange ungelöste Frage bei der Herkunft der österreichischen ­Bracken war: Kamen sie aus dem Süden über Griechenland oder mit den Kelten aus dem Westen? Eine Herkunft aus südlichen Ländern kann ausgeschlossen werden, da sich dort Hunde entwickelten, die mehr dem Ur-Typ entsprachen, mehr Sprinter denn Dauerläufer waren und vor allem wenig bis gar nicht bellten. Im nörd­lichen und westlichen Europa aber gab es schon in keltischer Zeit bracken­artige Hunde, die wie erwünscht laut auf der Spur jagten und so im Wald und in unwegsamen Gegenden stimmlichen Kontakt mit dem Jäger hielten. Es liegt also auf der Hand, dass die heutigen Brackenschläge des südöstlichen Europa mit den Kelten ins heutige Österreich kamen, was heute auch als gesichert gilt. Vier unterschiedliche Brackenschläge haben sich in Österreich entwickelt.

Alpenländische Dachsbracke
Jäger hatten schon immer das Ziel, Hunde zu erschaffen, die perfekt für die Landschaft geeignet sind, in der sie als Jagdhelfer arbeiten sollten. Einheitliche Optik oder etwa ein Standard lag den Jägern so fern wie einem Jagdhund das Hüten. So standen die Hochgebirgsjäger dem am 15. März 1896 gegründeten „Internationalen Dachsbracken-Klub“ völlig gleichgültig gegenüber. Es war für den Jäger völlig unwichtig, ob der Hund lange gerade oder kurze krumme ­Läufe oder eine richtig angesetzte Posthornrute hatte „ … wann er nur sunst ebbas taugt …“, so damals der einheitliche Tenor der Jägerschaft. Tier-Maler und Redakteur der Zeitschrift „Der Deutsche Jäger“ Otto Grashey veröffentlichte 1895 einen Artikel in seiner Zeitschrift: „Schon zu wiederholten Malen haben wir in unseren Blättern darauf hingewiesen, dass in unseren bayrischen und in den österreichischen Bergen ein Schlag von Hunden existiert, welcher eine Art Übergangsform zwischen Schweiß- und Dachshund bildet, zur Hochgebirgsjagd vorzügliche Dienste leistet, aber eine einheiltiche Form nicht aufweist“. Für Grashey waren die Hunde, damals Dachseln, Mauers­berger oder Alpenländische Erzgebirgler Dachsbracke genannt, Mischlinge, die aus Schweißhunden, Vorstehhunden und Dachshunden (also Dackeln) entstanden sind.

Auf den Namen „Dachsbracke“ haben sich Otto Grashey und ­Ludwig Beckmann 1886, während der Vorbereitungen zu Beckmanns Werk „Geschichte und Beschreibung der Rassen des Hundes“, geeinigt. Dieser Name sollte vor allem bezeichnend für die Übergangsform zwischen hochläufigen Bracken und den kurzbeinigen Dachshunden sein, damit aber gleichermaßen die sich langsam entwickelnde Eigenständigkeit dieser „Zwischenrasse“ hervorheben. 1886, auf einer Ausstellung des „Vereins zur Züchtung reiner Hunderassen in Süddeutschland“, gab es eine spe­zielle „Ermunterungsklasse zur Zucht der Dachsbracke“. Bedenkt man, dass zu dieser Zeit bei über 90% der auf Ausstellungen gezeigten Hunde im Ahnenpass in der Rubrik Abstammung ein Fragezeichen stand, kann man sich vorstellen, wie schwer es in dieser Zeit war, einen einheitlichen Standard für die Bewertung zu erstellen. Vor allem wenn es sich um eine so gut durchmischte Rasse wie die Dachsbracken handelte.

Der Richterstreit und die Uneinigkeit, wie denn nun so eine ­Dachsbracke aussehen sollte, trieb seltsame ­Blüten. Der Teckel Club Berlin hielt Ende des 19. Jahrhunderts in seiner Satzung fest „Schwere Hunde, d.h. solche mit über 10 kg Gewicht, sind als Dachsbracken und nicht als Teckel zu bezeichnen“. Bei einer Ausstellung 1901 in Basel soll ein Wertungs­richter öffentlich erklärt haben „Solche gemeinen Köter gehören überhaupt nicht in eine Ausstellung“. Die seltsamste Ausstellungsblüte trieb aber der Fall der Hündin „Gretl Hallenhaus“. Auf einer Hundeausstellung 1895 in München wurde Gretel in drei verschiedenen Klassen, Dachsbracke, Deutsche Bracke und Streirische Hochgebirgsbracke, ausgezeichnet.

Am 7. Dezember 1896 schloss sich der ein gutes halbes Jahr vorher in München gegründete „Internationale Dachsbracken Klub“ dem „Österreichischen Hundezucht Verein“ an. Ganze neun Mitglieder aus Bayern, Österreich, Ungarn und Böhmen ­zählte der junge Dachsbracken Klub, der sich bereits 1908 wieder auf­löste. Nach dem mühsamen Neuaufbau nach dem ersten Weltkrieg wurde die Alpen­ländische Dachsbracke 1931 vom ÖKV anerkannt und 1975 auch von ­dessen internationaler Dachorganisa­tion FCI offiziell als österreichische Rasse ­eingeführt.

Die Alpenländische Bracke ist mit einer Schulterhöhe bis 38 cm die kleinste der Brackenschläge, und nach ausführlichen Recherchen wage ich zu behaupten, dass sie wohl wirklich eng mit dem Dackel verwandt ist. Bei Interesse an einer Alpenländischen Dachsbracke muss unbedingt beachtet werden, dass es sich um eine Gebrauchshunderasse mit Arbeitsprüfung handelt. Es werden also nur Hunde zur Zucht zugelassen, die in einer Prüfung ihre Jagdtauglichkeit bewiesen haben. Idealerweise landet so ein Hund also in Jägerhand. Privathalter müssen sich darüber im Klaren sein, dass ausgeprägter Jagdtrieb vorhanden ist, der auch ein Leben lang anhält und NICHT aberzogen werden kann. Interessenten, die den Hund nicht jagdlich führen können, müssen dringend wirklich gut abwägen, ob Hund und Halter miteinander glücklich werden können.

Tiroler Bracke
Den „Paradiesvogel“ unter den österreichischen Bracken gibt es in verschiedenen Farbschlägen. Von einfarbig hirschrot über ­schwarz-rot bis schwarz mit braunen und ­weißen Abzeichen ist an Fellfarben alles erlaubt. Mit einer Schulter­höhe bis 50 cm ist die Tiroler Bracke ein ­mittelgroßer Hund, der wie alle ­Bracken gerne spurlaut auf Jagd
geht.

Bekannt waren die Tiroler Bracken schon Ludwig Beckmann, der sich im Zuge der Vorbereitungen auf sein 1895 erschienenes Werk in den 1880er Jahren von Baron v. ­Lazzarini über Tiroler Bracken informierte. ­Lazzarini schrieb: „Es gibt aber nur wenige gute und rein ­gezüchtete Hunde … aber hie und da taucht doch ein schönes Exemplar auf“. Ein Jäger mit Namen Reck züchtete damals im Tiroler Pustertal vorwiegend schwarz-rote Bracken, und im oberen Inntal kamen hauptsächlich weiß-­gelbe Hunde zum Einsatz. ­Lazzarini weiter über die ihm be­kannten ­Bracken, die er damals in enge Verwandtschaft zu den Schweizer Laufhunden ­stellte: „Die Hunde jagen namentlich bei Schnee länger als die übliche halbe Stunde, manchmal über zwei Stunden lang“. Schon damals wurden diese Schläge also vor allem auf Ausdauer und Robustheit selektiert. Und weithin berühmt war das zuverlässige ­Orientierungsvermögen der Hunde, die angeblich selbst nach stundenlanger Jagd sicher zu ihrem Jäger zurückfanden.

Friedrich Jungklaus, der u. a. auch den Rassestandard für den kleinen Münsterländer festlegte, beschreibt die Tiroler Bracken als leichte, meist dreifarbige Hunde, die völlig aus dem Rahmen der anderen ­österreichischen Brackenschläge fallen. R. Klotz, Jäger und Brackenfachmann, geht in den 1890er Jahren sogar so weit zu sagen: „Sie sind alle hoffnungslos mit ­Schweizer Laufhunden und west­fählischen Bracken verbastardisiert, vermutlich fließt in ihnen sogar Beagle­blut, und als der Innsbrucker Reitverein seine Foxhound-Meute auflöste, trugen auch die Foxhounds das Ihrige zur Verbastardisierung der einheimischen Bracken bei … möglicherweise gibt es noch ­einige unverfälschte Exemplare“, so Klotz damals wenig hoffnungsvoll im Hinblick auf eine Reinzucht. 1921 erschien das Buch „Unsere Hunde“ von Fritz ­Bergmiller, in dem er über die Tiroler Bracke schreibt: „Der alte Wildbodenhund aus dem 16. Jahr­hundert ist nichts anderes als die Tiroler ­Bracke.“ ­Solche Beschreibungen und Aussagen be­stätigen, dass bereits im Mittelalter über gesamt Mittel- und Osteuropa brackenartige Hunde weit verbreitet waren.

Die ersten Zuchtversuche, reine ­Stämme zu erhalten, machten Jäger 1860 in Tirol. Auf einer Hundeausstellung 1896 in Innsbruck stellte ein Gremium aus Richtern und Jägern den ersten Standard auf, nach ­diesem wurden die Hunde 1908 auf der nächsten Innsbrucker Ausstellung auch gerichtet. Oberstes Gebot in den Anfängen der Jagdhundezucht war „Durch Leistung zum Typ“. Aus den damals noch vorhandenen ­unterschiedlichen Lokalschlägen wie der „Blauen ­Brixner Bracke“, dem damals schon dreifarbigen ­„Pustertaler“, dem roten „Oberinn­taler“ und der rauhaarigen „Nonsberger Bracke“ entstand am Anfang des 20. Jahrhunderts ein ­einheitlicherer Typ.

Die Tiroler Bracke wird zur Jagd auf Hase und Fuchs eingesetzt. Mit gutem Spurlaut soll sie auf der warmen ­Fährte arbeiten, wobei unter Tiroler Jägern ein uralter Spruch heute noch Gültigkeit hat: „Ein guter Hasenhund ist ­allweil’ ein guter Schweißhund …“. Diese, vom „Klub Tiroler Bracke – Österreich“ ausschließlich an Berufsjäger abgegebenen Hunde stehen in der Beliebtheit unter Jägern an erster Stelle. Wie die anderen Brackenschläge auch müssen Hunde, die in die Zucht gehen, eine Arbeitsprüfung ablegen. Deshalb gilt hier derselbe Hinweis an potenzielle Brackeninteressenten wie vorhin bei der Alpenländischen ­Dachsbracke erwähnt.

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