Nonverbale ­Kommunikation

Von Kristina Ziemer-Falke

Mehr als einfach nur „die Klappe halten“?!

Das Thema Nonverbale Kommunikation ist in! Viele Hunde­halter probieren sich in der spannenden Kommunikation „ohne Worte“ aus und sind überrascht, ­welche Auswirkungen diese hat. ­Dennoch hört man auch einige Hundehalter, die dem Thema skeptisch gegenüber stehen, da die eine oder andere Unklar­heit besteht. Der folgende ­kleine Leitfaden möchte Ihnen die sprachfreie Kommunikation ­gerne etwas näherbringen.

Nonverbale Kommunikation heißt nicht nur einfach „nichts sagen“. Auf vielen Onlinekanälen wird dies oft suggeriert. Es werden Videos gezeigt, in denen ein Hundehalter seinen Zeigefinger hochhält, aber nichts sagt. Der Hund setzt sich hin. Es ist zwar korrekt, dass der Halter hier akustisch nichts gesagt hat und somit das zuvor trainierte und bekannte „Sitz“ nicht benötigte, um den Hund in das gewünschte Verhalten zu bringen, aber er hielt dennoch den bekannten und konditionierten Zeigefinger hoch. Daran konnte sich der Hund orientieren, weil er ihn schon aus einigen Trainingseinheiten zuvor kennengelernt hatte. Dies ist nicht der eigentliche Gedanke der nonverbalen Kommunikation.

Vielleicht wird es an diesem Beispiel noch deutlicher: Ist es Ihnen umgekehrt schon einmal passiert, dass Sie „Sitz“ sagten und es der Hund nicht umsetzte?! Die spannende Frage ist nun – warum nicht? Denn das Signal ist bekannt und lange einstudiert! Nicht darauf zu reagieren, macht eigentlich keinen Sinn für den Hund, es sei denn, wir haben es nicht so gemeint…. Hunde reagieren sehr fein darauf, ob wir etwas ernst meinen oder nicht (kleine Kinder übrigens auch). So kann er klar filtern. Vermenschlicht gesprochen könnte er denken: „Frauchen hat Sitz gesagt, aber sie ist mit dem Kopf ganz woanders …, von daher lasse ich es und schaue, ob sie es überhaupt merkt oder korrigiert, wenn ich es nicht mache …“

Unsere Hunde spiegeln uns also in der ­jeweiligen Situation und es kann sein, dass sie sich gegen unsere Idee ­entscheiden, obwohl wir denken, dass wir doch klar waren. Schließlich haben wir das bekannte Signal doch gegeben.

Im ersten Beispiel war der Halter vielleicht in einer guten Körperspannung, und durch die teilweise bekannten ­Signale und den Willen, dass das Video ein Erfolg werden soll, hat es auch geklappt. Im zweiten Beispiel nutzte die Halterin zwar das Hörzeichen, jedoch passte weder die Stimmung, noch ihre Konzentration zum Kontext, dass der Hund es umsetzen würde.

Zwischenfazit: Unser Hund orientiert sich nicht nur an unseren konditionierten ­Hörzeichen, sondern auch an unseren Befindlichkeiten, Stimmungen, Gefühlen und Alltagsschwankungen. Die non­verbale Kommunikation beschäftigt sich genau mit diesen Bereichen, die wir ­vorher nicht bewusst antrainiert haben. Nun wird es spannend und wir tauchen dazu in die Welt der Sinne.

Jeder Hund hat die Fähigkeit, die Welt mit mehreren Sinnen wahrzunehmen:

  1. Taktil – Durch Berührungen nimmt er die Umwelt wahr und wir ihn. Jeder von uns kennt  die Situation – wir sitzen am Computer und arbeiten. Oft steht der Hund irgendwann auf und berührt uns, ganz nebenbei. Was machen wir? Wie ein Automatismus reagieren auch wir auf diese Berührung und streicheln ihn – oft gar nicht mal völlig bewusst. Zufall? Nichts da! Der Hund weiß, dass er über die Berührungen unsere Aufmerksamkeit bekommt – manchmal sogar eher, als wenn er uns anbellen würde und es akustisch einfordern würde.
  2. Akustisch – Auch unsere Hunde können akustisch kommunizieren – durch Bellen, Knurren, Winseln, Schreien usw. Interessanterweise wird dies, obwohl wir Menschen auch akustisch kommunizieren, als störend empfunden – es sei denn, der Hund tut etwas, was in unserem Sinne ist, wie etwa den Einbrecher mit Gebell verscheuchen.
  1. Gustatorisch – Auch Hunde kommunizieren über den Geschmack. Sicherlich nicht als sein „stärkstes Kommunikationsmittel der Wahl“ – aber möglich.
  1. Optisch – Hunde können zwar nicht so gut ihre Augen nutzen wie wir Menschen, aber es reicht dennoch, um sich gut darauf im Alltag zu verlassen.
  1. Olfaktorisch – Über den Geruch sieht der Hund seine Welt, wie wir es nur vermuten können. Denn mit seiner Nase können wir Zweibeiner nicht mithalten! Geruchspartikeln kann über Kilometer gefolgt werden, ein Herausfiltern von bestimmten Duftstoffen wirkt beim Zusehen wie ein Kinderspiel für ihn.

 

Diese fünf Kommunikationsmöglichkeiten bezeichnen wir als „analoge Kommunikation“. Wir Menschen nutzen hingegen täglich die „digitale Kommunikation“. Wir sprechen, schreiben und lesen. Und mal ehrlich – wie gut beherrschen wir es? Die Erfindung von Emojis ist hervorragend, denn wie oft konnten wir dank der Smileys eine Mail oder SMS richtig interpretieren und haben sie nicht missverstanden?!

Wollen wir uns nun auf die Ebene der hundlichen Kommunikation einlassen und so mit ihm „sprechen“, dass er uns verstehen kann, sollten wir ­seine Kommunikationswege verstehen, um Missverständnisse zu vermeiden.

Also: Frage 1:
Was benötigt ein Hund von uns Hundehaltern, damit er entspannt und sicher seinen Alltag genießen kann?

  1. Einen Hundehalter, der weiß, welche Rolle er für den Hund spielen möchte.
  2. Einen Hundehalter, der ihm den Weg weist und mitteilt, in welchem Bereich er sich entspannt aufhalten darf und welcher Bereich nicht für ihn bestimmt ist.
  3. Einen Hundehalter, der aufmerksam und vorausschauend ist.
  4. Einen Hundehalter, der Glaubwürdigkeit im äußeren Erscheinungsbild und im inneren Bauchgefühl widerspiegelt.

Für Sie bedeuten diese 4 Punkte nun Folgendes:

Welche Rolle spielen Sie und Ihr Hund in Ihrem Team?

Jeder Hundehalter schafft sich einen Hund an, damit er sein Leben bereichert, so viel steht fest. Doch wie sieht es in Situationen aus, wenn der Hund nicht so reagiert, wie er sollte? Hinter­fragen Sie die Situation. Oft hilft es zu überprüfen, ob Sie für Ihren Hund der Partner sind, der Sie erstens sein wollen und zweitens Ihr Hund Sie auch so einschätzt. Hundehaltern fällt es oft leichter, wenn sie die Rolle gedanklich vermenschlichen, wie etwa: „Ich möchte gerne der Chef/ die Mutter / ein Freund usw. für meinen Hund sein. Er soll wiederum ein Familienmitglied / ein Kumpel / ein Beschützer usw. sein“. Was verbinden Sie mit dieser Rolle, und wenn das Ihre Definition Ihrer Rolle ist, warum hat Sie der Hund in dieser Rolle nicht gesehen, als Sie sich über ihn ärgerten? Halten Sie Ihre Gedanken ruhig schriftlich fest. Überlegen Sie, was Ihnen zur 100%igen Ausführung Ihrer Rolle fehlt und wie Sie es bekommen. Fühlen Sie sich in Ihre Rolle ein, wenn Sie mit Ihrem Hund kommunizieren.

Ein Hund möchte wissen, was er darf und was nicht

Die meisten Hunde möchten gelenkt werden, um Orientierung und Sicherheit im Alltag zu erfahren. Je klarer der Alltag und die Kommunikation durch uns ist, desto entspannter nimmt er diesen wahr. Zudem stabilisiert sich dadurch auch die Bindung zunehmend. Dazu gehört, dass wir unseren Hund lenken können und ihm sagen, was er tun muss – ebenso aber auch mitteilen müssen, was er unterlassen soll. Er weiß von sich aus nicht, dass er das Kotelett nicht aus der Pfanne klauen darf, sondern lernt es durch uns Menschen. Diese Aufgabe, ihn zu leiten, haben wir überall – sowohl zu Hause als auch draußen in der freien Natur. Wenn wir diesen „Raum“ für uns wahrnehmen und dem Hund die Entscheidung abnehmen, ob er jetzt jagen geht oder nicht, fällt es dem Hund leichter. Vielleicht haben Sie schon einige Hundehalter gehört, die sagen: „Drinnen ist es der perfekte Hund – Draußen hört er gar nicht…“ – Wenn das bei Ihnen auch so ist, überprüfen Sie doch mal, ob Sie sowohl drinnen als auch draußen kontrollieren und managen können für Ihren Hund. Benötigen Sie dazu Ihre Sprache oder geht es ohne?

Ein Hund freut sich, wenn Sie einen Plan haben

Es gibt Gewinner- und Verlierertage. Die hat und kennt jeder von uns. An den Verlierertagen können wir meist beobachten, dass das Hundetraining ­besonders unbefriedigend ist – auch, wenn wir wiederholte und bereits bekannte Trainingssequenzen abfragen und der Hund es umsetzen müsste. Aber gerade unser „bester Freund“ ­spiegelt unsere „Planlosigkeit“ wider und reagiert entsprechend. Sammeln Sie sich und Ihre Gedanken vor dem Training. Erstellen Sie einen genauen Plan in Ihrem Kopf oder auf Papier. Halten Sie fest, was Sie trainieren wollen und wie genau der Ablauf sein soll. Konzentrieren Sie sich nur auf ein Kriterium, was für die Einheit wichtig ist. Stellen Sie fest, Sie haben einen schlechten Tag und keinen Plan, vertagen Sie das Training auf einen Gewinnertag.

Sitz sagen und Platz meinen

Weiterhin steht und fällt das Training mit dem Hund mit unseren Gedanken und unserem Erscheinungsbild. Stellen Sie sich die Frage, ob Sie das fühlen, was Sie sagen. Sind Sie aufmerksam und nehmen sich selbst ernst? Achten Sie auf eine aufrechte Körpersprache, wenn Sie mit Ihrem Hund kommunizieren. Sie möchten, dass er Ihnen genauso aufmerksam begegnet? Das tut er nur, wenn Sie es auch sind. Bauen Sie das in Ihr Training ein, bis es in Fleisch und Blut übergeht. Bleiben Sie auch konsequent in Ihrer Haltung, wenn Sie wollen, dass sich der Hund hinsetzt, geben Sie sich nicht mit einem Platz zufrieden, sondern arbeiten weiter mit Ihrem Hund.

Praxistipp

Testen Sie sich und reden über einen längeren Zeitraum nicht mit Ihrem Hund. Was passiert? Nimmt er Sie wahr? Reagiert er auf Sie? Ignoriert er Sie? Überprüfen Sie die vier Punkte auf Herz und Nieren und schauen, was Sie schon recht gut machen und wo Sie sich noch nicht gut fühlen.

Fazit: Sie merken, dass diese ­Punkte eine gute Orientierung geben, die Beziehung zwischen sich und Ihrem Hund zu verbessern. All das ergänzt Ihr bisheriges Training ganz ohne Worte. Auch werden Ihnen diese Punkte helfen, wenn Sie in die nonverbale Kommunikation eintauchen und mit Ihrem Hund trainieren wollen. Wichtig ist aber: Stressen Sie sich nicht. Keine Trainingstechnik sollte Stress für Sie oder Ihren Hund bedeuten oder zu stark dogmatisiert werden. Machen Sie eine Technik immer davon abhängig, ob sie zu Ihnen und Ihrem Hund passt. Auch sind ­Mischformen möglich. ­Probieren Sie sich aus, Sie haben Zeit. Wenn Sie Spaß und Geschick bei den oben genannten Punkten haben, merken Sie bald, dass Sie nicht mehr viel mit Ihrem Hund reden müssen und er Sie dennoch versteht …

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