Wegen Verstoßes gegen das Qualzuchtverbot bei Ausstellungen wurden 15 Aussteller, 7 Bewertungsrichter und die Veranstalter der Messe „Du & das Tier Tulln 2021“ angezeigt. Behörden und Veranstalter sind nun aufgerufen, bei der diesjährigen Messe (30.9.-2.10.) die Einhaltung des Tierschutzgesetzes zu gewährleisten. Dies ist Teil der Anti-Qualzucht-Initiative von Andrea und Walter Hohl, die sich aus eigener Betroffenheit mit ihrer Französischen Bulldogge Vigo dem Kampf gegen die Qualzucht verschrieben haben.
Qualzucht ist gemäß dem österreichischen Tierschutzgesetz eine Form der Tierquälerei, bei der Tieren Defekte angezüchtet werden, die ihnen Schmerzen, Schäden und Leiden verursachen. Zu den Symptomen zählen z.B. Atemnot durch Kurzköpfigkeit, Wirbelsäulendeformationen oder Haarlosigkeit. Betroffene Tiere leiden ihr Leben lang an den angezüchteten Defekten und benötigen oft aufwendige veterinärmedizinische Eingriffe und Betreuung.
Die Züchtung solcher Tiere ist in Österreich durch das unsägliche Unikum einer „unbefristeten Übergangsbestimmung“ immer noch erlaubt (§ 44 Abs. 17 Tierschutzgesetz). Nicht erlaubt ist es allerdings, Tiere mit Qualzuchtmerkmalen auszustellen. Züchter besuchen Ausstellungen von Hundezuchtvereinen, um sich dort eine Auszeichnung abzuholen und so den Absatz ihrer Nachzuchten zu verbessern. Dies ist nicht zuletzt für Personen, die mit Qualzuchtmerkmalen züchten, attraktiv. Die Veranstalter haben entsprechend bisher zu wenig unternommen, um qualzuchtfreie Ausstellungen zu gewährleisten.
Veranstalter der Messe „Du & das Tier Tulln“ ist der Österreichische Kynologenverband (ÖKV). Die Messe qualzuchtfrei zu gestalten ist sowohl nach dem Tierschutzgesetz geboten als auch nach dem eigenen Leitbild des ÖKV, demzufolge „die Zucht von Hunden nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen zu erfolgen hat“. „Wir appellieren an den ÖKV, aus den Fehlern des Vorjahres zu lernen und Hunde mit Qualzuchtmerkmalen zur kommenden Ausstellung nicht zuzulassen“, bekräftigt Walter Hohl.
Wenig zuversichtlich stimmt die Aussage des Tullner Bezirkshauptmannes Andreas Riemer in der Online-Ausgabe der Kronen Zeitung, wonach er die Ausnahmebestimmung des § 44 Abs. 17 auch auf Ausstellungen ausdehnen will. „Wir möchten Herrn Bezirkshauptmann Riemer höflich, aber nachdrücklich daran erinnern, dass die Bezirkshauptmannschaften Gesetze nicht machen, sondern vollziehen. Es steht der BH Tulln daher in keiner Weise zu, das unmissverständliche Verbot der Ausstellung von Tieren mit Qualzuchtmerkmalen zu umgehen zu versuchen“, betont Walter Hohl.
Die Anzeigen wegen der Ausstellung des Vorjahres betreffen insgesamt 23 ausgestellte Hunde: 7 Französische Bulldoggen, 5 Mopse und 11 Nackthunde (9 Chinese Crested, 2 Perro sin pelo). „Wir erhoffen uns von den Anzeigen ein massives Signal, dass künftig nicht mehr über die Ausstellung von qualzuchtbetroffenen Tieren hinweggeschaut wird. Wichtig ist, dass ein Hund gesund ist und sich des Lebens freuen kann – wie er ausschaut, ist dagegen unwichtig“, so Walter Hohl.
Die Familie Hohl stiftete in Zusammenarbeit mit der Vereinigung Österreichischer Kleintiermediziner auch einen Preis für wissenschaftliche Arbeiten zur Bekämpfung der Qualzucht. Dieser Tierschutzpreis ist mit 3.000 Euro dotiert und wurde heute, 24.9.2022, in Salzburg erstmals verliehen. Preisträgerin ist Karina Schöll für Ihre Arbeit „Qualzuchtmerkmale bei der Katze und deren Bewertung unter tierschutzrechtlichen Aspekten“ an der der Justus-Liebig-Universität Gießen. (Quelle: OTS-APA/Shifting Values e.U.)