Mein Hund zieht ständig an der Leine!

Von Clarissa von Reinhardt

Fritz Berger hat ein Problem: „Mein Labrador, 9 Monate, männlich, unkastriert, zieht furchtbar an der Leine. Obwohl wir in eine Hundeschule gehen und er sonst recht folgsam ist, haben wir dieses Problem noch nicht in den Griff bekommen. Meine Frau weigert sich schon, mit dem Hund spazieren zu gehen, weil sie hinterher immer Rückenschmerzen hat. Haben Sie einen Rat?“

Mit dem Problem der mangelnden Leinenführigkeit stehen Sie nicht alleine da. Viele Hundebesitzer klagen darüber, dass ihr Hund übermäßig zieht und die Spaziergänge deshalb unerfreulich für Zwei- und Vierbeiner gleichermaßen verlaufen. Tatsächlich gibt es einige einfache Tricks, mit denen der Sache beizukommen ist.

Länge & Art der Leine
– Zunächst einmal überprüfen Sie bitte die Länge der von Ihnen verwendeten Leine. Viele Hunde werden an so kurzen Leinen geführt, dass sie gar nicht anders können als zu ziehen, weil die Leine schon dann zu Ende ist, wenn sie auch nur 1-2 Schritte vorwärts machen. Eine Leine für Spaziergänge in der freien Natur sollte mindestens 3 Meter lang sein, damit der Hund auch einmal links und rechts schnüffeln kann, ohne gleich ziehen zu müssen. In der Stadt muss es natürlich schon etwas kürzer sein, aber auch hier sollten Sie darauf achten, dass der Hund eine gewisse „Mindestbewegungsfreiheit“ braucht.
Benutzen Sie möglichst keine so genannte Flexileine, wenn Sie dem Hund Leinenführigkeit beibringen wollen. Denn beim Einsatz dieser Leine lernt der Hund genau das, was Sie ihm abgewöhnen möchten: wenn ich ziehe, geht es weiter. Denn das Prinzip dieser Abrollsysteme ist, dass der Hund einen gewissen Zug auf die Leine ausüben muss, damit sich diese abrollt. Mit anderen Worten: die Belohnung für das Ziehen folgt auf dem Fuße, indem der Hund mehr Spielraum bekommt.

Ziehen unerwünscht!
– Bei der nun folgenden Übung geht es darum, dem Hund klarzumachen, dass das Körpergefühl des Ziehens nicht erwünscht ist. Sie gehen mit Ihrem Hund spazieren und sprechen leise und freundlich mit ihm. Sobald die Leine deutlich auf Zug kommt, bleiben Sie ruhig stehen und warten ab. Bitte locken Sie ihn nicht, reden Sie nicht mit ihm, warten Sie einfach ab. Über kurz oder lang (manchmal ist am Anfang etwas Geduld gefragt) wird sich Ihr Hund nach Ihnen umdrehen, um herauszufinden, warum es nicht weitergeht. In diesem Augenblick lockert sich die angespannte Leine, und genau diesen Moment müssen Sie abpassen, um Ihren Hund zu loben. Dann gehen Sie mit ihm in die exakt andere Richtung als die, in die er gezogen hatte. Diese Übungen wiederholen Sie mehrfach – aber bitte mit Ruhe und Geduld. Der Hund lernt nun folgendes: „… bei Zug auf der Leine kommt alles zum Stillstand, und anschließend gehen wir genau in die andere Richtung, als ich eigentlich wollte. Solange kein Zug auf der Leine ist, werde ich gelobt und es geht weiter.“ Um Ihrem Hund die Übung nicht unnötig schwer zu machen, sollten Sie besonders anfangs darauf achten, dass er sich ausgetobt hat, bevor Sie beginnen.

Nicht ziehen! Auch nicht Sie!
– Folgende Punkte sollten Sie selbst beim Üben beachten: Rucken Sie keinesfalls selbst an der Leine. Abgesehen davon, dass dies für die empfindliche Halswirbelsäule und den Kehlkopf gefährlich sein kann, ist es geradezu absurd, einem Hund vermitteln zu wollen, dass er nicht ziehen soll, indem man es selbst tut. Das Gleiche gilt natürlich, wenn Ihr Hund irgendwo stehen bleibt, endlos schnüffelt und nicht weiter gehen will. Fordern Sie ihn über Worte und eine einladende Handbewegung auf, mit Ihnen weiter zu gehen, aber ziehen oder rucken Sie nicht.
– Das Weitergehen auf Kommando können Sie übrigens ganz einfach gezielt einüben. Benutzen Sie immer das gleiche Wort, wie zum Beispiel „weiter“, und machen Sie dazu eine einladende Handbewegung. Gehen Sie auf eine Wiese, leinen Sie den Hund ab und geben Sie ihm gelegentlich Hör- und Sichtzeichen „weiter“ in freundlichem, aufforderndem Ton. Gehen Sie dabei auch wirklich los! Ein Hund richtet sich mehr nach der Körpersprache des Menschen als nach dem gesprochenen Wort. Wenn Sie also „weiter“ sagen, dabei aber stehen bleiben, signalisieren Sie Ihrem Hund, dass es eben noch nicht wirklich an der Zeit ist, weiter zu gehen. Setzt er sich dann in Bewegung, geben Sie entweder ein Leckerchen, machen Sie ein kleines Rennspiel mit ihm oder tun Sie etwas anderes, was Ihr Hund als Belohnung empfindet. Schon bald wird Ihr Hund auf das Kommando „weiter“ prompt und erfreut reagieren.

Nicht ständig „Fuß“!
Noch ein Rat zum Schluss. Manche Hundeführer übertreiben es ein bisschen mit der vom Vierbeiner geforderten Leinenführigkeit, indem Sie entweder den kleinsten Druck nach vorne als Ziehen definieren oder den Hund ständig im Kommando „bei Fuß“ führen. Von beidem würde ich Ihnen abraten. Denn wenn er kurz das Ende der Leine erreicht , ist dies kein wirkliches Ziehen und sollte deshalb mit Gelassenheit betrachtet werden, und wenn der Hund im Dauerkommando „bei Fuß“ laufen muss, er nicht schnüffeln und auch mal verweilen darf, ist das Ausführen keine wirkliche Freude für ihn. Und wo dies erlaubt und möglich ist, sollten Sie ihn zwischendrin auch mal ableinen, damit er sich nach Herzenslust austoben kann.
Ich wünsche Ihnen und Ihrem Hund viel Erfolg beim Üben und für die Zukunft viele entspannte Spaziergänge mit und ohne Leine.

>>> WUFF – INFORMATION

Clarissa v. Reinhardt beantwortet Ihre Fragen

Die Autorin ist Begründerin des Hundeschulkonzeptes „animal learn“ (www.animal-learn.de) und leitet seit 1993 ihre eigene Hundeschule. Die im In- und Ausland gefragte Referentin hat sich in ihrer Arbeit auf verhaltensauffällige Hunde spezialisiert.
In WUFF beantwortet Clarissa v. Reinhardt Ihre Fragen (bitte knappe Formulierung des Problems!). Ihre Frage (ev. mit einem Foto Ihres Hundes) schicken sie bitte:
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