Mein Hund ist nur geliehen …

Von Iris Strassmann

Spielten früher die Blindenführhunde die größte Rolle, so finden sich immer neue Aufgabengebiete, wo auf speziell ausgebildete Hunde kaum noch verzichtet werden kann. (Immer wieder auch ein Thema in WUFF!) Auf Grund ihrer sehr starken Bindungsfähigkeit an den Menschen, ihrer Intelligenz und Lernfähigkeit und ihrer feinen Sinne eignen sich Hunde besonders gut als äußerst sensible Behinderten-Begleiter. Sie versehen ihren Dienst z.B. als Rehabilitations-, Therapie- oder Signal-Hunde, im Englischen auch „Service Dogs" genannt.
Diese Aufgaben stellen höchste Ansprüche an den Hund und seine Ausbilder. Gerade weil er so eng mit dem Menschen zusammen arbeitet, braucht schon der Welpe ein großes Vertrauen, welches er nur durch eine sehr sorgfältige Aufzucht, Sozialisierung und Erziehung erhalten und bewahren kann.
Im „Normalfall" kommt ein Hund als Welpe in seine Familie und wächst dort in enger Bindung an den Menschen in sein „Rudel" hinein.
Nun wären aber die meisten Herrchen oder Frauchen eines zukünftigen Behinderten-Begleithundes aus den unterschiedlichsten Gründen völlig überfordert, wenn sie selber ihren späteren Helfer und Begleiter optimal aufziehen müssten. Also wird eine „Ersatz-" oder „Pflege"-Familie gesucht, die den Welpen liebevoll und verantwortungsbewusst aufzieht, bis er seine eigentliche Ausbildung beginnen kann.

Eine bittersüße Aufgabe
International hat sich hierfür der englische Ausdruck „Puppy Walker" durchgesetzt, was besagt, dass er oder sie mit dem „Welpen ausgeht". Dass es natürlich nicht mit dem „Ausgehen" allein getan ist, versteht sich von selbst. Im Idealfall begleitet der „Puppy Walker" „seinen" Hund sogar während dessen Ausbildung und hilft beim Training, indem er den Hund auf seine späteren Aufgaben mit vorbereitet.
Bei der Auswahl der Bewerber für diese verantwortungsvolle Aufgabe werden äußerst strenge Maßstäbe angelegt, und nach einer sorgfältigen Vorbereitung werden die „Puppy Walker" begleitend beraten, um optimale Bedingungen für den zukünftigen Behinderten-Begleithund zu schaffen.
Eine ganz wesentliche Voraussetzung an den Menschen, der sich eines solchen Welpen annimmt, ist seine Reife, denn nach dieser Betreuungszeit muss er sich von seinem vierbeinigen Schützling trennen und ihn an seinen zukünftigen Besitzer übergeben. Und zu diesem selbstlosen Verzicht ist nicht jeder Hundefreund fähig, der z.B. über ein Jahr lang seine ganze Liebe „seinem" Tier gewidmet hat. Diese Trennung von dem geliebten – aber nur auf Zeit „geliehenen" – Hund fällt sehr schwer und stellt sicher das größte Problem während der gesamten Ausbildung dar.

Der „Puppy Walker" von Linz
Lesen Sie den Bericht des 15-jährigen Johannes Neudorfer aus Linz, der beim Verein „Rehabilitation Dogs of Austria" mitarbeitet. Er hat es in idealer Weise geschafft, „seine" erste Hündin „Blume" an ihr kleines Frauchen Anna zu übergeben, und betreut bereits seinen zweiten „geliehenen" Hund „Winnie". Allerdings kann man Johannes schon als „Profi" bezeichnen, denn er hilft sogar beim Training mit, indem er sich auch selber in den Rollstuhl setzt und seinen Schützling mit großer Geduld lehrt, z. B. den Lichtschalter zu betätigen, Getränke aus dem Kühlschrank zu holen oder gewünschte Gegenstände herbei zu bringen. Auch die Gewöhnung des jungen Hundes an den Verkehr gehört zu seinen Aufgaben.
Vielleicht wäre „Puppy Walker" auch eine Aufgabe für Sie? …




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Mein Hund ist nur geliehen
von Johannes Neudorfer

Rückblick
„Blume", ein Golden Retriever, ist „mein" Hund. Ich ziehe sie auf und richte sie ab. Nach einem Jahr aber muss ich sie hergeben an einen Menschen, der ihre Hilfe braucht. Sie wird dann den Rest ihres Lebens dort verbringen. Ich habe als „Puppy Walker" eine verantwortungsvolle Aufgabe übernommen. Von Anfang an wusste ich, dass ich „Blume" wieder hergeben muss. Trotzdem sehe ich mich schon jetzt weinend auf meinem Bett liegen. Sie haben mich ja vorher gefragt, ob ich mir der Verantwortung bewusst bin und weiß, dass ich „Blume" nicht ewig behalten kann. Im Rausch der Glücksgefühle, dass ich einen Hund bekommen würde, war ich natürlich mit den Bedingungen einverstanden. Wenn ich so zurückdenke, war es nicht immer schön. Jeder, der schon einmal einen Hund gehabt hat, weiß, wieviel Arbeit so ein Welpe verursacht. Diese beschränkt sich nicht nur darauf, den Hund stubenrein zu bekommen und um 2 Uhr nachts hinaus zu gehen – bei jedem Wetter! Nein, auch die Pflege und das tägliche Training erfordern viel Zeit und Energie und noch einmal soviel Geduld. Manchmal habe ich mich dann schon gefragt, ob ich jemals wieder einen Hund aufziehen möchte, den ich dann nicht behalten darf, sondern einem anderen Menschen übergeben muss. – Aber wenn ich an die vielen schönen Stunden mit „Blume" denke, weiß ich, dass ein Hund toll ist. Und es ist ein großer Erfolg, den Hund etwas zu lehren, was er dann mit Freude ausführt. Wenn „Blume" den Lichtschalter drückt, das Handy bringt oder mir etwas zu trinken aus dem Kühlschrank holt, sehe ich, welche Fortschritte sie im letzten Jahr gemacht hat, und freue mich über ihre Leistung. Ich denke aber lieber nicht an den Tag, an dem ich sie hergeben muss, sondern genieße die Zeit, die ich sie noch habe.

Heute lebt „Blume" bei Anna und hilft ihr in ihrem Leben. Die beiden haben viel Spaß miteinander. Ich habe guten Kontakt zu ihnen und ihrer Familie und kann so „meinen" Hund jederzeit besuchen. „Blume" freut sich immer riesig, wenn sie mich sieht, und ich weiß ja, dass es ihr dort gut geht. Auch bei „Winnie", meinem neuen „Hund auf Zeit" ( jetzt 10 Monate alt), kenne ich die zukünftigen Besitzer, die uns regelmäßig besuchen und immer wieder staunen, wenn die junge Hündin etwas Neues gelernt hat. Ich weiß, dass ich das Richtige tue, und wenn Sie meinen neuen Schützling „Winnie" sehen wollen, dann schauen Sie auf die Homepage , wo Sie auch weitere Informationen zu den „Rehabilitation Dogs of Austria" finden. Ich habe das große Glück, dass meine Eltern Behinderten-Begleithunde ausbilden, so dass ich nicht nur als „Puppy Walker" einen Hund betreuen darf, sondern auch bei der Ausbildung sinnvoll helfen kann.

(Johannes Neudorfer aus Linz ist 15 Jahre alt und kümmert sich als „Puppy Walker" um einen jungen Hund, der danach einem behinderten Menschen helfen wird, seinen Alltag leichter zu bewältigen)


 

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